(Lesezeit 27 Min) Kein Buch hat mein politisches Denken stärker beeinflusst als „Weg zur Knechtschaft“. Viele meinen, F.A.v. Hayek sei kaltherzig und Neoliberale skrupellos! Vielleicht ändert das hier etwas …
Zitate aus „Weg zur Knechtschaft“ Zusammengestellt von Ernest Pichlbauer: Fett gedruckt sind meine Kommentare, normal gedruckte Zitate, die Zahl am Ende des Zitats bezieht sich auf die Seitenzahl der Ausgabe des Olzog-Verlages 2003 ISBN 3-7892-8118-2
Liberalismus deutet Freiheit als Möglichkeit zu tun was man will, Sozialismus als frei sein von wirtschaftlichen zwängen.
Faschismus ist die Folge des Streits von Parteien, die “wissen” was der einzelne Mensch braucht und will. Dazu ist ein kollektivistischer Gedanke nötig, der bei sozialistisch denkenden Menschen vorhanden ist, unerheblich in welcher Partei sie sind. Jede Art der Kollektivierung ist sozialistischen Ursprungs. Faschisten sind daher notwendigerweise Sozialisten (CAVE: ein Umkehrschluss ist NICHT möglich – Sozialdemokraten sind KEINE Faschisten!)
„Aber man beachte den Unterschied: während die Demokratie die Gleichheit in der Freiheit sucht, sucht der Sozialismus sie im Zwang und in der Knechtung’’’. Alexis de Tocqueville 45
Planung durch den Staat hat sich auf einen “zeitlosen” Rahmen zu beziehen, nicht auf Umverteilung. Recht soll ein Planungsinstrument für individuelle Entscheidungen sein, das dem Individuum ermöglicht Entscheidungen des Staats in bestimmten Situationen vorauszusehen. Jedoch darf durch den Staat keinesfalls wirtschaftlicher Erfolg oder Misserfolg einer im rechtlichen Rahmen gesetzten Entscheidung dadurch vorhersagbar sein.
Planung, die sich nicht auf einen allgemeinen Rahmen bezieht, bezieht sich zwangsläufig auf den Entscheidungsbereich des Individuums. In diesem Fall bedeutet Planung immer Freiheitseinschränkung, der Ausgangspunkt des Totalitarismus. Planung darf daher nie Wettbewerbseinschränkend sein.
Es genügt keineswegs, dass das Recht das Prinzip des Privateigentums und der Vertragsfreiheit anerkennt. Denn es hängt viel davon ab, welche genaue rechtliche Definition dem Eigentumsrecht je nach den Gegenständen gegeben wird, auf die es sich bezieht. Leider ist die systematische Erforschung der Rechtsformen, die den Leistungswettbewerb sicherstellen, arg vernachlässigt worden. Und es lassen sich gewichtiger Gründe dafür anführen, dass ernste Mängel auf diesem Gebiet, besonders im Gesellschafts- und Patent recht, nicht nur zu einem weit schlechteren Funktionieren des Wettbewerbs geführt haben, als man hätte erwarten dürfen, sondern ihn auf vielen Gebieten sogar vernichtet haben. 61
Selbst die wesentliche Vorbedingung für das reibungslose Funktionieren des Wettbewerbs, nämlich die Verhütung von Betrug und Vorspiegelung falscher Tatsachen, einschließlich der Ausbeutung von Unwissenheit, setzt der Tätigkeit des Gesetzgebers ein hohes und noch keineswegs restlos erreichtes Ziel. 62
Was tatsächlich die Sozialisten auf der Linken und auf der Rechten zusammenführt, ist die gemeinsame Feindschaft gegen die Konkurrenz und ihr gemeinsamer Wunsch, sie durch eine gelenkte Wirtschaft zu ersetzen. 63
Vor dem Gedanken einer völligen Zentralisierung der Wirtschaftssteuerung schrecken die meisten Menschen immer noch zurück, nicht nur, weil die Aufgabe so ungeheuer schwer ist, sondern weit mehr noch aus dem Grunde, weil sie die Vorstellung verabscheuen, dass alles und jedes von einem einzigen Zentrum aus gelenkt werden solle. Wenn wir trotzdem rasch einem solchen Zustand zutreiben, so zum großen Teil deswegen, weil die meisten Leute immer noch glauben, es müsse möglich sein, irgendeinen ,,Mittelweg“ zwischen ,,atomistischem“ Wettbewerb und zentraler Steuerung zu finden. Sowohl das Wettbewerbsprinzip wie das der zentralen Steuerung werden zu schlechten und stumpfen Werkzeugen, wenn sie unvollständig sind. Sie sind einander ausschließend Prinzipien zur Lösung desselben Problems, und eine Mischung aus beiden bedeutet, dass keines von beiden wirklich funktionieren und das Ergebnis schlechter sein wird, als wenn man sich konsequent auf eines von beiden verlassen hätte.
