staatliche Preisregulierung!

Wie es aussieht, hat Österreich den Medikamentenmarkt praktisch verstaatlicht. Die Preise aller Medikamente, unabhängig, ob sie von den Kassen erstattet werden oder nicht, werden reguliert – kein Medikament, das mehr als 750.000€ Jahresumsatz erzielt, darf hinkünftig über dem EU-Durchschnittspreis verkauft werden, und der wird aus ALLEN EU-Staaten, unabhängig seines BIPs, errechnet, inkludiert also auch etwa Bulgarien, Rumänien, Kroatien, Ungarn, Polen, Lettland, Litauen deren BIP/Kopf bei einem Drittel des unsrigen liegt.

Damit wird der Preis eben nicht mehr am Markt gebildet, sondern in staatlichen Büros – in der Folge werden wohl die Medikamentenpreise in den schwächeren EU-Ländern steigen und bei uns werden Medikamente nicht oder verspätet eingeführt werden – BRAVO! Aber, vielleicht wollen wir ja Kuba werden: dort gibt es viele und sehr gute Ärzte, die mit Hausmitteln arbeiten – weil sie dank Embargo von modernen Medikamenten abgeschnitten sind!

Gewonnen haben die Sozialisten in allen Parteien, deren gemeinsame Feindschaft gegen den Wettbewerb und ihr gemeinsamer Wunsch, diesen durch eine gelenkte Wirtschaft zu ersetzen, zusammenführt!

Hier der Entwurf 30.03.2017, der dann mit den Stimmen der ÖVP, SPÖ und Grünen beschlossen wurde

Gesamt-AÄA_EKO_(+Pflegeeltern)_30_03_2017

 

Statt Gesundheitsreform, lieber Pharma-Bashing

Weil in der Gesundheitsreform nichts weitergeht und nun auch der Finanzplan zu scheitern droht, zeigt die Gesundheitspolitik ihren Zynismus.

Von Dr. Josef Probst abwärts argumentiert jeder Kassenmitarbeiter und Beamter mit politischem Hintergrund, dass Medikamentenpreise dermaßen stark steigen, dass es zu einer für das Kassensystem unerträglichen Schieflage kommt, die staatlich korrigiert werden muss. Deswegen ein gesetzlicher Zwangsrabatt, der dazu beitragen soll, die jährliche Ausgabensteigerung der sozialen Krankenversicherung zu stabilisieren.

Für bewilligungsfreie Medikamente ist ein Zwangsrabatt von 3 Prozent, für chefarztpflichtige Medikamente ein Rabatt von 7 Prozent, und für Medikamente, die nicht im Erstattungskodex (EKO) angeführt sind von 15 Prozent angedacht. Macht in Summe jährlich etwa 125 Mio. Euro, oder 6 Prozent des Umsatzes den Pharmaunternehmen mit den Krankenkassen erzielen.

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Statt Gesundheitsreform lieber Pharma-Bashing

Weil in der Gesundheitsreform nichts weitergeht und nun auch der Finanzplan zu scheitern droht, zeigt die Gesundheitspolitik ihren Zynismus.

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   Eigentlich würde die Reform vorsehen, dass Behandlungs- und Versorgungsprozesse inklusive der Versorgung mit Medikamenten sektorenübergreifend am Patientenbedarf zu orientieren sind. Ein Blick in den von der OECD erhobenen Medikamentenverbrauch (in Tagesdosen) bei Volkskrankheiten zeigt, dass es eine bedarfsgerechte Versorgung ganz offensichtlich nicht gibt.

   In Österreich werden etwa nur halb so viele blutdrucksenkende Medikamente verbraucht wie in der EU. Mit diesem Verbrauch liegen wir abgeschlagen an letzter Stelle. Gleiches gilt für Diabetes-Medikamente, auch hier liegen wir an letzter Stelle und erreichen kaum die Hälfte des EU-Schnitts. Die „zweitschlechtesten“ Dänen verbrauchen bereits um ein Drittel mehr. Bei den blutfettsenkenden Medikamenten liegen wir nicht an letzter, sondern vorletzter Stelle – da hat Estland die rote Laterne, und der Abstand zum EU-Schnitt beträgt „nur“ 50 Prozent.

