Kuckuck, KAKuG!

Dass die Ärz­te­kam­mer immer gegen alles ist, ist nichts Be­son­de­res, wenn aber die Län­der ein Bun­des­ge­setz be­grü­ßen, ist Vor­sicht ge­bo­ten.

Das er­neu­er­te Kran­ken­an­stal­ten- und Kur­an­stal­ten­ge­setz (KAKuG) schraubt unter dem Titel der Fle­xi­bi­li­sie­rung an den Min­dest­stan­dards für Spi­tä­ler und er­laubt hin­künf­tig „Ba­sis-Spi­tä­ler“, die nur mehr eine Bet­ten­ab­tei­lung für in­ne­re Me­di­zin (ohne wei­te­re Spe­zia­li­sie­rung) an­bie­ten müs­sen; alles an­de­re darf und soll am­bu­lant (dar­un­ter ist auch die Ta­ges­kli­nik zu ver­ste­hen) ab­ge­ar­bei­tet wer­den.

Die No­vel­le bie­tet auf den ers­ten Blick tat­säch­lich jene Fle­xi­bi­li­tät, die nötig ist, eine ver­nünf­tig ab­ge­stuf­te Ver­sor­gung zu er­rich­ten. Wer genau schaut, wird aber sehen, dass die­ses Ba­sis-Spi­tal so etwas ist, wie ein am­bu­lan­tes Ver­sor­gungs­zen­trum, mit der Mög­lich­keit, Pa­ti­en­ten mit all­ge­mei­nen Pro­ble­men sta­tio­när auf­zu­neh­men. Diese Pa­ti­en­ten wür­den in­ter­na­tio­nal nicht in einem Spi­tal lie­gen, son­dern ent­we­der in den ei­ge­nen vier Wän­den von einem gut aus­ge­bil­de­tem Haus­arzt ver­sorgt, oder viel­leicht in einem Pfle­ge­heim für Kurz­zeit­pfle­ge be­treut. Nur bei uns ist das Spi­tal zu­stän­dig.

Aber was soll’s, im Sinne des Pa­ti­en­ten – auch wenn es ein Eti­ket­ten­schwin­del ist, weil diese Ba­sis-Spi­tä­ler de­fi­ni­tiv nicht mehr Spi­tä­ler sind – könn­te was Gutes raus­kom­men; könn­te, wohl­ge­merkt.

Den­ken wir an die Ge­burts­sta­tio­nen. Diese sind zwar längst nicht mehr vor­ge­schrie­ben, trotz­dem hat noch fast jedes Spi­tal seine ei­ge­ne. Denn das echte Schlie­ßen von Ab­tei­lun­gen hat hier­zu­lan­de noch nie wirk­lich ge­klappt, schon gar nicht bei der Chir­ur­gie – Stich­wort Bad Aus­see.

Zudem haben die Län­der das KAKuG nie ernst ge­nom­men. Den­ken wir an Waid­ho­fen/ Ybbs. Das dor­ti­ge 180 Bet­ten-Spi­tal mit einem Ein­zugs­ge­biet von 40.000 Ein­woh­nern (selbst das neue Ba­sis­spi­tal müss­te min­des­tens 50.000 haben!) ver­fügt über eine Aus­stat­tung wie ein klei­nes Uni-Spi­tal. Da gibt es neben der In­ter­nen, der Gy­nä­ko­lo­gie und der Chir­ur­gie, eine Un­fall­chir­ur­gie, eine Uro­lo­gie, eine Au­gen­ab­tei­lung und – dar­auf ist man be­son­ders stolz – sogar einen Herz­ka­the­ter. All das war und ist im KAKuG nicht vor­ge­se­hen.

Es be­steht die Be­fürch­tung, dass die Län­der diese Fle­xi­bi­li­sie­rung nicht dazu ver­wen­den, eine ver­nünf­ti­ge Spi­tals­pla­nung vor­zu­neh­men und Spi­tä­ler „rück­zu­bau­en“, aber die Op­ti­on er­hal­ten, tief in die am­bu­lan­te Ver­sor­gung ein­zu­grei­fen. Schließ­lich kann in die­sen Ba­sis­spi­tä­lern jedes Fach am­bu­lant an­ge­bo­ten wer­den.

Um Aus­wüch­se (sprich Neu­bau­ten) hint­an zu hal­ten, ist zwar vor­ge­se­hen, dass nur be­ste­hen­de Spi­tä­ler um­ge­wan­delt wer­den dür­fen, was aber nicht vor­ge­se­hen ist, ist ein Ein­griff in die Be­darfs­prü­fun­gen. Wann und wo ein bet­ten­füh­ren­des Spi­tal er­rich­tet wird, ist Sache der Län­der, die zwar auch eine Be­darfs­prü­fung über sich er­ge­hen las­sen müs­sen, aber von Amts­we­gen der Be­darf un­ge­prüft zu be­stä­ti­gen ist, wenn ein An­trag di­rekt vom Land kommt. An­ders aus­ge­drückt: Län­der kön­nen Ba­sis-Spi­tä­ler er­rich­ten, wo und wann sie wol­len.

Und da der Kampf ums Geld (wer wird die eine Hand, die fi­nan­zie­ren soll?) noch nicht ab­ge­schlos­sen ist, lässt sich der Ein­druck nicht ver­weh­ren, dass die Län­der nach der ge­sam­ten ku­ra­ti­ven Ge­sund­heits­ver­sor­gung – am­bu­lant und sta­tio­när – grei­fen. Was im Grun­de ja nicht schlecht sein muss, wenn die Ver­gan­gen­heit uns nicht lehr­te, dass Län­der ein­fach nicht fähig sind, ein ver­nünf­ti­ges und pa­ti­en­ten­ori­en­tier­tes Ge­sund­heits­sys­tem auf­zu­zie­hen, ste­hen doch Ein­fluss- und Macht­über­le­gun­gen im Vor­der­grund.

Tja, und des­we­gen ist die Skep­sis der Ärz­te­kam­mer, wenn auch ver­mut­lich aus an­de­ren Grün­den, zu tei­len.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im No­vem­ber 2011 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.