Um es anders zu formulieren: Planwirtschafts- und Wettbewerbsprinzip können nur in einer Planung zum Zwecke des Wettbewerbs, nicht aber in einer Planung gegen den Wettbewerb miteinander kombiniert werden. 65 66
Was ihnen im allgemeinen vorschwebt, ist vielmehr der Umstand, dass die zunehmende Schwierigkeit, sich ein umfassendes Bild des gesamten Wirtschaftsprozesses zu machen, eine Koordinierung der Einzelvorgänge durch eine zentrale Leitung unvermeidlich macht, wenn die Gesellschaftsordnung sich nicht in ein Chaos auflösen soll. Dies Argument beruht auf einer völligen Verkennung der Rolle des Wettbewerbs. Weit entfernt davon, nur auf relativ einfache Verhältnisse anwendbar zu sein, wird der Wettbewerb gerade durch die Verwickeltheit der modernen Arbeitsteilung zur einzig brauchbaren Koordinierungsmethode. Einer wirksamen Wirtschaftsüberwachung oder Planung würde nichts im Wege stehen, wenn die Verhältnisse so einfach wären, dass eine einzelne Person oder ein einzelner Ausschuss alle bedeutungsvollen Tatsachen wirklich übersehen könnte. Erst in dem Maße, wie die Faktoren, die zu berücksichtigen sind, so zahlreich werden, dass man die Übersicht verliert, wird die Dezentralisierung notwendig. Aber ist einmal die Dezentralisierung geboten, so taucht das Problem der Koordinierung auf, einer Koordinierung, welche es den einzelnen Wirtschaftspartnern erlaubt, ihre Tätigkeit den Gegebenheiten, die nur sie selber kennen können, anzupassen, und welche doch nach allen Seiten zu einer Abstimmung der individuellen Wirtschaftspläne führt. Da die Dezentralisierung notwendig geworden ist, weil niemand verstandesmäßig alle Faktoren abwägen kann, die auf die Entscheidungen so vieler Individuen einwirken, liegt es auf der Hand, dass die Koordinierung nicht durch ,,bewusste Überwachung“ verwirklicht werden kann, sondern nur durch eine Einrichtung, die jedem Glied des Produktionsprozesses die Daten bekannt gibt, die es kennen muss, um seine Entscheidungen auf die anderer abstimmen zu können. Und da niemals alle Einzelumstände, die fortwährend auf die Bedingungen von Angebot und Nachfrage der verschiedenen Waren einwirken, einer einzigen Zentrale bis ins Letzte bekannt sein und die Daten von ihr nicht schnell genug gesammelt und verbreitet werden können, braucht man einen Registrierapparat, der automatisch alle bedeutungsvollen Wirkungen der individuellen Handlungen auf zeichnet, deren Angabe zugleich Wirkung und Ursache aller individuellen Entscheidungen ist. 73 74
Planwirtschaft muss von Spezialisten gelenkt werden, da die Komplexität nicht mehr von Generalisten überblickt werden kann. Damit ist die “Objektivität” den Eigeninteressen von Spezialisten ausgeliefert, die per se nicht möglich ist.
Wollen wir alle unsere Handlungen nach einem einzigen Plan vornehmen, so muß die Vorbedingung erfüllt sein, dass jedem einzelnen unserer Bedürfnisse sein Platz in einer Wertordnung angewiesen wird, die so vollständig ist, dass sie eine Entscheidung zwischen den verschiedenen Möglichkeiten eines wirtschaftspolitischen Kurses erlaubt, zwischen denen der Planwirtschaftler wählen muss. Kurz gesagt, dies setzt das Vorhandensein eines vollständigen Moralkodex voraus, in dem alle die verschiedenen menschlichen Werte den ihnen gebührenden Platz erhalten. 83
Der Punkt, der für uns wesentlich ist, ist der, dass es keinen solchen vollständigen Moralkodex gibt. 84
Wir besitzen nicht nur keine solche allumfassende Wertskala nein, es überstiege Menschenkraft, die unendliche Mannigfaltigkeit der verschiedenen Bedürfnisse der verschiedenen Menschen, die sich in die zur Verfügung stehenden Produktionsmittel teilen müssen, zu erfassen und jedem die ihm zukommende Bedeutung zuzuweisen.85
Daraus zieht der Individualist den Schluss, dass es den Individuen freistehen sollte, innerhalb bestimmter Grenzen nach ihren Wertvorstellungen und Neigungen zu leben, statt nach denen anderer, dass innerhalb dieses Bereiches die persönlichen Wünsche des einzelnen ausschlaggebend sein sollten und nicht das Diktat anderer. Diese Anerkennung des Individuums als des obersten Richters über seine Ziele, die Überzeugung, dass es, soweit nur irgend angängig, in seinen Handlungen seinen eigenen Anschauungen folgen solle, bildet den Wesensgehalt des Individualismus. Diese Anschauung schließt natürlich die Anerkennung sozialer Ziele oder vielmehr ein Zusammentreffen vieler individueller Ziele nicht aus, zu deren Erreichung die Menschen sich zweckmäßigerweise vereinigen. Aber nach dieser Auffassung ist ein solches gemeinsames Handeln auf Fälle beschränkt, in denen die individuellen Meinungen die gleichen sind; danach sind die ,,sozialen Ziele“ lediglich identische Ziele vieler Individuen oder Ziele, zu deren Erreichung die Individuen im Austausch gegen die Unterstützung, die sie bei der Befriedigung ihrer eigenen Wünsche empfangen, beizutragen bereit sind. Gemeinsames Handeln ist also auf die Gebiete beschränkt, auf denen die Menschen sich über gemeinsame Ziele einig sind. 86
Das Dilemma der Zielbildung: um Planen zu können ist eine Zielbildung nötig, die nur möglich ist, wenn es eine Werteskala gibt, die wiederum eine entsprechende Meinungsbildung über Dinge wie “Gemeinwohl” oder “Sozialstandard” oder “Wohlfahrt” voraussetzt, wobei jede demokratische Entscheidungsfindung über Mehrheitssuche zu Kompromissen führen muss, die damit in der Umsetzung den Ermessensspielraum der Executivorgane immer weiter vergrößern und so in Richtung Willkür und Unrechtsstaat drängen werden. Will man jedoch den Rechtsstaat aufrecht erhalten, dann kann dieser Entwicklung nur mit Reduktion der demokratischen Spielregeln, und am Ende mit Totalitarismus begegnet werden. Jeder Versuch einer umfassenden Planung der Individuellen Entscheidungsfreiheit führt daher unweigerlich – so oder so- zu unerwünschten Ergebnissen, weil es unmöglich ist, einen umfassenden und unwidersprüchlichen Zielkatalog zu erstellen.