   Natürlich kann und muss man sich fragen, inwieweit der Medikamentenkonsum von der Pharmaindustrie nach oben getrieben wird. Betrachtet man aber solche Fakten, muss man sich viel dringender fragen, ob Patienten bei uns kriegen, was sie brauchen. Schließlich liegen wir weit hinter Ländern, die strikte Regeln haben, um sich am Patientenbedarf zu orientieren und Überversorgung zu verhindern. Dann wird klar, dass in Österreich Millionen von Patienten offensichtlich unterversorgt sind, was in der Folge dazu führt, dass Krankheitsverläufe schwerer als nötig sind und medikamentös vermeidbare Krankenhausaufenthalte nicht vermieden werden.

   Da liegt der politische Gewinn: Kassen geben weniger für Medikamente aus, und Länder können sich über ausgelastete Spitäler freuen.

   Dass das zynisch ist, stört große Politik nicht. Und wie wenig diese daran etwas ändern will, erkennt man an diesen Zwangsrabatt-Ideen. Laut einem Gesetzesentwurf von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser muss die Pharmaindustrie in den Jahren 2016 bis 2018 jeweils 125 Millionen Euro an Rabatten gewähren, um den Finanzplan der Reform, und nur diesen, einzuhalten. Das sind knapp sechs Prozent ihres Umsatzes mit den Krankenkassen.

   Ein Rabatt wohlgemerkt, der sich auf Preise bezieht, die gesetzlich von vornherein unter dem europäischen Mittelwert liegen müssen (unsere Medikamentenpreise sind, im Unterschied etwa zu Deutschland, weitgehend reguliert).

   Anders ausgedrückt: der Pharmabranche wird die nächsten Jahre ein Null-, wenn nicht sogar ein Minuswachstum per Gesetz verordnet. Und das, nachdem die Branche seit 2008 in Österreich kein reales Wachstum mehr aufweist.

   Zu glauben, dass wir mächtig genug sind, die Margen der Pharmaindustrie zu reduzieren, ist planwirtschaftliche Allmachtsphantasie. Was wir sehen werden, ist eine Reduktion der Produktionskosten – und zwar um etwa sechs Prozent unter den europäischen Mittelwert – was nichts anderes heißt, als dass Forschung und Fertigung abwandern werden und, wenn alles schief geht, sogar Medikamente vom Markt verschwinden oder nicht eingeführt werden.

   Denn, auch wenn manche es gerne hätten, die Pharmabranche wird nicht wie ein Sündenbock ruhig stehen.

„Wiener Zeitung“ Nr. 210 vom 29.10.2015  

Die Salzburger und ihr Medikamentenexperiment

Die Idee der Salzburger Gebietskrankenkassen über Wettbewerb Medikamentenpreise zu senken wird funktionieren – aber zu welchem Preis?

Wenn ein Unternehmen ein Original-Medikament von den Kassen erstattet haben will, darf es den Preis – den sogenannten Fabriksabgabepreis (FAP) – nicht selbst festlegen. Zuerst wird der EU-Durchschnittspreis ermittelt, denn kein Original darf teurer als dieser sein. Auf dieser Basis wird dann mit dem Monopoleinkäufer Hauptverband verhandelt. Folgerichtig sind, international verglichen, unsere Preise niedrig. Generika, also Imitate der Originale, müssen sich nicht an EU-Durchschnittspreise halten, und so sind deren Preise vergleichsweise hoch. Nun gibt es ein weiteres Spezifikum. Originale sind an die Generikapreise gebunden. Je nachdem, wie viele Generika es gibt, müssen entsprechende Originale mit dem Preis runter. Ab dem dritten Generikum darf das Original nicht teurer, als das teuerste Generikum sein.

