Ambulante Gesundheitsversorgung – Chaos pur

Das Re­gel-Cha­os in der am­bu­lan­ten Ver­sor­gung ist un­er­träg­lich und be­hin­dert eine ver­nünf­ti­ge Ent­wick­lung – am Ende zum Scha­den für die Be­völ­ke­rung.

Kaum je­mand, der, wenn er einen Arzt be­sucht, weiß, wel­ches Re­gel-Cha­os sich hin­ter die­sem Be­such ver­birgt. Ein Nor­mal­bür­ger geht ent­we­der zu sei­nem Kas­sen- oder Wahl­arzt, oder in die Spi­tals­am­bu­lanz oder aber in ein Am­bu­la­to­ri­um. Dass sich da­hin­ter un­ter­schied­lichs­te Ge­sund­heits­sys­te­me ver­ber­gen, bleibt ver­bor­gen.

Von der Pa­ti­en­ten­zahl her dürf­ten Kas­sen­ärz­te wohl die wich­tigs­ten sein. Ob das auch für ihre Ver­sor­gungs­wirk­sam­keit gilt, weiß man nicht. Am Ende wer­den dort über 110 Mil­lio­nen Arzt­be­su­che pro Jahr ge­zählt. Wo es Kas­sen­or­di­na­tio­nen gibt, legen Ärz­te­kam­mer und Kas­sen im Ver­hand­lungs­weg fest. Das Leis­tungs­spek­trum wird durch Ho­no­rar­ka­ta­lo­ge be­stimmt, von denen es 14 un­ter­schied­li­che gibt – fünf für die so­ge­nann­ten klei­nen Kas­sen und neun für die neun Ge­biets­kran­ken­kas­sen. Diese Ka­ta­lo­ge sind alles an­de­re als lo­gisch, und funk­tio­nie­ren nach allem, nur nicht nach dem „Glei­ches Geld für glei­che Leis­tung“- Prin­zip. Denn die Leis­tun­gen sind das Pro­dukt von 50 Jah­ren Ver­hand­lun­gen zwi­schen Dut­zen­den Kas­sen und fö­de­ra­len Ärz­te­kam­mern. Kein Mensch weiß mehr, was sich die Ver­hand­ler bei den Leis­tun­gen und den damit ver­bun­de­nen Ho­no­ra­ren ge­dacht haben.

Bei den Wahl­ärz­ten, von denen es mehr als Kas­sen­ärz­te gibt, sind diese Ka­ta­lo­ge weit­ge­hend egal, weil sie nach dem Kos­ten­er­stat­tungs­prin­zip funk­tio­nie­ren, also nicht mit den Kas­sen, son­dern mit den Pa­ti­en­ten ver­rech­nen, und ihre Ho­no­ra­re selbst fest­set­zen. Wo es Wahl­ärz­te gibt ist eben­falls un­ge­re­gelt. Das ein­zi­ge was Wahl­ärz­te mit Kas­sen­ärz­ten ver­bin­det ist die Tat­sa­che, dass beide keine Ärzte an­stel­len dür­fen.

In den Spi­tals­am­bu­lan­zen wie­der­um ar­bei­ten nur an­ge­stell­te Ärzte; wie viele ist aber un­ge­wiss. Wel­che Leis­tun­gen er­bracht wer­den ist eben­so un­be­kannt, wie die Menge der er­brach­ten Leis­tun­gen, nicht ein­mal das Pa­ti­en­ten-Zäh­len funk­tio­niert. Das Ein­zi­ge, was man weiß, ist, dass sie in einer Grau­zo­ne ar­bei­ten. Denn ei­gent­lich sind sie nur für am­bu­lan­te Pa­ti­en­ten zu­stän­dig, die eine Ver­sor­gung brau­chen, die es im nie­der­ge­las­se­nen Be­reich nicht gibt. Weil man aber weder da noch dort weiß, was es wirk­lich gibt, ma­chen Am­bu­lan­zen mitt­ler­wei­le alles.

Und schließ­lich mi­schen Am­bu­la­to­ri­en mit: Wo es wel­che geben und was dort ge­ar­bei­tet wer­den darf, ist Län­der­sa­che – die haben den Be­darf zu prü­fen. Was al­ler­dings die Be­zah­lung be­trifft, da sind meist die Kas­sen in der Pflicht. Und um es nicht zu ein­fach zu ma­chen: Die Ver­tre­tung der Am­bu­la­to­ri­en ist – ir­gend­wie art­fremd – die Wirt­schafts- und nicht die Ärz­te­kam­mer.

Und weil die Ver­wir­rung nicht groß genug scheint, wird es dem­nächst Ärz­te-Gmb­Hs nach dem Stö­ger-Mo­dell geben: ein Hy­brid aus Am­bu­la­to­ri­um und Or­di­na­ti­on. Es dür­fen nur Ärzte, die in der Ärz­te­kam­mer blei­ben, dabei sein, Ärzte dür­fen nicht an­ge­stellt wer­den und wo sie ent­ste­hen ist Län­der­sa­che, der Be­darf muss also von Amts­we­gen ge­prüft wer­den – außer die Ärzte, die seine GmbH grün­den wol­len, haben einen Kas­sen­ver­trag, dann ist es Sache der Kas­sen.

Alles sehr trans­pa­rent halt.

Dabei hat der EuGH Ös­ter­reich genau wegen die­ser In­trans­pa­renz ver­ur­teilt und auf­ge­for­dert, end­lich Re­geln, die für alle gleich gel­ten, ein­zu­füh­ren. Aber das käme einer Re­form gleich, die nie­mand will.

Prak­tisch be­deu­tet das aber Rechts­un­si­cher­heit. Ärzte wer­den ihre In­ves­ti­ti­ons­über­le­gun­gen dem­entspre­chend an­stel­len; mit der Folge, dass der am­bu­lan­te Be­reich wei­ter ge­schwächt wird – aber viel­leicht ist das ja das Ziel.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im April 2010 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Nur Mut, Herr Dr. S.!

Jeder hat ge­sagt es geht nicht. Dann kam einer, der hat das nicht ge­wusst und es ein­fach ge­macht! Ob der Haupt­ver­bands­chef so einer ist?

„Wenn man seit lan­gem die Dia­gno­se über das ös­ter­rei­chi­sche Ge­sund­heits­sys­tem kennt, wenn man alle Daten, Fak­ten und Zah­len am Tisch hat und trotz­dem nichts un­ter­nimmt, um den dro­hen­den Kol­laps oder sogar In­farkt ab­zu­wen­den, dann ist das Selbst­mord mit An­lauf.“

Sowas hört man ei­gent­lich nur von Ex­per­ten, die es sich leis­ten wol­len, nach dem Motto „Viel Feind, viel Ehr“ zu leben. Von hohen Sys­tem-Ver­tre­tern ist das nicht zu hören. Dr. Schel­ling war da immer schon an­ders. Sogar wäh­rend der ers­ten Mo­na­te sei­ner Haupt­ver­bands­tä­tig­keit war von ihm noch mit har­ter (Selbst)Kri­tik zu rech­nen. Al­ler­dings ver­flach­te er dann für ei­ni­ge Zeit – um sich nun stark zu­rück­zu­mel­den.