Man kann nicht ein komplexes Ganzes zustande bringen, in dem alle Teile aufs sorgfältigste aufeinander abgestimmt sein müssen, wenn man einen Kompromiss zwischen widersprechenden Ansichten schließt. Einen Wirtschaftsplan in dieser Weise aufzustellen, ist noch weniger möglich, als z. B. einen Feldzugsplan nach dem demokratischen Verfahren erfolgreich zu entwerfen. Es würde wie in der Kriegskunst zu einem Gebot der Notwendigkeit werden, die Aufgabe den Sachverständigen zu übertragen. 92
Demokratie ist nur um den Preis zu haben, dass allein solche Gebiete einer bewussten Lenkung unterworfen werden können, auf denen eine wirkliche Übereinstimmung über die Ziele besteht, während man andere Bereiche sich selber überlassen muss. 98
Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es unter einem autokratischen Regiment oft mehr kulturelle und geistige Freiheit gegeben hat als in einzelnen Demokratien, während wir uns zum mindesten vorstellen können, dass eine demokratische Regierung unter der Herrschaft einer sehr homogenen und doktrinären Majorität die Menschen ebenso verknechten könnte, wie die schlimmste Diktatur. In diesem Zusammenhang kommt es uns aber nicht darauf an, dass die Diktatur notwendigerweise die Freiheit vernichten muss, sondern vielmehr darauf, dass Planwirtschaft zur Diktatur führt, 99
Der Glaube, dass keine Regierung eine Willkürherrschaft sein kann, wenn sie nur ein Produkt des demokratischen Wahlverfahrens ist, ist ganz unbegründet und die darin liegende Gegenüberstellung vollkommen falsch: nicht der Ursprung, sondern die Begrenzung der Regierungsgewalt bewahrt vor Willkür. 100
In keinem Punkte unterscheiden sich die Verhältnisse in einem freien Lande von denen in einem willkürlich regierten deutlicher als darin, dass man sich in dem ersteren an jene Grundsätze hält, die wir unter dem Begriff des Rechtsstaates zusammen fassen. Wenn man von allen technischen Einzelheiten absieht, so bedeutet dies, dass die Regierung in allen ihren Handlungen an Normen gebunden ist, die im voraus festgelegt und bekanntgegeben sind Normen, nach denen man mit ziemlicher Sicherheit voraussehen kann, in welcher Weise die Obrigkeit unter bestimmten Umständen von ihrer Macht Gebrauch machen wird und die es dem einzelnen erlauben, sein persönliches Verhalten danach einzurichten. 101
Wenn die Individuen im Stande sein sollen, ihre Kenntnis wirksam in Pläne umzusetzen, dann müssen sie die Maßnahmen des Staates, die für diese Pläne bedeutungsvoll werden können, vorauszusehen vermögen. Aber wenn die Staatsmaßnahmen im Voraus bestimmbar sein sollen, dann müssen sie an Rechtsnormen gebunden sein, die unabhängig von den unvorhersehbaren und unberechenbaren Umständen aufgestellt wurden, wobei eine Voraussage darüber, wie solche Maßnahmen im Einzelnen wirken werden, nicht möglich ist. Wenn aber andererseits der Staat die Akte der Individuen lenken sollte, um so konkrete Ziele zu erreichen, dann müssten seine Maßnahmen mit Rücksicht auf alle Umstände des jeweiligen Augenblicks getroffen, daher aber auch unbestimmbar werden. Daraus erklärt sich die bekannte Tatsache, dass, je mehr der Staat ,,plant“, das Planen für den einzelnen um so schwieriger wird. Unparteiisch sein heißt nämlich, bestimmte Fragen unbeantwortet lassen – jene Art von Fragen, die wir gegebenenfalls durch Abzählen an den Knöpfen entscheiden. In einer Welt, in der alles genau im Voraus bestimmt sein soll, kann der Staat kaum irgendetwas tun, ohne seine Unparteilichkeit zu verlieren. 105 106