Am Ende geben Kassen, auf FAP-Basis, knapp zwei Milliarden Euro aus. Dazu kommt noch eine Milliarde für die staatlich festgelegten Handelsspannen der Großhändler und Apotheken.

Gemessen an den Preisen für Originale ist diese regulierte Vorgangsweise erfolgreich, aber nicht ungefährlich. Das zeigt die Tatsache, dass der oligopolartig organisierte Großhandel begonnen hat, zu exportieren, und die niedrigen Einstandspreise dazu nützt, international höhere Gewinne als die hierzulande festgelegten Handelsspannen abzugreifen. Die Folge sind Lieferschwierigkeiten für einzelne Medikamente in Österreich.

Nun, was heißt das im Zusammenhang mit der Salzburger Liste. Da Medikamente, wenn es mindestens drei Generika gibt, etwa gleich viel kosten, stehen Produzenten in einem preisunabhängigen Wettbewerb. Wer verkaufen will, kann sich nur durch Service abgrenzen. Es ist müßig nachzudenken, in wie weit es unethisch zugeht – am Ende, so will es das System, bleibt nur der Service um Produkte an Patienten zu bringen. Und weil wir kaum pharmaunabhängige Fortbildung haben, bildete dieser Service, ob wir wollen oder nicht, eine wichtige Stütze für die Qualität der Versorgung.

Die Idee der Salzburger Liste ist es, einen additiven Preiskampf einzuführen. Da wir hohe Generikapreise haben, wird es zu einem solchen kommen. Ist man der „billigste“, hat man die Chance, für eine Zeit lang, „Quasi“-Monopolverkäufer zu sein, ganz ohne Vertriebssystem und Sponsoring. Wirklich große Generikahersteller werden diese Chance nützen.

In der Folge werden Generika-Preise sinken. Die kleinen werden sich das nicht leisten können und aufhören. Der heute atomistische Markt wird zunehmend von Großen dominiert. Weiters wird es – dank unserem Gesetz – dazu kommen, dass die Preise für Originale noch weiter sinken müssten. Spätestens dann werden internationale Unternehmen nachdenken, ob sie Österreich noch beliefern. Und da der Großhandel bereits begonnen hat zu exportieren und so international auf Preise drückt, wird diese Entscheidung leicht fallen. Die Folge ist, dass Medikamente gar nicht mehr angeboten, und immer mehr Unternehmen ihre Forschungsaktivitäten und (auch die Generikafirmen) Vertriebsysteme einstellen werden.

Durch Kombination aus planwirtschaftlicher Preisregulierung und marktwirtschaftlichem Preiswettbewerb wird so die medikamentöse, und wohl auch – wegen immer schwieriger zu findenden Sponsoren für Fortbildungsveranstaltungen – die ärztliche Versorgung leiden. Und das alles wegen ein paar kurzfristig ersparter Millionen, die das System ohnehin nicht retten können.

Dieser Artikel wurde im Jänner 2011 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.

Wie naiv sind wir eigentlich?

Die Reaktionen auf mein Plädoyer, keine weiteren Regulierungen im Bereich der Medikamentenversorgung einzuführen, waren heftig.

Es ist merkwürdig, dass die Verteidigung marktwirtschaftlicher Strukturen, wenn sie im Gesundheitswesen sind, zu Unverständnis führt. Alleine das öffentliche Kundgeben, dass der Grad der Regulierung des Marktes Grenzen besitzt, macht einen in Österreich zu einem Verdächtigen. Und trotzdem bekenne ich mich dazu – ich glaube nicht daran, dass durch noch mehr staatliche Regeln Einsparungen bei den Medikamenten erreichbar sind.

Den wenigsten ist bekannt, dass Medikamentenpreise hierzulande von einem staatlichen Monopoleinkäufer, dem Hauptverband, festgelegt werden. Wer ein Medikament verkaufen will, kann das entweder privat machen, in Krankenhäusern verkaufen oder aber über die Kassen.