Acht bis zehn Mil­li­ar­den Euro Schul­den (Anm.: 100 Pro­zent Ver­schul­dung, ge­mes­sen am Jah­res­um­satz) lägen in den Spi­tä­lern ver­bor­gen und Un­wil­lig­keit wird als Un­mög­lich­keit ge­tarnt – ja, so was hört man nicht gerne.

Ob je­doch bren­nen­de Reden aus­rei­chen? Die Län­der blo­ckie­ren selbst unter Bruch von Ge­set­zen und m.E. sogar der Ver­fas­sung. Das darf nicht ver­wun­dern, hat doch heute eine recht­lich nicht ein­mal vor­han­de­ne Lan­des­haupt­leu­te­kon­fe­renz mehr Macht als die vie­len le­gis­la­ti­ven Ein­rich­tun­gen, von Land­ta­gen, über Bun­des­rat bis zum Na­tio­nal­rat.

Wenn also Dr. S. wirk­lich was än­dern will, dann müs­sen mu­ti­gen Reden noch mu­ti­ge­re Taten fol­gen. Und da gäbe es tat­säch­lich etwas!

Die sta­tio­nä­re Spi­tals­ver­sor­gung (ohne Am­bu­lan­zen) kos­tet etwa acht Mil­li­ar­den Euro, 3,5 davon kom­men von den Kas­sen. Pro Pa­ti­ent heißt das, dass von etwa 3.200 Euro die Kas­sen 1.400 bei­steu­ern.

Dass bei uns viel zu viel im Spi­tal be­han­delt wird, ist All­ge­mein­wis­sen. Wer­den bei uns pro 100 Ein­woh­ner etwa 30 Auf­nah­men ge­zählt, kommt Deutsch­land, an zwei­ter Stel­le in der EU, mit 20, die EU mit 17, die Nie­der­lan­de gar nur mit 11 aus.

Was also, wenn der Haupt­ver­band her­geht und pro Auf­nah­me, die seine Ver­trags­part­ner, die Kas­sen­ärz­te, nach­weis­lich ver­hin­dern, ein­fach 1.000 Euro ein­be­hält. 500 Euro krie­gen die Kas­sen­ärz­te und 500 wer­den zum Schul­den­ab­bau ver­wen­det. Was hätte das für Fol­gen?

Die Kas­sen­ärz­te wür­den mehr Geld ver­die­nen, al­ler­dings nur, wenn sie auch ver­sor­gungs­wirk­sa­mer wer­den – es ist also nicht nur eine Ge­halts­er­hö­hung, son­dern ein ech­ter Leis­tungs­an­reiz, der wirk­lich am­bu­lant vor sta­tio­när för­dert.

Gleich­zei­tig wür­den jene, vor­wie­gend klei­ne, Spi­tä­ler, die zu einem Gut­teil von un­nö­ti­gen Auf­ent­hal­ten leben, unter noch grö­ße­ren Druck ge­ra­ten. Der Druck wäre so groß, dass die Län­der über Spi­tals­re­for­men reden müs­sen, sol­len ihre De­fi­zi­te nicht in as­tro­no­mi­sche Höhen schnel­len.

In den gro­ßen Spi­tä­lern wie­der­um würde viel sinn­lo­se Ar­beit ver­schwin­den, weil Pa­ti­en­ten, die ei­gent­lich nicht ins Spi­tal ge­hö­ren, weg­fal­len. Die Ärzte könn­ten sich wie­der auf „echte“ Fälle kon­zen­trie­ren. Auch ent­stün­den Frei­räu­me, die drin­gend nötig sind, um die Aus­bil­dung der Jung­ärz­te auf ein „nor­ma­les“ Ni­veau zu heben und den Spi­tals­ärz­ten Zeit zur Fort­bil­dung zu ver­schaf­fen.

Und alles zu­sam­men würde pa­ti­en­ten­freund­li­cher und qua­li­ta­tiv bes­ser wer­den!

Das wäre toll, würde aber Blut, Schweiß und Trä­nen kos­ten; denn, Län­der und In­ter­es­sens­grup­pen – im­mer­hin ver­die­nen aber­tau­sen­de mit über­flüs­si­gen Spi­tä­lern sehr be­quem ihr Geld – wer­den alles tun, das zu ver­hin­dern Es würde Kla­gen ha­geln und an jeder Ecke das Lei­chen­tuch ge­hisst wer­den. Aber das ginge vor­bei und ein mu­ti­ger Red­ner könn­te als mu­ti­ger So­zi­al­re­for­mer in die Ge­schich­te ein­ge­hen.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im März 2010 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Die unsicheren Prognosen der Kassen

Seit jeher sind die Pro­gno­sen der Kran­ken­kas­sen falsch und immer ist das Er­geb­nis bes­ser als die Vor­schau – kön­nen oder wol­len die nicht rech­nen?

Es ist Au­gust 2009 und heiß. An­geb­lich der fünft­wärms­te Au­gust seit 150 Jah­ren. Durch die Me­di­en geis­tern po­si­ti­ve Mel­dun­gen über Kas­sen­fi­nan­zen! Nach dem im Mai, der eben­falls zu warm war noch ein Minus von über 130 Mil­lio­nen Euro er­war­tet wurde, geht man nun von plus 7,5 Mil­lio­nen aus. Der Grund dafür sind Steu­er­zu­schüs­se.

Im No­vem­ber ist es eben­falls zu warm, und die Po­si­tiv­mel­dun­gen rei­ßen nicht ab. Das Plus liegt jetzt schon bei 60 Mil­lio­nen. Po­li­ti­ker spre­chen von einer re­form­be­ding­ten Trend­wen­de. Al­ler­dings schaue die Zu­kunft nicht rosig aus – da wer­den die De­fi­zi­te wie­der as­tro­no­mi­sche Höhen er­rei­chen. Von 700 Mil­lio­nen Minus wird ge­warnt, und das schon bald.

Der Jän­ner zieht ins Land, und ist, an­ders als seine Vor­gän­ger­mo­na­te, zu kalt. Das Er­geb­nis der Kas­sen für 2009 liegt bei plus 145 Mil­lio­nen.

In­ner­halb von acht Mo­na­ten von minus 130 auf plus 145 Mil­lio­nen Euro! Hän­gen die Pro­gno­sen mit dem Wet­ter zu­sam­men?

Man kann ein­wen­den, dass es bei den Kas­sen um etwa 14 Mil­li­ar­den Euro geht und die Pro­gno­sen nur im Pro­mil­le­be­reich schwan­ken. Das stimmt, aber warum aber soll man sie dann me­di­al so ver­brei­ten, wenn sie oh­ne­hin nichts sagen?

Der Grund für diese Zah­len-Spie­le­rei­en ist wo­an­ders zu su­chen.

Die Pro­gno­se­mo­del­le der Kas­sen sind (oder waren es we­nigs­tens – sie sind streng ge­heim!) so der­ma­ßen sim­pel, dass sie nie rea­li­täts­na­he Werte aus­spu­cken kön­nen. Im We­sent­li­chen wird ein­fach ein Drei-Jah­res-Trend nach vorne ge­rech­net.

Wäre Ge­sund­heits­öko­no­mie doch nur so sim­pel – ist sie aber nicht.