In ihrem Wunschtraum, dass in Wahrheit kein wirtschaftliches Problem mehr bestehe, sind die Menschen durch das unverantwortliche Gerede über der ,,möglichen Güterüberfluss“ bestärkt worden. Gäbe es diesen wirklich, so würde das in der Tat bedeuten, dass das wirtschaftliche Problem, welches es uns unmöglich macht, alle unsere Bedürfnisse zu befriedigen, nicht mehr existiert. Aber obwohl die sozialistische Propaganda sich dieser Fata Morgana von Anbeginn an unter verschiedenen Namen bedient hat, ist sie noch genau so eine offensichtliche Chimäre wie vor über hundert Jahren, als sie zum ersten Male auftauchte. Während dieser ganzen Zeit hat von all den vielen Leuten, die dieses Lockmittel benutzt haben, nicht ein einziger einen brauchbaren Plan aufgestellt, wie die Produktion so gesteigert werden könne, dass sie auch nur in Westeuropa das, was wir unter Armut verstehen, beseitigte – von der übrigen Welt ganz zu schweigen. Der Leser kann sich darauf verlassen, dass jeder, der vom möglichen Güterüberfluss spricht, entweder unehrlich ist oder nicht weiß, was er redet. Und doch ist es gerade diese falsche Hoffnung, die uns mehr als alles andere auf den Weg zur Planwirtschaft treibt. Zur Rechtfertigung dieser starken Worte zitieren wir die Schlussfolgerungen, zu denen Colin Clark, einer der bekanntesten unter den Jüngeren Wirtschaftsstatistikern und ein Mann von unzweifelhaft fortschrittlichen Anschauungen und von streng wissenschaftlicher Betrachtungsweise, in seinem Buch ,,Conditions of Economic Progress“ (l940, S. 34) gelangt: ,,Die oft wiederholten Phrasen von Armut inmitten des Überflusses und die Phrasen, dass das Produktionsproblem bereits gelöst wäre, wenn wir nur im Stande wären, das Verteilungsproblem zu meistern, erweisen sich als die verlogensten aller modernen Schlagworte … Die Frage der Nichtausnutzung der Produktionskapazität ist nur für die Vereinigten Staaten von beträchtlicher Bedeutung, wenn sie auch in bestimmten Jahren in Großbritannien, Deutschland und Frankreich eine gewisse Rolle gespielt hat; aber für den größten Teil der Welt tritt sie völlig zurück hinter der viel wichtigeren Tatsache, dass die Länder auch bei Vollbeschäftigung so wenig produzieren können. Das Zeitalter des Überflusses dürfte noch lange auf sich warten lassen … könnte man die vermeidbare Arbeitslosigkeit in allen Konjunkturphasen ausschalten, so würde das für die Bevölkerung der Vereinigten Staaten eine wesentliche Verbesserung des Lebensstandards bedeuten; zieht man aber die Welt als Ganzes in Betracht, so wäre dies nur ein winziger Beitrag zu dem viel größeren Problem, wie man das Realeinkommen des Gros der Weltbevölkerung auf einen einigermaßen zivilisierten Standard heben kann.“
Sie treten nicht mehr wegen der größeren Produktivität für die Planwirtschaft ein, sondern deshalb, weil diese es uns erlauben würde, eine gerechtere und gleichmäßigere Güterverteilung vorzunehmen. Dies ist tatsächlich das einzige Argument zugunsten der Planwirtschaft, mit dem man ernsthaft operieren kann. 131 132
Wir hören oft, dass politische Freiheit ohne wirtschaftliche Freiheit sinnlos ist. Das trifft durchaus zu, aber in einem Sinn, der ungefähr das genaue Gegenteil dessen ist, in dem diese Phrase von unseren Planern gebraucht wird. Die wirtschaftliche Freiheit, die die Vorbedingung für jede andere Freiheit ist, kann nicht die Befreiung von wirtschaftlicher Sorge sein, die die Sozialisten uns versprechen und die man nur dadurch erreichen kann, dass man gleichzeitig dem Individuum die Notwendigkeit und die Möglichkeit der freien Wahl abnimmt. Es muss vielmehr die Freiheit unserer Wirtschaftsbetätigung sein, die uns zwar das Recht der Wahl gibt, aber uns auch notwendigerweise das Risiko und die Verantwortung für dieses Recht aufbürdet. 134
Je mehr die Stellung des einzelnen nicht das Ergebnis anonymer Kräfte, nämlich des allgemeinen Wettbewerbs ist, sondern durch die bewusste Entscheidung der Obrigkeit bestimmt wird, und je mehr die Menschen sich dessen bewusst werden, um so mehr wird sich zeigen, dass sie ihre Stellung in der Gesellschaftsordnung mit anderen Augen betrachten. 140
Die Menschen werden zwar Leiden hinnehmen, die jeden treffen können; aber sie werden sich nicht so leicht mit solchen abfinden, die das Ergebnis einer Entscheidung der Regierung sind. 141
Zur Rechtfertigung eines besonderen Planes bedarf es nicht vernünftiger Überlegung, sondern des Bekenntnisses zu einem Glauben.
In diesem Bestreben, eine auf einer solchen alleinigen Weltanschauung beruhende Massenbewegung ins Leben zu rufen, schufen die Sozialisten als erste die meisten Instrumente zur geistigen Abrichtung, von denen dann die Nationalsozialisten und Faschisten so wirksam Gebrauch gemacht haben.