80 Prozent aller verkauften Medikamente werden von den Kassen bezahlt, die gesetzlich nicht mehr als den EU-Durchschnittspreis bezahlen dürfen. Wenn ein Generikum auf den Markt kommt, dann schreibt das Gesetz genau vor, wie teuer es sein darf. Ab dem dritten Generikum haben alle, ob Original oder Generikum, den gleichen Preis.

Mit dieser Regulierung haben wir es geschafft, dass die Preise niedrig sind. Was also soll es bringen, wenn zu diesen Regeln eine weitere kommt, und ein Preiskampf angefacht werden soll, wie es in Salzburg angedacht ist?

Kaum ist bekannt, dass die meisten Pharmaunternehmen kleine oder mittlere Unternehmen sind, die mit ein oder zwei Produkten versuchen, über Wasser zu bleiben. Jeder denkt nur an die internationalen Multis. Was aber würde für die kleinen so ein Preiskampf bedeuten? Ganz einfach! Die Großen, die es sich leisten könnten, mit neu eintretenden internationalen Generika-Unternehmen zu wetteifern, werden beginnen, diese kleinen aufzukaufen. Die ohnehin schon schwer Markt verzerrende Fusionswelle innerhalb der Branche würde angefacht. Die großen werden Oligopole und der Wettbewerb schwächer. Einmal abgesehen, dass mit dem Verschwinden der kleinen auch Arbeitsplätze verloren gehen, bedeutet ein schwächerer Wettbewerb auf Dauer eine Reduktion der Qualität bei steigenden Preisen. So zumindest die marktwirtschaftliche Theorie, die der Meinung ist, dass man sein eigenes Produkt nur über Preis und Qualität von dem der Mitbewerber unterscheiden kann – was dann zu niedrigeren Preisen bei höherer Qualität führt.

Ach die Qualität! Da wollen wir im Gesundheitssystem lieber nichts messen und wundern uns dann, dass die Qualität der Medikamente mehr vom Marketing als von harten Fakten abhängt. Außerdem, Preise regulieren ist ja so viel einfacher!

Die Pharmabranche ist wie jede andere Branche an Gewinnen interessiert – damit muss man leben können. In einer Demokratie kann und soll der Markt reguliert, aber nicht überreguliert werden – das lässt er sich nämlich nicht gefallen, besonders dann nicht, wenn er von internationalen Multis repräsentiert wird.

Solange der Markt regiert, müssen wir Gewinne mitfinanzieren – ohne Neid! Denn was passiert, wenn man versucht, sich diese Gewinne zu sparen? Dann denken wir doch an die AUA, die ÖBB, oder die Landeskrankenhäuser. Überall Milliardengräber, deren Betrieb mehr kostet, als an Erlösen erzielt werden kann und deren Schulden über Steuern zu begleichen sind. Man verliert mehr Geld und – was viel schlimmer ist – Freiheit! Denn der Staat mit seinem Gewaltmonopol wird nicht zurückschrecken, Bürger einzusperren, wenn diese Steuern zurückhalten, weil sie nicht mehr bereit sind, Defizite der ÖBB oder nutzloser Krankenhäuser abzudecken.

Dieser Artikel wurde im Oktober 2009 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.

David gegen Goliath? Oder ein fataler Irrtum?

Die Salzburger Kasse will keine Schulden anhäufen. Das ist löblich. Die Maßnahmen, die sie jedoch setzt, die bereiten mir Kopfzerbrechen!

In Salzburg beginnt etwas, das noch weiter Kreise ziehen wird. Die Ärztekammer hat sich mit der Krankenkasse auf ein Sparpaket geeinigt. Geht es nach deren Wunsch, dann darf es hinkünftig nur mehr das billigste Medikament geben – wer was anderes will, muss selbst zahlen. So will man die Pharmabranche zwingen, die Preise zu senken.