Will man wirk­lich ge­stal­tend und nach­hal­tig vor­ge­hen, und aus­sa­ge­kräf­ti­ge Pro­gno­se­mo­del­le ent­wer­fen, muss man sich ein biss­chen mehr an­stren­gen. Und dafür braucht es Epi­de­mio­lo­gen, De­mo­gra­phen und Ver­sor­gungs­for­scher, die nichts an­de­res tun als sich zu fra­gen, wie es wirk­lich aus­se­hen wird! Zwar könn­te man mei­nen, dass es bei den vie­len Kas­sen-Mit­ar­bei­tern je­man­den gäbe, der das könn­te und mach­te, aber nach­dem doch die meis­ten dort mit Leib und Seele Ge­werk­schaf­ter sind, die nicht ge­stal­ten son­dern ver­han­deln wol­len, ist das nicht der Fall. Und da liegt der Wurm.

Die Zah­len die­nen nur dazu, Ver­hand­lun­gen zu füh­ren, sei es mit Po­li­ti­kern oder Kam­mern. Dass am Ende die Pro­gno­sen von der Rea­li­tät nur ge­ring ab­wei­chen, hängt genau damit zu­sam­men – es wird im Ver­hand­lungs­weg re­tro­grad ka­li­briert. Fehlt Geld, dann er­höht man Bei­trä­ge (ge­tarnt als Har­mo­ni­sie­run­gen) oder er­hält Steu­er­gel­der (be­reits ein Drit­tel der Ein­nah­men der Kas­sen stam­men aus Steu­ern), also Ein­nah­men, um die „dro­hen­den“ De­fi­zi­te zu de­cken. Je höher die De­fi­zi­te, desto höher die Ein­nah­men. Wenn es sich trotz­dem nicht aus­geht, dann ver­drängt man über das Ho­no­rar- und Plan­stel­len­sys­tem der Kas­sen­ärz­te so­lan­ge Pa­ti­en­ten in Spi­tä­ler, bis es sich wie­der aus­geht. Und so passt es ins Bild, dass, seit die Kas­sen nur mehr Pau­schal in die Spi­tä­ler ein­zah­len (1995), die Zahl der Kas­sen­ärz­te nicht ver­än­dert wurde – trotz de­mo­gra­phi­scher und epi­de­mio­lo­gi­scher Ver­än­de­run­gen!

Kas­sen-Pro­gno­sen sind also nicht am Pa­ti­en­ten aus­ge­rich­tet, son­dern um den Macht­spiel­chen zwi­schen Ge­werk­schaf­ten, Po­li­ti­kern und Kam­mern zu die­nen. Ernst­haf­te Pro­gno­sen braucht man dazu nicht, sie sind sogar hin­der­lich.

Und schon jetzt kann ich sagen, dass es nie zu dem pro­gnos­ti­zier­ten De­fi­zit von 700 Mil­lio­nen Euro kom­men wird, das wird die eine oder an­de­re Steu­er- oder Bei­trags­er­hö­hung schon ver­hin­dern – ganz ohne Re­form.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im Fe­bru­ar 2010 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

In Kärnten wird es beginnen

Ob­wohl klar ist, dass Spi­tä­ler für Län­der un­fi­nan­zier­bar wer­den, sind sie an Re­for­men nicht in­ter­es­siert – noch kön­nen sie ja beim Per­so­nal spa­ren.

Wir schrei­ben das Jahr 20xy.

Frau M. wird sta­tio­när auf­ge­nom­men. Die Krank­heit, wegen der sie auf­ge­nom­men wird, wird au­ßer­halb von Ös­ter­reich seit lan­gem am­bu­lant be­han­delt. An­ders hier­zu­lan­de, denn hier gilt es, Pa­ti­en­ten auf­zu­neh­men, um zu be­wei­sen, dass jedes Bett und jedes Spi­tal nötig ist.

Nach zwan­zig Mi­nu­ten, die Frau M. neben „ihrem“ Bett ste­hend zu­ge­war­tet hat, kommt eine sicht­lich mür­ri­sche Kran­ken­schwes­ter. Es ist erst halb neun, und Frau M. ist heute die sechs­te Auf­nah­me. Da drei Kol­le­gin­nen vor Mo­na­ten das Hand­tuch ge­wor­fen haben und die Po­li­tik bei Nach­be­set­zun­gen seit 2010 auf der Brem­se steht, wird die Ar­beit heute im Schnitt von zwan­zig Pro­zent we­ni­ger Schwes­tern ge­leis­tet, als noch 2009. Das wirkt sich halt auf die Um­gangs­for­men aus. Frau M. nimmt es hin, schließ­lich weiß sie, dass unser Ge­sund­heits­sys­tem das beste ist; folg­lich muss es über­all auf der Welt schlech­ter sein, denkt sie bei sich.

Kurz vor zwölf kommt eine Ärz­tin. Ihre Au­gen­rin­ge sind tief und schwarz. Frau M. emp­fin­det spon­tan Mit­leid. Im Ge­spräch er­fährt sie, dass seit 2010 zwei Stel­len un­be­setzt sind. Wenn alle ge­sund sind, gehe es sich ge­ra­de aus. Aber seit einer Woche ist ein Kol­le­ge krank und eine Kol­le­gin schwan­ger und dürfe keine Nacht­diens­te ma­chen. Und so ist sie diese Woche be­reits im drit­ten Dienst. Das Un­fai­re ist, so die Ärz­tin, dass die Chir­ur­gie einen Stock höher genau so viele Ärzte hat wie ihre Ab­tei­lung, al­ler­dings nicht ein­mal halb so viele Pa­ti­en­ten. Ei­gent­lich hätte die Chir­ur­gie längst ge­schlos­sen wer­den kön­nen, aber die Po­li­tik konn­te sich nie dazu durch­rin­gen.

Der Rei­gen die­ser Ent­wick­lung wurde An­fang 2010 in Kärn­ten er­öff­net. Nach der Hy­po-Plei­te muss­te das Land spa­ren; auch bei Spi­tä­lern.

An­fangs wurde eine Struk­tur­re­form an­ge­kün­digt. Man werde Spi­tä­ler nach dem Be­darf aus­rich­ten, was auch be­deu­tet, Ab­tei­lun­gen, die nicht not­wen­dig sind, zu schlie­ßen. Be­son­ders wit­zig, aber zum da­ma­li­gen Po­pu­lis­mus pas­send, nann­te der Fi­nanz­lan­des­rat als Bei­spiel für seine Re­form­ide­en die Schlie­ßung der Chir­ur­gie in Mürz­zu­schlag. Als er das sagte, hatte die stei­ri­sche Po­li­tik längst be­schlos­sen, diese wie­der zu er­öff­nen. Ab­tei­lun­gen zu schlie­ßen hat nie ge­klappt. Also war, von heute aus be­trach­tet, schon da­mals klar, dass die Struk­tur­re­form nie kom­men wird.

Was kam, waren die Per­so­nal­spar­plä­ne. Weil je­doch neben Stand­ort- auch Be­schäf­ti­gungs­ga­ran­ti­en aus­ge­spro­chen wur­den, nütz­te man die na­tür­li­che Fluk­tua­ti­on. Damit hat es be­son­ders jene Ab­tei­lun­gen ge­trof­fen, an denen hohe Fluk­tua­ti­on herrsch­te – also dort, wo hohe Ar­beits­be­las­tung dazu führ­te, dass Mit­ar­bei­ter öfter gin­gen. Und genau dort wurde bei Nach­be­set­zung ge­zö­gert oder diese gar ver­hin­dert.