Der Gedanke einer politischen Partei, die alle Tätigkeiten des Individuums von der Wiege bis zur Bahre umspannt, die den Anspruch erhebt, die Ansichten des einzelnen über alles und jedes zu bestimmen, und die darin schweigt, alle Probleme zu Fragen der Weltanschauung der Partei zu machen, wurde zuerst von den Sozialisten in die Praxis umgesetzt. 149
Nicht die Faschisten, sondern die Sozialisten hatten als erste den Gedanken, Sport und Spiele, Fußball und Wandern in Parteiklubs zu organisieren, in denen die Mitglieder nicht durch abweichende Anschauungen infiziert werden konnten. Die Sozialisten waren die ersten, die darauf hielten, dass das Parteimitglied sich von anderen Menschen durch die Formen des Grußes und der Anrede unterscheiden sollte. Sie waren diejenigen, die durch die Schaffung von ,,Zellen“ und Vorkehrungen für die ständige Überwachung des Privatlebens den Prototyp der totalitären Partei ins Leben gerufen haben. 150
Es ist viel Wahres an der oft geäußerten Behauptung, dass Faschismus und Nationalsozialismus eine Art von Mittelstandssozialismus sind – nur, dass die Anhänger dieser neuen Bewegung in Italien und Deutschland nach ihrer materiellen Lage kaum mehr zum Mittelstand gehörten. Es war weitgehend ein Aufstand einer neuen zu kurz gekommenen Klasse gegen die Arbeiteraristokratie, die durch die Arbeiterbewegung geschaffen worden war. Dass kaum ein anderer wirtschaftlicher Faktor so sehr zur Ausbreitung dieser neuen Bewegungen beigetragen hat wie der Neid der gescheiterten Akademiker, des akademisch gebildeten Ingenieurs oder Juristen, und des ,,Stehkragenproletariats“ im allgemeinen auf die Lokomotivführer, Setzer oder andere Mitglieder der stärksten Arbeitergewerkschaften, deren Einkommen ein Vielfaches des ihrigen war, steht wohl zweifelsfrei fest. 152
Gleichheit ist eine Illusion, weil entweder nur “absolute” Gleichheit als Leitlinie für Entscheidungsträger funktioniert, oder gar nichts. Absolute Gleichheit kann jedoch keine Rücksicht auf Gruppeninteressen nehmen, womit eigentlich Privilegien weder genommen noch verteilt werden könnten. Geschieht das doch, wären einige eben “gleicher” als andere. Daher ist eine Regierung die “Gleichheit” verspricht und den Entscheidungsträgern als oberste Leitlinie vorschreiben will, in ihren Handlungen auf eine diktatorische Umsetzung angewiesen, die Einzelinteressen unterdrücken muss.
Wir sollten von vornherein zwei Arten von Sicherheit auseinanderhalten: die begrenzte, die allen Menschen gewährleistet werden kann und die deshalb kein Vorrecht ist, sondern ein durchaus berechtigter Anspruch, und die absolute Sicherheit, die in einer freien Gesellschaft nicht allen gewährleistet werden kann und die nicht als ein Vorrecht verliehen werden sollte – ab gesehen von einigen besonderen Fällen wie z. B . dem der Richter, in dem völlige Unabhängigkeit von höchster Bedeutung ist. Diese beiden Arten von Sicherheit sind: erstens Sicherung gegen schwere körperliche Entbehrungen, die Gewissheit eines bestimmten Existenzminimums für alle, und zweitens die Sicherheit eines bestimmten Lebensstandards, d h. der wirtschaftlichen Stellung, deren sich eine Person oder eine Gruppe im Verhältnis zu anderen erfreut, oder, wie wir es kurz ausdrücken können: einerseits die Sicherheit eines Mindesteinkommens und andererseits die Sicherheit des besonderen Einkommens, auf das jemand Anspruch zu haben glaubt. 157
Es ist auch kein Grund vorhanden, warum der Staat die Individuen nicht in der Vorsorge für jene gewöhnlichen Wechselfälle des Lebens unterstützen sollte, gegen die wegen ihrer Ungewissheit nur wenige sich ausreichend sichern können. Wenn, wie im Falle von Krankheit und Unfall, in der Regel durch solche Hilfeleistung weder der Wunsch, derartige Ereignisse zu vermeiden, noch die Anstrengung, die Folgen zu überwinden, geschwächt werden, wenn wir es, kurz gesagt, mit echten versicherungsfähigen Risiken zu tun haben, spricht sehr viel für die staatliche Hilfe bei der Organisierung einer umfassenden Sozialversicherung. 158
Sicherheit als Privileg von Gruppen (z.B. Arbeitsplatzsicherheit, Einkommenssicherheit, …) und Unsicherheit sind miteinander in einem Teufelskreis verbunden. Je größer die Sicherheit einzelner Gruppen wird, desto größer wird die Unsicherheit der nicht geschützten Gruppen. Je größer die Unsicherheit der ungeschützten, desto größer der drang nach Schutz und damit die Tendenz der Politik die geschützte Gruppe zu vergrößern, was auf Kosten der Sicherheit der ungeschützten (z.B. freie Unternehmer) gehen muss. Gleichzeitig wird aber ein geschützter ein immer höheres Ansehen und auch immer höheres Einkommen erhalten und so den Drang der ungeschützten in diese Gruppe erhöhen und damit der politischen Tendenz Vorschub leisten den geschützten Bereich auszudehnen.
Der Preis dieser Sicherheit ist aber die Freiheit des Individuums, da ein sicherer Arbeitsplatz nur dann möglich ist, wenn der Mitarbeiter bereit ist, seine Berufswahl, als auch den Inhalt seiner Arbeit ausschließlich einem Planer zu überlassen. Damit wächst die Macht des Planers – eine Forderung nach Sicherheit ist daher eine Forderung nach Zentralismus und Totalitarismus. Individuelle Sicherheit und individuelle Freiheit schließen einander aus – man muß sich entscheiden, was einem wichtiger ist.
