Die Salzburger Kasse will keine Schulden anhäufen. Das ist löblich. Die Maßnahmen, die sie jedoch setzt, die bereiten mir Kopfzerbrechen!
In Salzburg beginnt etwas, das noch weiter Kreise ziehen wird. Die Ärztekammer hat sich mit der Krankenkasse auf ein Sparpaket geeinigt. Geht es nach deren Wunsch, dann darf es hinkünftig nur mehr das billigste Medikament geben – wer was anderes will, muss selbst zahlen. So will man die Pharmabranche zwingen, die Preise zu senken.
Dass so ein Vorgehen wahrscheinlich einigen Gesetzen widerspricht, soll einmal außen vor gelassen werden. Viel schlimmer könnten die Auswirkungen auf die Medikamentenversorgung sein.
Nun, gerne wird behauptet, die Pharma-Riesen machen ja zweistellige Milliardengewinne, und zwar nach Steuern. Wer so viel verdient, der kann schon auf ein bisschen was verzichten. Und wenn damit das Gesundheitssystem – also eigentlich das bei manchen so beliebte Kassensystem – „gerettet“ wird, dann kann man schon was runterbeissen, von den Gewinnen.
Aber ist das wirklich so einfach? Die Gewinne werden nicht hierzulande gemacht. Die Umsätze im niedergelassenen Bereich – also dem Bereich der Kassen – betragen, ohne Mehrwertsteuer etwas mehr als zwei Milliarden. Wie da Milliardengewinne zu machen wären, ist unbekannt. Im Spitalsbereich wird es noch ein bisschen skurriler, da werden über „Rabatte“ ein Drittel der Medikamente verschenkt – und damit die „realen“ Verkaufspreise nach unten gedrückt.
Die, die so gerne auf die Gewinne der Pharmaindustrie schielen, sollten sich langsam daran gewöhnen, dass die nicht in Österreich gemacht werden. Die in Österreich zu erzielenden Preise liegen 18 Prozent unter dem EU-Schnitt, die Gesamtausgaben für Medikamente im Gesundheitssystem liegen 14 Prozent darunter. In Österreich verdient die Branche also nicht wirklich viel.
Mehr noch, die Pharmaindustrie hat sich vertraglich verpflichtet, Teile ihrer Gewinne freiwillig zurückzuzahlen – und zwar in dreistelliger Millionenhöhe für drei Jahre. Warum tun die das?
Österreich ist in der EU! Preise, die man hier erzielt, sind früher oder später Preise, die auch andere Länder wollen. Warum soll gerade ein internationales Unternehmen sich in dem winzigen Markt Österreich die Preise ruinieren? Aber genau das will doch das Salzburger Modell. Kein internationales Unternehmen wird sich aber in einen Preiskampf einlassen, und im Ernstfall ein Medikament lieber aus dem Österreichischen Markt nehmen oder erst gar nicht zulassen. Und wenn die Zahl innovativer Medikamente zurückgeht, dann kann das für die Versorgung nicht gut sein.
Und wie ist das mit den Gewinnspannen? Glauben die Entscheidungsträger in Salzburg ernsthaft, dass sie die Gewinnspannen internationaler Riesen reduzieren können? Wenn durch irgendwelche Maßnahmen die Gewinne weniger werden, dann werden Gegenmaßnahmen gesetzt werden. Und was wären die? Kostenreduktion durch Rückzug aus der Forschung (also weniger Studien, was besonders die Krankenhäuser treffen wird) und der Fortbildung (was besonders jene Treffen wird, die die Fortbildung ernst nehmen).
Meiner Meinung nach zeigt die Aktion der Salzburger nur auf, dass der unreflektierte und chaotische Kampf um den Kuchen begonnen hat. Der Glauben, dass die Versäumnisse der Politik in der Gesundheitsreform über solche Maßnahmen übertüncht werden können, ist schlicht ein Irrglaube. Wenn jedoch moderne Medikamente später oder gar nicht eingeführt werden, nur weil irgendjemand meint, die Pharmaindustrie macht hierzulande zu hohe Gewinne, dann wird der Patient draufzahlen.
Dieser Artikel wurde im Oktober 2009 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.