Aber Kärn­ten war nur der An­fang. Fast alle Bun­des­län­der gin­gen den glei­chen Weg. Heute fin­den vor allem klei­ne Spi­tä­ler kaum mehr Ärzte, die be­reit sind, eine Spi­tals­kar­rie­re an­zu­stre­ben – alle wol­len so rasch wie mög­lich raus, um sich als Wahl­ärz­te (nicht als Kas­sen­ärz­te!) zu ver­su­chen. Die Aus­bil­dung von Ärz­ten ist damit kaum mehr zu be­strei­ten. Beim Pfle­ge­per­so­nal ist es nicht bes­ser. Di­plo­mier­tes Per­so­nal bleibt nicht ein­mal mehr fünf Jahre im Job. Die Spi­ra­le dreht sich und die Per­so­nal­mi­se­re wird immer schlim­mer.

Aber das Schö­ne ist, dass wegen guter Me­di­en­ar­beit die Be­völ­ke­rung davon nichts mit­kriegt und Gott sei Dank eine Struk­tur­re­form im bes­ten aller Ge­sund­heits­sys­te­me ver­mie­den wer­den konn­te.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im Fe­bru­ar 2010 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Frau Doktor, Sie sind immer noch da?

Spi­tals­ärz­te leis­ten nicht nur enor­me Wo­chen­ar­beits­zei­ten, die Dauer ihrer Diens­te ist für immer mehr Pa­ti­en­ten un­vor­stell­bar – und ge­fähr­lich.

Hat ein Spi­tals­arzt Dienst, be­deu­tet das, mor­gens an­zu­tre­ten und bis zum nächs­ten Tag zu ar­bei­ten, 24 Stun­den Mi­ni­mum. In ei­ni­gen Spi­tä­lern endet der Dienst tat­säch­lich „schon“ nach 24 Stun­den, die Mehr­heit ar­bei­tet aber nach wie vor etwa 30 Stun­den am Stück, auch 48 sind keine Sel­ten­heit.

Wäh­rend der Nacht be­steht Be­reit­schaft, dienst­ha­ben­de Ärzte dürf­ten also schla­fen – theo­re­tisch. Denn durch das stei­gen­de Pa­ti­en­ten­auf­kom­men nimmt auch die Ar­beit in der Nacht zu. Es ist keine Sel­ten­heit, dass Ärzte erst um zwei Uhr mor­gens Abend­es­sen. Eben­so pas­siert es lau­fend, dass ein Dienst­ha­ben­der gar nicht zum Schla­fen kommt oder stünd­lich ge­weckt wird. Selbst in einer „ru­hi­gen“ Nacht be­ginnt diese nicht vor eins und endet spä­tes­tens um halb sechs. Und dann wird „mun­ter“ wei­ter be­han­delt.

Ärzte sind sich be­wusst, dass sie nicht „mun­ter“ sind. Das führt zu immer höher wer­den­dem Druck, den sie auf sich selbst aus­üben. Und so haben Ärzte im Dienst selbst beim Schla­fen er­höh­ten Blut­druck und Puls. Eine Ärz­tin er­zähl­te mir, sie würde wie ein Wach­hund schla­fen – schließ­lich darf man das Te­le­fon nicht „über­hö­ren“.

Es ist be­wie­sen, dass nach 17 Stun­den Dienst die Re­ak­ti­ons­zeit der mit einem Al­ko­hol­spie­gel von 0,5 Pro­mil­le ent­spricht. Einem Au­to­fah­rer nimmt man den Füh­rer­schein weg, wenn man ihn fah­rend er­wischt, ein Arzt hin­ge­gen ar­bei­tet so noch min­des­tens sie­ben Stun­den wei­ter. Und tat­säch­lich füh­len sich viele nach einem Dienst „wie be­trun­ken“ und ver­mei­den es, sich ins Auto zu set­zen. Einer Ärz­tin wurde ein­mal ab­ge­ra­ten, nach 27 Stun­den Dienst mit ein­ein­halb Stun­den Schlaf mit dem Rad nach Hause zu fah­ren – aus Si­cher­heits­grün­den. Laut dem Ar­beits­zeit­ge­setz für Ärzte, das die­sen Wahn­sinn er­mög­licht, hätte sie aber noch Pa­ti­en­ten be­han­deln dür­fen: 48 Stun­den am Stück sind eben­so legal wie eine Wo­chen­ar­beits­zeit von 72 Stun­den. Bis zu 8 Diens­te pro Monat sind er­laubt, was be­deu­tet, fast jede drit­te Nacht im Spi­tal zu ver­brin­gen. Das ist so, als ob man jeden drit­ten Tag auf einen Ball geht, ohne je­mals rich­tig aus­zu­schla­fen! Und trotz die­ser groß­zü­gi­gen Re­ge­lung, wer­den die Dienst­zei­ten oft über­schrit­ten.

Die meis­ten Ärzte – in­klu­si­ve ihrer Fa­mi­li­en – lei­den dar­un­ter, sind je­doch fi­nan­zi­ell davon ab­hän­gig. Die Ent­loh­nung der Diens­te macht min­des­tens 30 Pro­zent des Ge­halts aus. Aber selbst wenn es nicht auch ums Geld ginge, sie hät­ten gar keine Wahl, weil nur so viele Ärzte, vor allem Tur­nus­ärz­te, an­ge­stellt wer­den, wie es das Ar­beits­zeit­ge­setz her­gibt. Wenn dann Grip­pe­wel­len oder Schwan­ger­schaf­ten „pas­sie­ren“, muss das Ge­setz halt über­tre­ten wer­den.

Dass die Po­li­tik das zu­lässt, hängt damit zu­sam­men, dass an allen Spi­tä­lern krampf­haft fest­ge­hal­ten wird. Und da heißt es spa­ren – am Bes­ten bei Per­so­nal­kos­ten. Wür­den wir we­ni­ger Spi­tä­ler haben und mehr Pa­ti­en­ten am­bu­lant be­han­deln, könn­te man mensch­li­che­re Be­din­gun­gen schaf­fen – aber das ist un­denk­bar.

Wer im Spi­tal liegt, soll nicht fra­gen „Frau Dok­tor, Sie sind immer noch da?“ – diese Frage ist zy­nisch! Außer viel­leicht, man will von je­man­dem be­han­delt wer­den, der „be­trun­ken“ ist.

Und nur um gleich zu re­agie­ren, frü­her war es an­ders. Die Zahl der Pa­ti­en­ten war deut­lich ge­rin­ger und, was we­sent­li­cher ist, die Frau­en blie­ben brav am Herd statt Ärzte zu sein, und die star­ken Ehe­män­ner hiel­ten, eine Per­spek­ti­ve vor Augen, tap­fer durch. Tja, ir­gend­wie ist so ein Bild genau so ana­chro­nis­tisch wie unser Spi­tals­we­sen.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im Fe­bru­ar 2010 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Wer verhindert eigentlich eine echte Gesundheitsreform?

Wie in einem Feu­dal­sys­tem wer­den Pfrün­de ver­tei­digt und eine pa­ti­en­ten­ori­en­tier­te Re­form des Ge­sund­heits­sys­tems seit Jahr­zehn­ten ver­hin­dert.