Es verletzt zweifellos unseren Gerechtigkeitssinn, wenn jemand ohne eigenes Verschulden und trotz angestrengter Arbeit und außergewöhnlicher Geschicklichkeit eine große Einkommensminderung erfährt und sich in all seinen Hoffnungen bitter enttäuscht sieht. Die Forderungen der davon Betroffenen, der Staat solle zu ihren Gunsten eingreifen, um ihre berechtigten Erwartungen sicherzustellen, sind allgemeiner Sympathie und Unterstützung sicher. Die Billigung dieser Forderungen durch die Öffentlichkeit hat dazu geführt, dass die Regierungen überall eingegriffen haben, nicht nur, um die Menschen, denen bittere Not und Entbehrungen drohen, zu schützen, sondern um ihnen ihr früheres Einkommen auf die Dauer zu sichern und sie vor den Auf und Ab des Marktes zu bewahren. Die Sicherheit eines bestimmten Einkommens kann jedoch nicht allen gewährt werden, wenn noch freie Berufswahl gestattet sein soll. Wird sie aber einigen Personen gewährt, so erhalten sie ein Vorrecht auf Kosten der anderen, deren Sicherheit da durch notwendigerweise beeinträchtigt wird. Es ist leicht, zu zeigen, dass die Sicherheit eines unveränderlichen Einkommens allen nur dann gewährleistet werden kann, wenn jede Freiheit der Berufswahl abgeschafft wird. Wenn eine solche allgemeine Garantie für das berechtigterweise erwartete Einkommen auch oft als das erstrebenswerte Ideal angesehen wird, so handelt es sich doch nicht um etwas, was im Ernst angestrebt wird. Was man statt dessen fortgesetzt tut, besteht darin, diese Art von Sicherheit von Fall zu Fall zu gewähren, bald dieser und bald jener Gruppe, was dazu führt, dass die Unsicherheit für diejenigen, die beiseite stehen müssen, beständig wächst. Es ist daher auch kein Wunder, dass der Wert, der dem Vorrecht der Sicherheit beigemessen wird, unausgesetzt steigt und dass das Verlangen nach ihr immer dringender wird, bis schließlich kein Preis dafür als zu hoch erscheint, selbst der der Freiheit nicht. 161
Aber wenn die Veränderungen in der Verteilung der Menschen auf die verschiedenen Berufe, die in jeder Gesellschaft unausgesetzt erforderlich sind, nicht mehr durch finanzielle ,,Belohnungen“ und ,,Strafen“ (die in keinem Zusammenhang mit dem subjektiven Verdienst zu stehen brauchen) bewirkt werden können, muss man sie durch direkte Befehle herbeiführen. Wenn jemandes Einkommen garantiert ist, kann man Ihm weder erlauben, seinem Beruf treu zu bleiben, bloß weil er Ihn gern hat, noch ihm gestatten, eine andere Arbeit zu wählen, die er vorziehen würde. Da er nicht in eigener Person den Gewinn macht oder den Verlust erleidet, der von seinem Berufswechsel oder seinem Bleiben abhängt, muss die Wahl für ihn von denen getroffen werden, die die Verteilung des verfügbaren Einkommens in der Hand haben. 162
Es handelt sich nicht darum, dass die Bevorzugten ihre Stellungen aufgeben, sondern allein darum, dass sie sich an dem allgemeinen Missgeschick dadurch beteiligen, dass sie eine gewisse Einkommensminderung auf sich nehmen oder oft lediglich dadurch, dass sie auf einen Teil der möglichen Einkommenssteigerung verzichten. Doch der Schutz ihres ,,Lebensstandards“, des ,,gerechten Preises“ oder des ,,standesgemäßen Einkommens“, worauf sie Anspruch zu haben glauben und in deren Wahrung sie der Staat unterstützt, steht dem im Wege. Infolgedessen sind es statt der Preise, Löhne und individuellen Einkommen jetzt Beschäftigung und Produktion, die heftigen Schwankungen unterworfen sind. Niemals hat es eine schlimmere oder grausamere Ausbeutung der einen Klasse durch die andere gegeben als die der schwächeren und weniger glücklichen Angehörigen eines Produktionszweiges durch die, die fest im Sattel sitzen, eine Ausbeutung, die durch die ,,Regulierung“ des Wettbewerbs ermöglicht worden ist. Wenig Schlagworte haben so viel Unheil angerichtet wie das Ideal einer ,,Stabilisierung“ bestimmter Preise (oder Löhne), die zwar einigen das Einkommen sichern, dafür aber die Lage der übrigen immer prekärer werden lassen. 168
Wir müssen unter allen Umständen wieder lernen, offen der Tatsache ins Auge zu sehen, dass die Freiheit nur um einen bestimmten Preis zu haben ist und dass wir als Individuen bereit sein müssen, für die Währung unserer Freiheit schwere materielle Opfer zu bringen.172
Die Aufspaltung oder Dezentralisierung der Macht muss notwendigerweise die absolute Gesamtsumme der Macht vermindern, und die auf dem Wettbewerb beruhende Marktwirtschaft ist das einzige Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, das darauf gerichtet ist, durch Dezentralisierung die Macht des Menschen über den Menschen auf das Mindestmaß herabzusetzen.
Die so genannte wirtschaftliche Macht ist, so sehr sie zu einem Zwangsmittel werden kann, in der Hand von Privaten niemals eine uneingeschränkte oder vollkommene Macht und niemals eine solche über das gesamte Leben eines Menschen. Aber wird sie als Instrument der politischen Macht zentralisiert, so schafft sie einen Grad der Abhängigkeit, der kaum noch von Sklaverei zu unterscheiden ist.