Dass so ein Vorgehen wahrscheinlich einigen Gesetzen widerspricht, soll einmal außen vor gelassen werden. Viel schlimmer könnten die Auswirkungen auf die Medikamentenversorgung sein.

Nun, gerne wird behauptet, die Pharma-Riesen machen ja zweistellige Milliardengewinne, und zwar nach Steuern. Wer so viel verdient, der kann schon auf ein bisschen was verzichten. Und wenn damit das Gesundheitssystem – also eigentlich das bei manchen so beliebte Kassensystem – „gerettet“ wird, dann kann man schon was runterbeissen, von den Gewinnen.

Aber ist das wirklich so einfach? Die Gewinne werden nicht hierzulande gemacht. Die Umsätze im niedergelassenen Bereich – also dem Bereich der Kassen – betragen, ohne Mehrwertsteuer etwas mehr als zwei Milliarden. Wie da Milliardengewinne zu machen wären, ist unbekannt. Im Spitalsbereich wird es noch ein bisschen skurriler, da werden über „Rabatte“ ein Drittel der Medikamente verschenkt – und damit die „realen“ Verkaufspreise nach unten gedrückt.

Die, die so gerne auf die Gewinne der Pharmaindustrie schielen, sollten sich langsam daran gewöhnen, dass die nicht in Österreich gemacht werden. Die in Österreich zu erzielenden Preise liegen 18 Prozent unter dem EU-Schnitt, die Gesamtausgaben für Medikamente im Gesundheitssystem liegen 14 Prozent darunter. In Österreich verdient die Branche also nicht wirklich viel.

Mehr noch, die Pharmaindustrie hat sich vertraglich verpflichtet, Teile ihrer Gewinne freiwillig zurückzuzahlen – und zwar in dreistelliger Millionenhöhe für drei Jahre. Warum tun die das?

Österreich ist in der EU! Preise, die man hier erzielt, sind früher oder später Preise, die auch andere Länder wollen. Warum soll gerade ein internationales Unternehmen sich in dem winzigen Markt Österreich die Preise ruinieren? Aber genau das will doch das Salzburger Modell. Kein internationales Unternehmen wird sich aber in einen Preiskampf einlassen, und im Ernstfall ein Medikament lieber aus dem Österreichischen Markt nehmen oder erst gar nicht zulassen. Und wenn die Zahl innovativer Medikamente zurückgeht, dann kann das für die Versorgung nicht gut sein.

Und wie ist das mit den Gewinnspannen? Glauben die Entscheidungsträger in Salzburg ernsthaft, dass sie die Gewinnspannen internationaler Riesen reduzieren können? Wenn durch irgendwelche Maßnahmen die Gewinne weniger werden, dann werden Gegenmaßnahmen gesetzt werden. Und was wären die? Kostenreduktion durch Rückzug aus der Forschung (also weniger Studien, was besonders die Krankenhäuser treffen wird) und der Fortbildung (was besonders jene Treffen wird, die die Fortbildung ernst nehmen).

Meiner Meinung nach zeigt die Aktion der Salzburger nur auf, dass der unreflektierte und chaotische Kampf um den Kuchen begonnen hat. Der Glauben, dass die Versäumnisse der Politik in der Gesundheitsreform über solche Maßnahmen übertüncht werden können, ist schlicht ein Irrglaube. Wenn jedoch moderne Medikamente später oder gar nicht eingeführt werden, nur weil irgendjemand meint, die Pharmaindustrie macht hierzulande zu hohe Gewinne, dann wird der Patient draufzahlen.

Dieser Artikel wurde im Oktober 2009 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.

Versteckspiel oder Verschwörungstheorie

Rund um das Hauptverbands-Papier erleben wir ein bravouröses Medien-Spiel. Damit ist das besser als beim letzten Mal; und Machiavelli lässt grüßen!