Schat­ten­spie­le waren in den letz­ten Tagen zu be­ob­ach­ten. Neben dem nicht ein­mal wahr­ge­nom­me­nem Auf­stand der Jung­ärz­te, die sich end­lich (!) Gehör für eine bes­se­re Aus­bil­dung schaf­fen wol­len, waren da noch die Kas­sen­sa­nie­rung und die Ärz­te-Gmb­Hs. Und in­halt­lich, wenn auch mit deut­lich ge­rin­ge­rem me­dia­len In­ter­es­se, wurde vom Haupt­ver­band der „Mas­ter­plan Ge­sund­heit“ für den Herbst in Aus­sicht ge­stellt; darin ent­hal­ten, die Ideen einer Spi­tals­re­form und die Fi­nan­zie­rung aus einem Topf.

Der Herbst wurde aus zwei Grün­den ge­wählt: ers­tens weil zu­erst ein­mal alle (pseu­do)strei­ten müs­sen, bevor sie ver­han­deln kön­nen. Und zwei­tens ist da noch der Fi­nanz­aus­gleich, der zwar erst 2013 auf­ge­schnürt wer­den soll­te, doch die Län­der so plei­te sind, dass sie nach den Wah­len an ein Auf­schnü­ren den­ken. Ob der „Mas­ter­plan Ge­sund­heit“ auch die über­fäl­li­ge Kas­sen­re­form be­deu­tet, ist un­klar – wahr­schein­lich geht es je­doch nur um unser Geld, das neu ver­teilt und neu be­schafft wer­den soll; also, ob Steu­er- oder Bei­trags­er­hö­hun­gen kom­men. An eine echte Re­form denkt wohl kaum wer.

Viel­leicht ist es Zeit zu fra­gen, warum seit 40 Jah­ren keine echte Re­form statt­fin­det und sie immer un­wahr­schein­li­cher wird.

Ich be­haup­te, dass es immer mehr „Sys­te­mer­hal­ter“ gibt, die einen Le­bens­stan­dard er­reicht haben, den sie unter „nor­ma­len“ Um­stän­den nicht er­reicht hät­ten, sei es was ihr Ein­kom­men, oder aber ihre Macht be­trifft. Es sind die ge­setz­li­chen Mo­no­po­le, die sie dort hin ge­bracht haben und nicht Qua­li­fi­ka­ti­on oder der Be­darf nach ihrer Ar­beits­kraft.

Da wären ein­mal die Kas­sen-Ob­män­ner und deren Stell­ver­tre­ter, deren Jobs nur durch das kom­pli­zier­te Sys­tem ent­ste­hen. Eine Re­form würde sie ar­beits- und macht­los ma­chen. Selbst viele der lei­ten­den An­ge­stell­ten in den 21 Kran­ken­kas­sen sit­zen ver­mut­lich an Po­si­tio­nen, die we­ni­ger mit ihrer Kom­pe­tenz als mehr mit ihrem ge­werk­schaft­li­chen Hin­ter­grund zu tun haben. Auch in Kam­mern, allen voran in Ärz­te­kam­mern, de­fi­nie­ren sich viele nur durch die Ver­wor­ren­heit der Kom­pe­tenz­struk­tu­ren. Auf Sei­ten der Län­der und Ge­mein­den gibt es hau­fen­wei­se Mit­ar­bei­ter, die nur be­nö­tigt wer­den, weil es so viele Kran­ken­häu­ser gibt, an denen nur fest­ge­hal­ten wird, weil sie Spiel­wie­sen für po­li­ti­sche Pos­ten­be­set­zung sind, von der Ver­wal­tung an­ge­fan­gen bis hin zur Ver­tei­lung von Me­di­zi­ner-Aus­bil­dungs­plät­zen. Selbst bei den Pri­mar­ärz­ten scheint es so, dass viel ihren Job nicht haben, weil sie die best­ge­eig­ne­ten, son­dern weil sie die po­li­tisch best­ver­netz­ten sind.

Am Ende sind es aber trotz­dem nicht mehr als viel­leicht zwei tau­send Per­so­nen, die bei einer ech­ten Re­form Po­si­ti­on und Ein­fluss ver­lie­ren. Was ist das schon im Ver­hält­nis zu den zehn­tau­sen­den, deren Jobs durch die Wirt­schafts­kri­se auf Dauer ver­nich­tet wur­den? Gar nichts! Alle an­de­ren fast 500.000 Men­schen, die für die Pa­ti­en­ten und nicht das Sys­tem ar­bei­ten, wür­den bei einer ech­ten Re­form wei­ter be­nö­tigt, auch wenn die da oben so tun, als ob Kün­di­gungsla­wi­nen droh­ten – ein rei­nes Macht­spiel. Denn, wenn man diese paar Tau­send ge­nau­er be­trach­tet, dann ste­hen sie ganz oben in der Nah­rungs­ket­te. Und dort wer­den sie alles tun, nur um eine Re­form zu ver­hin­dern, die das Ende ihrer Macht be­deu­tet.

Und wer die Me­di­en be­ob­ach­tet, kann diese Spiel sacht er­ken­nen. Denn warum be­rich­ten alle über Ärz­te-Gmb­Hs und Kas­sen­sa­nie­rung, nie­mand aber über das für Pa­ti­en­ten wich­ti­ge­re Thema der Aus­bil­dung der Jung­ärz­te?

Die­ser Ar­ti­kel wurde im Fe­bru­ar 2010 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Lasst uns konkret werden

Als An­stoß für die Spi­tals­re­for­men 2010 will ich ein Tabu bre­chen und kon­kre­te Spi­tä­ler nen­nen, die kei­ner braucht – Mögen die Spie­le be­gin­nen!

Bis zum 18. Jahr­hun­dert gab es zwei Typen von Me­di­zi­nern: die Chir­ur­gen, die sich mit Kriegs­wun­den be­schäf­tig­ten, und die Ärzte, die aus der Un­ter­su­chung des Kör­pers und sei­ner Säfte auf Krank­hei­ten schlos­sen. Mit dem Fort­schritt kam es zu einer immer wei­te­ren Spe­zia­li­sie­rung. So zer­fiel die In­ne­re Me­di­zin in zahl­rei­che Sub­dis­zi­pli­nen, die sich ent­we­der nur mit der Niere, der Lunge, oder dem Stoff­wech­sel be­schäf­ti­gen. Die Chir­ur­gen haben sich in Kin­der­chir­ur­gie, Un­fall­chir­ur­gie, Or­tho­pä­die, Herz­chir­ur­gie, Lun­gen­chir­ur­gie etc. spe­zia­li­siert. Mitt­ler­wei­le haben wir in Ös­ter­reich 29 ver­schie­den Fach­ärz­te und viele Sub­spe­zia­li­sie­run­gen, in denen man erst aus­ge­bil­det wer­den darf, wenn man be­reits Fach­arzt ist.

Der Vor­teil die­ser Spe­zia­li­sie­rung er­klärt sich selbst, der Nach­teil ist, dass es kaum mehr mög­lich ist, den Zu­gang zu die­sen Spe­zia­lis­ten ge­recht zu ge­stal­ten.