Der Grundsatz, dass der Zweck die Mittel heiligt, erscheint nach der individualistischen Ethik als die Negierung jeder Moral, aber in der kollektivistischen Ethik wird er notwendigerweise zur obersten Norm. Es gibt buchstäblich keine Handlung, zu der der konsequente Kollektivist nicht bereit sein muß, wenn sie dem ,,Wohle des Ganzen“ dient, denn das ,,Wohl des Ganzen“ ist für ihn das einzige Kriterium des Sollens. l87
Der Planer allerdings wird der menschlichen Natur folgend zum Demagogen gestützt entsprechend den negativen Selektionsprinzipien (stützen auf Massen, deren Wertevorstellungen auf niedrigem Niveau gebildet ist, sammeln von leichtgläubigen und gefügigen im inneren (Berater)Stab, entwickeln eines negativen Programms mit äußeren und inneren Feinden auf Basis von Hass und Neid). Ein solcher Planer muss amoralisch sein, da es für eine solchen “Führer”position keinen Moralkodex gibt, und moralisch gefestigte Menschen daher eine solche Position weder anstreben noch ausbauen würden. Damit ist der Demagoge ebenfalls der negativen Selektion unterworfen.
Da aber trotz allem eine Entscheidungsgrundlage existieren muß, auf die, um wenigstens scheinbar das Bild eines Willkürstaats zu vermeiden, Bezug genommen werden kann, muß ein Absolutum erschaffen werden: ein Mythos muß geschaffen werden, der Schöpfer muß unangefochten an der “gottähnlich” Spitze stehen.
Dieses Zusammenspiel der Individuen mit verschiedenem Wissen und verschiedenen Meinungen ist das, was das Wesen des geistigen Lebens ausmacht. Das Wachstum unseres Vernunftwissens ist ein sozialer Prozess, der sich auf solche Verschiedenheiten gründet. Es liegt in seinem Wesen, dass seine Ergebnisse nicht vorausgesagt werden können, dass wir nicht wissen können, welche Ansichten dieses Wachstum fördern werden und welche nicht, kurzum, dass dieses Wachstum nicht der Herrschaft irgendwelcher Ansichten, die wir heute hegen, unterworfen werden kann, ohne dass es gleichzeitig gehemmt wird. Den geistigen Wachstumsprozess oder auch den Fortschritt im allgemeinen Sinne zu „planen“ oder zu „organisieren“, ist ein Widerspruch in sich selbst.
Es ist die Tragödie des kollektivistischen Denkens, dass es darauf ausgeht, die Vernunft allbeherrschend zu machen, aber damit endet, sie zu vernichten, weil es den Prozess missversteht, von dem das Wachstum des Vernunftwissens abhängt. Man kann das in der Tat als das Paradoxon der gesamten kollektivistischen Lehre und ihres Unterfangens nach „bewusster“ Überwachung oder „bewusster“ Planung bezeichnen, dass dies notwendigerweise zu der Forderung führt, den Geist eines bestimmten Individuums zum unumschränkten Herrscher zu machen. Andererseits ist nur die individualistische Methode des sozialwissenschaftlichen Denkens imstande, uns die Einsicht in die überindividuellen Kräfte zu vermitteln, die das Wachstum des Vernunftwissens bestimmen.208 209
Die Lehren, von denen die führenden Kreise in Deutschland sich in der vorigen Generation hatten leiten lassen, standen nicht im Gegensatz zum sozialistischen, sondern zum liberalen Gehalt des Marxismus, zu seinem Internationalismus und seinem Demokratismus. Und je klarer es wurde, dass gerade diese Elemente der Verwirklichung des Sozialismus im Wege standen, umso mehr näherten sich die Sozialisten der Linken denen der Rechten. Es war der Zusammenschluss der antikapitalistischen Kräfte der Rechten und der Linken und die Verschmelzung des radikalen mit dem konservativen Sozialismus, die aus Deutschland alles, was liberal war, vertrieben. 211
Abgesehen vom Einfuß der Intellektuellen, den wir an zwei Beispielen gezeigt haben, erhält die Entwicklung zum Totalitarismus den Hauptanstoß von den beiden großen kompakten Interessenblocks; dem organisierten Kapital und der organisierten Arbeiterschaft. Die allergrößte Gefahr liegt vermutlich darin, dass die Politik dieser beiden mächtigsten Gruppen sich auf derselben Linie bewegt. Diese Parallelität ergibt sich aus ihrer gemeinsamen und oft vereinbarten Unterstützung der industriellen Monopolbildungen, und gerade in dieser Tendenz liegt die große unmittelbare Gefahr. Es besteht zwar kein Grund zu der Annahme, dass diese Bewegung zwangsläufig ist, aber wenn wir diesen einmal beschrittenen Weg weiter verfolgen, so ist kaum daran zu zweifeln, dass er uns zum Totalitarismus führen wird. 242 243
Kapitalismus führt vielleicht zu Problemen, aber ernste Gefahr für die Freiheit entsteht nur dann, wenn er durch interventionismus durch die Staatsmacht in seinem “freien Spiel der Kräfte” beeinflusst wird – Monopolismus, Dirigismus etc. zum “Wohle der Allgemeinheit”