Immer mehr „sickert“ durch. Vor zwei Wochen war es die Sache mit den Kassenarztstellen. Diese sollten nur nachbesetzt werden, wenn Leistungen nicht durch Spitalsambulanzen erbracht werden können. Die Reaktionen waren interne Proteste und ein sofortiges Dementi: „So war das nie gemeint!“ Komisch, wenn Kassen sparen wollen, dann kann das nur bedeuten, Stellen zu streichen – Was kann man da missverstehen?

Die Frage bleibt, warum ist das durchgesickert? Betrachten wir es so:

Das wohl einzige Thema, dass Ärzte direkt betroffen hätte, wurde „rausgespielt“. Der so provozierte Widerstand gab – je nach Stärke – die Möglichkeit, diesen Punkt anzupassen.

Dann erhält letzter Woche „Der Standard“ – bekannt für seine kritische Haltung gegenüber neoliberalen Strömungen – das Papier zugespielt. Darin wird dargestellt, welche Summen man sich sparen kann, wenn man auf Generika umsteigt. Außerdem sollen die Preise sinken, wenn man Pharmaunternehmen Werbung verbietet. Und weil’s so schön ist, sollen Apothekenaufschläge gekürzt werden. Das mit den Kassenarztstellen ist bereits entschärft.

Mal sehen, wie der Vorschlag ankommt? Dann ein Rückschlag. Statt wie erwartet, wird nicht auf die „bösen“ Geschäftemacher eingeschlagen, sondern – deswegen ist „Der Standard“ ja eine Qualitätszeitung – differenziert berichtet. Mehr noch, in einem Folgeartikel lässt man einen Experten (mich) und die Industrie zu Wort kommen, die die dargestellten Einsparungen nicht nachvollziehen können und „Werbeverbote“ an kommunistische Ideen erinnern.

Aber das Spiel geht weiter. Jetzt erhalten mehrer Zeitungen das Papier gleichzeitig. Im „Kurier“ erreicht man damit sogar die Seite eins der Wochenendausgabe. Welche Version der Kurier hat, ist unbekannt. Berichtet wird zwar noch immer über Einsparungen bei den Medikamenten (keine Euro-Angaben mehr – merkwürdig!), aber jetzt liegt der Spin auf Patientenorientierung: weniger Rezeptgebühr und längere Öffnungszeiten bei niedergelassenen Ärzten. Der Bericht ist also anders als alle anderen! Was soll man davon halten?

Egal! Bei allem, was man bisher zu wissen glaubt, eines ist sicher: Reformiert wird wenig und gespart nur bei den Medikamenten. Das ist schon beeindruckend. Kein unabhängiger Experte hätte hier jemals ein so großes Potential gesehen, dass damit das System gerettet werden könnte. Man sollte nicht vergessen, dass die Medikamentenkosten mit gerade 13 Prozent der Gesundheitsausgaben EU-weit unterdurchschnittlich sind, und auch die Preise selbst unter dem EU-Schnitt liegen. Und was das senken der Apothekerspannen betrifft, wird das großen Apotheken in zentraler Lage vermutlich egal sein, aber in der Peripherie wird das existenzbedrohend – zur Freude der ärztlichen Hausapotheken, die damit ihre eigenen Existenzen festigen?

Damit komme ich zum Schluss: Alle, die nicht mitverhandeln durften (alle außer Ärztekammer und Kassen) sind die Blöden; das Floriani-Prinzip in Reinkultur. Draußen, außerhalb der Welt, die Gesetze beschließen und dank Gewaltmonopol exekutieren kann, wäre ein Vertrag zuungunsten Dritter schlicht unwirksam. Aber hier? Wo sich Kämmerer und Gewerkschaften bester Kontakte zur Legislative erfreuen?

PS.: Der letzte Vorschlag, die Packungsgrößen zu senken ist übrigens eine versteckte Erhöhung der Selbstbehalte, weil für die gleiche Menge an Tabletten öfter Rezeptgebühr anfällt! Aber Patienten haben ja auch nicht mitverhandelt.

Dieser Artikel wurde im Juni 2009 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.