In der un­po­li­ti­schen Spi­tals­pla­nung, die hier­zu­lan­de etwa 30 Spe­zi­al­rich­tun­gen be­rück­sich­tigt, wird ver­sucht, fest­zu­le­gen, wel­che Ein­zugs­ge­bie­te nötig sind, um die kleins­ten ge­setz­lich er­laub­ten Ab­tei­lun­gen so vor­hal­ten zu kön­nen, dass die Qua­li­tät ei­ni­ger­ma­ßen ge­si­chert wer­den kann; Ein­fa­cher aus­ge­drückt, wie viele Ein­woh­ner min­des­tens nötig sind, um genug Pa­ti­en­ten für ein be­stimm­tes Fach er­war­ten zu kön­nen, damit die Spe­zia­lis­ten dort ihre Wis­sen nicht ver­lie­ren.

Für gy­nä­ko­lo­gi­sche Ab­tei­lun­gen braucht man bei­spiels­wei­se min­des­tens 80.000 Ein­woh­ner, für die Or­tho­pä­die 100.000, für die kleins­te All­ge­mein-Chir­ur­gie 60.000. Die In­ter­nis­ten kom­men mit einem deut­lich klei­ne­ren Ein­zugs­ge­biet aus. Eine ein­fa­che Ab­tei­lung für In­ne­re Me­di­zin ist schon ab 25.000 Ein­woh­ner mach­bar. All diese Zah­len gel­ten nur für Ös­ter­reich mit sei­ner ein­zig­ar­tig hohen Kran­ken­haus­häu­fig­keit. Würde man fran­zö­si­sche oder gar hol­län­di­sche Maß­stä­be an­le­gen, müss­ten die Ein­zugs­ge­bie­te viel grö­ßer sein.

All­ge­mei­ne Akut-Spi­tä­ler müs­sen min­des­ten eine Ab­tei­lung für Chir­ur­gie und eine für In­ne­re Me­di­zin vor­hal­ten. Da eine Chir­ur­gie we­nigs­tens 60.000 Ein­woh­ner im Ein­zugs­ge­biet braucht, wäre sie li­mi­tie­rend. Ein Drit­tel der Akut-Spi­tä­ler hat ein klei­ne­res Ein­zugs­ge­biet und daher ten­den­zi­ell be­reits ein Qua­li­täts­pro­blem.

Na­tür­lich darf man nicht ver­ges­sen, dass die Er­reich­bar­keit wich­tig ist, aber Spi­tals­pla­nung ist immer eine Grät­sche zwi­schen Qua­li­tät und Wohn­ort­nä­he. Ein heik­ler Weg, bei dem ich mich klar für die Qua­li­tät aus­spre­che. Und ver­ges­sen wir nicht, wir haben eine rie­si­ge Hub­schrau­ber­flot­te und viele Ret­tungs­wä­gen.

Schau­en wir uns die Ein­zugs­ge­bie­te der zehn kleins­ten Spi­tä­ler an: Bad Aus­see 14.527; Mit­ter­sill 19.508, Klos­ter­neu­burg 25.557, Güs­sing 27.319, Gmünd 29.401, Reut­te 30.907, Tams­weg 33.290, Fürs­ten­feld 34.689, Mürz­zu­schlag 35.295, Li­li­en­feld 35.302.

Bei Fürs­ten­feld und Güs­sing muss man dar­auf ach­ten, dass sie ne­ben­ein­an­der lie­gen; man könn­te daher nur eines der bei­den Häu­ser schlie­ßen. Reut­te muss sich nach Deutsch­land ori­en­tie­ren – dort gibt es in Füs­sen und Pfron­ten Spi­tä­ler, die wegen der Grenz­la­ge eben­falls kaum fähig sind zu „über­le­ben“. Ein Ver­bund über EU-In­nen­gren­zen soll­te mach­bar sein; den­ken wir an die Spi­tä­ler in Brau­nau und Sim­bach. Der Rest kann ohne die Ver­sor­gung zu ver­schlech­tern ge­schlos­sen wer­den. Die Pa­ti­en­ten könn­ten, meist über Lan­des­gren­zen hin­weg, und das ist das Pro­blem, in­ner­halb von 40 Mi­nu­ten (OHNE Blau­licht oder Hub­schrau­ber!) im nächst­ge­le­ge­nen Spi­tal ver­sorgt wer­den.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im Jän­ner 2010 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Des Kanzlers Milliarde

Bun­des­kanz­ler Fay­mann will eine Mil­li­ar­de aus der Spi­tals­fi­nan­zie­rung um­wid­men. Da­ge­gen sind die üb­li­chen Ver­däch­ti­gen, die Idee ist aber gut.

An­ge­la L. (83) ist kör­per­lich gar nicht so schlecht bei­sam­men. Al­ler­dings ist sie seit einem Sturz der fes­ten Über­zeu­gung, ihre Hüfte ist ge­bro­chen. Davon kann sie nie­mand ab­brin­gen. Seit­her liegt sie meist im Bett. Um nicht auf die Toi­let­te zu müs­sen, trinkt sie viel zu wenig. So ist sie re­gel­mä­ßig voll­kom­men aus­ge­trock­net.

Ihr Neffe kommt seit Mo­na­ten zwei Mal täg­lich um zu hel­fen und die nö­tigs­te Pfle­ge zu er­le­di­gen. Er be­kniet sie, doch mo­bi­le Hilfe in An­spruch zu neh­men, was sie strikt ab­lehnt. Dafür ruft sie re­gel­mä­ßig den Not­arzt. In den letz­ten sechs Mo­na­ten war sie vier Mal im Spi­tal. Nach dem letz­ten Auf­ent­halt hat sie dann mo­bi­le Hilfe ak­zep­tiert. Al­ler­dings hat das den wei­te­ren Ver­fall nicht ab­fan­gen kön­nen. Neun Mo­na­te nach dem Sturz kam sie in ein Pfle­ge­heim, dass sie bis zu ihrem Tod ein Jahr spä­ter nicht mehr ver­las­sen hat.

Ähn­li­ches pas­siert in Ös­ter­reich jähr­lich bei Hun­dert­tau­sen­den alten Pa­ti­en­ten. Rund 600.000 Spi­tals­auf­ent­hal­te (das sind etwa 25 Pro­zent aller Auf­ent­hal­te) sind ent­we­der nicht nötig oder könn­ten aus me­di­zi­ni­scher Sicht we­nigs­ten deut­lich kür­zer sein. Rund drei bis vier Mil­lio­nen Spi­tals­ta­ge ent­ste­hen so un­nö­ti­ger­wei­se, dafür braucht man min­des­tens 10.000 (20 Pro­zent aller) Spi­tals­bet­ten.

Statt je­doch Pa­ti­en­ten wäh­rend des Auf­ent­halts zu hel­fen, ihr ei­ge­nes Leben wie­der selbst zu füh­ren, er­hal­ten sie den Spi­tals­voll­ser­vice, statt Re­ha­bi­li­ta­ti­on krie­gen sie hoch­tech­ni­sier­te Me­di­zin, statt bes­ser auf zu Hause vor­be­rei­tet zu wer­den, wer­den sie wie ein Pfle­ge­fall rund um die Uhr im Bett be­treut. Im Grun­de wäre für diese Pa­ti­en­ten alles bes­ser als ein Spi­tal, und doch ver­sor­gen wir sie dort.