Noch erstaunlicher ist vielleicht die bemerkenswerte Sympathie, die viele Sozialisten mit dem Obligationen besitzenden Rentner haben, dem die monopolistische Organisation der Industrie häufig sichere Einkünfte garantiert. Dass ihre blinde Profitgegnerschaft die Menschen dazu bringt, ein mühelos erworbenes festes Einkommen als sozial oder moralisch wünschenswerter anzusehen als Untemehmergewinne und sich sogar mit Monopolen abzufinden, um solch ein garantiertes Einkommen z.B. den Besitzern von Eisenbahnobligationen zu sichern, ist eines der erstaunlichsten Symptome dafür, wie während der letzten Generation die Wertbegriffe auf den Kopf gestellt worden sind. 245
Wahrscheinlich bietet überall dort, wo Monopole wirklich unvermeidlich sind, die von den Amerikanern bevorzugte Methode einer strengen staatlichen Überwachung der Privatmonopole bei konsequenter Durchführung bessere Aussicht auf befriedigende Ergebnisse als der Betrieb des Monopols durch den Staat. 246
Es gibt nur zwei Möglichkeiten, entweder eine Ordnung unter der unpersönlichen Disziplin des Marktes (Marktwirtschaft AdH) oder eine vom Willen weniger Individuen beherrschte ‚Ordnung (Planwirtschaft AdH), und diejenigen, die darauf ausgehen, die erste zu zerstören, helfen – wissentlich oder unwissentlich – die zweite aufzurichten. 248
Auch wenn Individualismus grundsätzlich nicht schlecht ist, ist doch falsch verstandener Individualismus desastreuse. Statt zu Eigenverantwortung, die der Individualist natürlich übernimmt, ist falschverstandener Individualismus (egoistischer Hedonismus) bestrebt, alle Rechte auszukosten, Pflichten jedoch einer Allgemeinheit (“der Staat”), mit der man sich jedoch nicht personifiziert, zu überlassen. Dieses Verhalten ist amoralisch. Selbst wenn das Hinterfragen moralischer Regeln grundsätzlich begrüßt wird, so ist die Moral aber etwas, das Antworten geben kann, wo das Individuum keinen Einblick in die größeren Verhältnisse hat, haben kann oder haben will. Ein unmoralisches Verhalten, das auf Egoismus und Hedonismus fußt, führt zu Problemen. Wird an diesem Verhalten politische Entscheidung orientiert und weiter noch, die Eigenverantwortung immer weiter durch staatliche Lenkungsmechanismen zurückgedrängt, dann wird das zu keinem guten Ende führen. Dort wo vernünftiges Verständnis dem einzelnen nicht zugänglich ist, soll und muss Demut die Handlung leiten.
… Diese Auflehnung ist ein Beispiel für eine viel allgemeinere Erscheinung, nämlich eine noch nicht dagewesene Entschlossenheit, sich keiner Norm oder Notwendigkeit zu unterwerfen, deren logischen Grund man nicht einsieht.
Es ist zwar natürlich, dass, je komplizierter die Welt rings um uns wird, um so mehr unser Widerstand gegen die Kräfte wächst, die, ohne dass wir sie zu begreifen vermöchten, ständig unseren Hoffnungen und Plänen in die Quere kommen; aber gerade unter diesen Umständen wird es für uns alle immer aussichtsloser, diese Kräfte ganz zu verstehen. 253
Der springende Punkt ist, dass es unendlich viel schwerer ist, logisch zu erfassen, warum wir uns Kräften, deren Wirkungen wir nicht im einzelnen verfolgen können, unterwerfen müssen, als dies zu tun aus demütiger Ehrfurcht, die die Religion oder auch nur die Achtung vor den Lehren der Nationalökonomie einflößte. Wenn wir unsere gegenwärtige komplexe Kultur auch nur aufrechterhalten sollen, ohne dass jemand etwas tun muss, dessen Notwendigkeit er nicht einsieht:, mag es in der Tat so sein, dass von jedem einzelnen unendlich viel mehr Einsicht gefordert würde, als heute irgend jemand besitzt. Die Weigerung, uns Kräften unterzuordnen, die wir weder verstehen noch als bewusste Entscheidungen eines vernunftbegabten Wesens anerkennen, ist die Folge eines unvollständigen und daher in die Irre gehenden Rationalismus.254
Der Mann, der ängstlich darauf bedacht ist, sich von den Beschränkungen, die er heute empfindet, zu befreien, macht sich nicht klar, dass die neuen Beschränkungen, die an Stelle der alten von der Obigkeit bewusst auferlegt werden müssen, sogar noch drückender sein werden.255
Die Freiheit, unser Verhalten selber zu regeln, wo die äußeren Umstände von uns eine Entscheidung fordern, und die Verantwortdung für die Gestaltung unseres eigenen Lebens nach der Stimme unseres Gewissens, das allein ist die Luft, in der sich das sittliche Gefühl entfalten kann und die moralischen Werte in freier Entscheidung des einzelnen täglich neu geschaffen wer den. Verantwortung, nicht vor einem Vorgesetzten, sondern vor dem eigenen Gewissen, das Bewusstsein einer frei gewählten Pflicht, die Notwendigkeit, zu entscheiden, welche der uns am Herzen liegenden Dinge anderen geopfert werden sollen, und die Folgen der eigenen Entscheidung zu tragen darin liegt das wahre Wesen einer Sittlichkeit, die diesen Namen verdient. 262