Die 10.000 Spi­tals­bet­ten kos­ten min­des­tens eine Mil­li­ar­de Euro. Wür­den die Pa­ti­en­ten auf spe­zi­el­len Ent­las­sungs­ab­tei­lun­gen lie­gen, gäbe es aus­rei­chend Kurz­zeit- und Ta­ges­pfle­ge­plät­ze, die wie Spi­tals­bet­ten als Sach­leis­tung vor­ge­hal­ten wür­den, würde die Ver­sor­gung der Pa­ti­en­ten nur etwa 400 Mil­lio­nen kos­ten, 600 Mil­lio­nen we­ni­ger. Damit könn­te man bei­spiels­wei­se das Pfle­ge­geld um 30 Pro­zent er­hö­hen, oder aber die mo­bi­len Diens­te we­nigs­tens teil­wei­se als Sach­leis­tung zur Ver­fü­gung stel­len, und das rie­si­ge Pfle­ge­pro­blem deut­lich mil­dern.

Wenn dem Kanz­ler vor­schwebt, Bun­des­gel­der aus der Spi­tals­fi­nan­zie­rung in einen Ge­ne­ra­tio­nen­fonds zu ver­la­gern, und er dabei an die Ab­stim­mung zwi­schen Pfle­ge und Spi­tä­lern ge­dacht hat, dann ist die Idee wohl­feil; und zudem rea­li­sier­bar – theo­re­tisch!

Ak­tu­ell krie­gen die Spi­tä­ler etwa eine Mil­li­ar­de Euro di­rekt aus dem Steu­er­topf. Der Kanz­ler könn­te, wenn er die Re­gie­rung über­zeugt, das Geld um­wid­men. Er könn­te eine bun­des­steu­er­lich ko­fi­nan­zier­te ab­ge­stuf­te Ver­sor­gung zwi­schen Spi­tä­lern und Pfle­ge an­sto­ßen und die un­mensch­li­che Schnitt­stel­le zwi­schen der Spi­tals- und der Pfle­ge­welt mensch­li­cher ge­stal­ten.

Al­ler­dings ist die Um­schich­tung von so viel Geld keine leich­te Auf­ga­be. Es würde be­deu­ten, dass groß­flä­chig Spi­tals­ab­tei­lun­gen um­ge­wid­met oder sogar ge­schlos­sen wer­den müss­ten. Ob da die Bun­des­län­der, ohne die es dank Fö­de­ra­lis­mus nicht geht, mit­ge­hen, ist frag­lich. Die Ärz­te­kam­mer hat be­reits ihr Njet ein­ge­legt. Und wenn ich mir die zu­stän­di­gen Mi­nis­ter (Fi­nanz und Ge­sund­heit) an­schaue, dann wage ich zu zwei­feln, ob selbst bei einem lei­sen Nein von Län­dern oder So­zi­al­part­nern ernst­haft Schrit­te an­ge­dacht wer­den.

Also wird es blei­ben wie es ist: un­mensch­lich, teuer aber das „Beste der Welt“.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im De­zem­ber 2009 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Die Zwergenspitäler

Nach­dem Bad Aus­see seine „sys­tem­re­le­van­te“ Chir­ur­gie be­hal­ten darf, wol­len die Mit­ter­sil­ler ihre Ge­burts­sta­ti­on ret­ten – ein Wahn­sinn.

Und wie­der probt ein Spi­tal den Auf­stand. Nach­dem die voll­kom­men un­nö­ti­gen Chir­ur­gi­en in den stei­ri­schen Dör­fern Bad Aus­see und Mürz­zu­schlag „ge­ret­tet“ wur­den, regt sich jetzt Wi­der­stand gegen die Schlie­ßung der Ge­burts­sta­ti­on im salz­bur­gi­schen Mit­ter­sill.

Und wie üb­lich wird die Dis­kus­si­on in einer Art und Weise ge­führt, die er­schre­ckend ist. Le­ser­brie­fe wer­den ver­öf­fent­licht, in denen der Volks­zorn zum Aus­druck kommt, das Lei­chen­tuch hängt vor jeder Tür und Fehl­in­for­ma­tio­nen wer­den – wie für Pro­pa­gan­da üb­lich – dazu ver­wen­det, der Be­völ­ke­rung Angst zu ma­chen.

Aber es ist ja auch nichts an­ders zu er­war­te­ten. Im­mer­hin wurde seit Jahr­zehn­ten jede Sach­po­li­tik dem Po­pu­lis­mus ge­op­fert.

Aber blei­ben wir ein­mal kurz bei den nicht sehr be­lieb­ten Qua­li­täts­fak­ten.

In Mit­ter­sill – und damit das klar ist, es ist ein Syn­onym für alle Zwer­gen­spi­tä­ler, die so gern Rie­sen wären – gibt es etwa 150 Ge­bur­ten pro Jahr. Schon heute müss­ten alle Ri­si­ko­ge­bur­ten in grö­ße­re Spi­tä­ler über­wie­sen wer­den. Die Re­geln, wel­che Ris­ken in den kleins­ten Ge­burts­sta­tio­nen ein­ge­gan­gen wer­den dür­fen, wur­den zum Wohl der Kin­der und Müt­ter (also eine Qua­li­täts-, keine Kos­ten­fra­ge!) stren­ger, so­dass es zu­künf­tig viel­leicht noch 100 Ge­bur­ten vor Ort geben könn­te.

Dank mo­der­ner Me­di­zin ster­ben nur etwa fünf Kin­der pro 1.000 Ge­bur­ten bei der Ge­burt Da Mit­ter­sill keine Ri­si­ko­ge­bur­ten hat, soll­te die Sterb­lich­keit noch nied­ri­ger lie­gen; viel­leicht so bei zwei? Das aber be­deu­tet, dass nur alle fünf Jahre ein Kind ster­ben soll­te; also sehr sel­ten. In den gro­ßen Ge­burtsta­tio­nen, in denen mehr als 1.000 Ge­bur­ten pro Jahr vor­kom­men und die auch Ri­si­ko­ge­bur­ten durch­füh­ren, da wer­den pro Jahr gleich meh­re­re Kin­der ster­ben. Und weil eben Po­pu­lis­mus vor gar nichts zu­rück­schreckt, wird die­ses Fak­tum gerne dazu ver­wen­det, dar­zu­stel­len, dass Klein Oho ist.

Die­ses Spiel mit Zah­len ist zy­nisch. Denn die Wahr­heit schaut an­ders aus. Über­all wo rich­ti­ge Stu­di­en und nicht po­li­ti­sche Wunsch­kon­zer­te durch­ge­führt wur­den, wird fest­ge­hal­ten, dass in Spi­tä­lern mit we­ni­ger als 500 Ge­bur­ten pro Jahr die Kin­der vier mal häu­fi­ger ster­ben, als in Spi­tä­lern mit mehr als 1.000 Ge­bur­ten. Zwer­gen­spi­tä­ler sind also alles an­de­re als Oho!

Es gäbe gute Qua­li­täts­grün­de, dass diese kleins­ten Ge­burts­sta­tio­nen aus der Ver­sor­gung ge­nom­men wer­den. Das Pro­blem ist, dass es die Po­li­tik seit Jahr­zehn­ten nicht der Mühe Wert ge­fun­den hat, über Qua­li­tät zu reden, son­dern lie­ber jedem er­zählt hat, dass alle über­all und immer auf al­ler­höchs­tem Ni­veau ver­sorgt wer­den. Und so kann sie also gar nichts an­de­res, als eine Kos­ten­dis­kus­si­on füh­ren, wenn sie ir­gend­ei­nen Zwerg schlie­ßen will. Kein Po­li­ti­ker würde sich trau­en, die Wahr­heit aus­zu­spre­chen: In den vie­len viel zu klei­nen Spi­tä­lern kann gute Qua­li­tät nicht auf­recht er­hal­ten wer­den!

Die Po­li­tik nimmt lie­ber in Kauf, von der Be­völ­ke­rung als Ka­putt­spa­rer ti­tu­liert zu wer­den. Das mag viel­leicht die eine oder an­de­re Stim­me kos­ten, aber die Op­ti­on, an­de­re Zwer­gen­spi­tä­ler am Leben zu las­sen, bleibt er­hal­ten. Und um nichts an­de­res geht es ja schließ­lich. Das Pa­ti­en­ten­wohl ist doch jedem egal!

Wenn ich im obe­ren Pinz­gau eine Frau kenn­te, die noch Nach­wuchs zu er­war­ten hat, ich würde sie an­fle­hen, einen Bogen um Mit­ter­sill zu ma­chen und das 30 km ent­fern­te Zell am See oder das 40 km ent­fern­te St. Jo­hann an­zu­fah­ren. Denn le­ben­de Kin­der wären mir die paar Ki­lo­me­ter wert!

Die­ser Ar­ti­kel wurde im De­zem­ber 2009 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Spitalskostenexplosion?

Dass die Spi­tals­kos­ten stei­gen, ist we­ni­ger dra­ma­tisch als die Halb­wahr­hei­ten, die man rund­her­um hört – nur Ne­bel­wer­fer, wohin man auch schaut!

2008 haben die Spi­tä­ler 10,4 Mil­li­ar­den Euro ge­kos­tet, um über eine Mil­li­ar­de mehr, als noch 2006 – eine Stei­ge­rung von 12 Pro­zent. Die In­fla­ti­on hat sechs Pro­zent be­tra­gen und kann nicht als Aus­re­de die­nen.

2006 ist üb­ri­gens des­we­gen ein wich­ti­ges Jahr, weil seit dem die Ge­sund­heits­re­form von Ex-Mi­nis­te­rin Rauch-Kal­lat in Kraft ist. Diese Re­form hat den Län­dern mehr Spiel­raum in der Ge­stal­tung der Spi­tals­land­schaft ge­ge­ben, da­mals in der Hoff­nung, die Län­der wür­den ver­nünf­ti­ge Re­for­men um­setz­ten. Dem war und ist nicht so, wie man an den Stei­ge­run­gen er­ken­nen kann.

Ei­ni­ge Län­der sind ganz be­son­ders be­trof­fen, allen voran Nie­der­ös­ter­reich, das be­reits zum zwei­ten Mal in Folge rund zehn Pro­zent teu­rer ge­wor­den ist. Seit alle Spi­tä­ler dem Land ge­hö­ren, ex­plo­die­ren dort die Kos­ten. Auch, wenn die Po­li­tik nicht müde wird zu er­zäh­len, dass die Zu­sam­men­fas­sung aller Spi­tä­ler in der Hand eines ein­zi­gen Lan­des­ra­tes enor­me Ein­spa­run­gen ge­bracht haben soll, rea­li­ter kos­ten diese das Land so viel Geld, dass es schwie­rig wird, ein Bud­get zu er­stel­len.

Aber auch in Ober­ös­ter­reich gehen die Kos­ten of­fen­bar nur mehr ge­ra­de nach oben (14 Pro­zent in zwei Jah­ren). Auch hier wurde an­geb­lich eine Spi­tals­re­form um­ge­setzt, die viele Mil­lio­nen Euro ein­ge­spart haben soll.

Nun, da nie­mand die Ein­spa­run­gen über­prü­fen kann und ko­mi­scher­wei­se die Kos­ten ex­plo­die­ren, ist we­nigs­tens Skep­sis an den po­li­ti­schen Aus­sa­gen an­zu­brin­gen. Und da of­fen­bar auch die po­li­ti­sche Kaste er­kennt, dass die su­per­sim­plen Milch­mäd­chen­rech­nun­gen nicht mehr über­zeu­gend klin­gen, hat man sich etwas Neues zu Recht ge­legt:

Die Kos­ten­ex­plo­si­on sei die Folge mas­si­ver, aber vor allem not­wen­di­ger Mo­der­ni­sie­rungs­in­ves­ti­tio­nen! Be­gon­nen hat den Rei­gen vor einem Jahr Nie­der­ös­ter­reich, vor we­ni­gen Mo­na­ten hat sich Ober­ös­ter­reich die­sem Man­tra an­ge­schlos­sen und zu­letzt nun auch das Ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um selbst.

So ist das aber de­fi­ni­tiv nicht wahr, und das Wis­sen die Her­ren. Ein­mal ab­ge­se­hen, dass diese Mo­der­ni­sie­run­gen oft nur Be­hüb­schun­gen für Dut­zen­de Mil­lio­nen Euro sind, stei­gen nur die Be­triebs­kos­ten, in denen nach dem Ge­setz In­ves­ti­tio­nen nur kaum ent­hal­ten sind (ent­hal­ten wären Ge­rä­te, die je­doch über die Ab­schrei­bung auf viele Jahre auf­ge­teilt wer­den). Die Stei­ge­run­gen sind daher auch nicht durch In­ves­ti­tio­nen zu er­klä­ren, son­dern nur durch den Be­trieb.

In Wahr­heit sind es (Land­tags)Wahl­zu­ckerl, die heute süß schme­cken, aber mor­gen bit­te­re Pil­len sind. Es ist die Groß­mann­sucht und jeg­li­ches Feh­len von Ver­ant­wor­tung für un­se­re Zu­kunft, die die Kos­ten nach oben zie­hen. Den Lan­des­po­li­ti­kern ist es egal, was Ihre Spiel­wie­sen kos­ten, denn sie sind oh­ne­hin be­reits plei­te. Weil aber ein Land nicht wirk­lich plei­te gehen kann, war­ten alle und voll­kom­men ruhig auf den Bund. Der hat schon die Kas­sen ge­ret­tet, soll er auch die Län­der ret­ten. Doch woher nimmt der Bund das Geld?

Spä­tes­tens 2012 dür­fen wir mit saf­ti­gen Steu­er­er­hö­hun­gen rech­nen. Statt eine Spi­tals­re­form an­zu­ge­hen, ist es doch viel leich­ter, Halb­wahr­hei­ten zu er­zäh­len und uns zur Kasse zu bit­ten. Und wenn dann die Steu­er­er­hö­hun­gen zu ver­kau­fen sind, wer­den die glei­chen Po­li­ti­ker, die uns heute mit Halb­wahr­hei­ten ab­spei­sen mit ähn­li­chen Halb­wahr­hei­ten er­klä­ren, dass die Er­hö­hung not­wen­dig ist. Wir wer­den es wie­der schlu­cken – weil es uns eh auch nicht mehr in­ter­es­siert.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im No­vem­ber 2009 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.