Kassen und Spitäler gemeinsam denken

Kassenfusionen sind ein altes Thema. Denn die aktuelle Situation schadet seit Jahrzehnten Patienten, Versicherten und Steuerzahlern.

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    Zu viele Krankenkassen, ein Kassenhonorarsystem, das vernünftige Planung verhindert, strikt getrenntes und doppelgleisiges Arbeiten inner- und außerhalb von Spitälern – das sind keine neuen Probleme, die hat uns die Weltgesundheitsorganisation WHO schon 1969 aufgezeigt.

   Es ist auch nicht so, dass Regierungen sich der Lage nicht bewusst wären. Die Idee, Kassenärzte und Spitäler wenigstens planerisch zusammen zu denken, findet man beispielsweise 1996 in einem Bund-Länder-Kassen-Vertrag, der vorsah, dass es für alle ein einheitliches Leistungsgerüst geben soll. Die Leistungsharmonisierung ist ein Vorhaben, das nie Realität wurde, aber immer wieder zu finden ist – das letzte Mal 2013 im Bundeszielsteuerungsvertrag. Dort nahm sich die Regierung vor, ab 2016 einen einheitlichen Leistungskatalog einzuführen. Sie hat es halt wieder nicht geschafft . . .

   Und warum sollte man Kassen und Spitäler gemeinsam denken?

   Nun, weil es patientenfreundlicher ist; und billiger. Wegen fehlender Abstimmung liegen 900.000 Patienten in Spitälern, die ambulant behandelt werden könnten. Von diesen stecken sich 50.000 unnötigerweise mit Spitalskeimen an (das ist nicht zu verhindern), und einige Hundert werden unnötigerweise sterben. Abgesehen davon, dass die stationäre Behandlung dieser 900.000 Patienten wohl ein bis zwei Milliarden Euro unnötige Kosten erzeugt, sollte es doch wenigstens das Ziel sein, Patienten nicht unnötig zu schaden.

   Wenn also die Rede von der Kassenfusionierung wieder aufpoppt, sollte es nicht darum gehen, ein paar hundert Versorgungsposten einzusparen, die es zweifellos gibt. Thema ist, dass die Abstimmung zwischen Krankenkassen, Ärztekammern und Spitalsträgern einfach nicht klappt, ja nicht klappen kann, selbst wenn die eingebundenen Entscheidungsträger Engel und keine politischen Machtmenschen wären. Es gibt einfach zu viele und vor allem schlecht definierte Entscheidungsebenen.

   Natürlich haben sich Länder und Gebietskrankenkassen an einen dezentralen Modus Vivendi gewöhnt. Davon abzuleiten, dass diese nur regional wüssten, wie es geht, ist aber falsch. Gänzlich ausgeblendet wird, dass es große Kassen gibt, die bundesweit agieren: Beamten-, Bauern- und die Selbständigen-Kasse, und auch noch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt AUVA und die Pensionsversicherung.

   Die Idee, nur wenige, bundesweite Kassen zu haben, denen eine bundesweit agierende Spitalsplanung gegenübersteht, ist logisch. Umso mehr, als es eben auch bundesweite Regeln für Beiträge und Steuern gibt. Aber man kann es auch anders machen: neun Länder und neun Kassen, die dann aber ihre Steuern und Beiträge selbst einheben müssen – bundesweite Entscheidungsstrukturen und Finanzierungsregeln sind dann unnötig.   

Die jetzige Reformverweigerung kommt wohl woanders her. Bedient doch die aktuelle Situation die Machtbestrebungen aller. Landespolitiker und Gewerkschaften freuen sich darüber, dass die Abstimmung nicht klappt – denn das ist der Garant für ausgelastete Spitäler, über die Posten zu besetzen sind, und die für einen hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad sorgen. Mit dem Patienten hat das nichts zu tun.

„Wiener Zeitung“ Nr. 227 vom 23.11.2017  

Aktuelle Entwicklungen im österreichischen Pflegesystem

Abschaffung des Pflege-Regresses ist kein Reformschritt zu einem vernünftigen Pflegesystem. Dieses müsste Pflegevermeidung, nicht Pflegeversorgung anstreben.

Litt bis vor einigen Jahrzehnten der typische Patient des Gesundheitssystems an einer akuten und heilbaren Krankheit, leidet er heute an chronischen Krankheiten und altersentsprechenden Einschränkungen der Gesundheit – Aus der Sicht des Patienten verschwimmen die Grenzen zwischen Pflege- und Gesundheitssystem.

Die Erkenntnis, dass die Progression der Pflegebedürftigkeit nicht nur die Lebensqualität reduziert, sondern auch mit einer verstärkten Inanspruchnahme des Gesundheitssystems einhergeht, es jedoch Möglichkeiten gibt, die Progression der Pflegebedürftigkeit zu verlangsamen, führt dazu, dass  praktisch alle Regierung in Europa Anstrengungen unternehmen, die Pflege in das Gesundheitssystem zu integrieren. Der Weg dazu ist eine „moderne“ Definition der Pflege (aktivierende statt kompensatorische Pflege), die als Teil des Gesundheitssystems gedacht, also in das System integriert wird.

Österreich jedoch reagiert auf diese Entwicklung kaum, und hat mit der Abschaffung des Pflegeregresses sogar Schritte unternommen, die in die Gegenrichtung zeigen.

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Wieder eine papierene Gesundheitsreform

Geheime Papiere, die toll angepriesen und gefeiert werden, und Monitoringberichte, die tunlichst unbemerkt erscheinen.

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   Juhu, wir haben einen neuen B-ZV! Einen was? Einen Bundes-Zielsteuerungsvertrag – das ist der „Fahrplan Gesundheit für die nächsten fünf Jahre“ (© Gesundheitsministerium). Und weiter: „Dass wir heute (24. März, Anm.) den B-ZV für die Zeit von 2017 bis 2021 beschlossen haben, zeigt, dass die Gesundheitsreform funktioniert“ (© Hauptverband). Leider ist dieser toll gefeierte Vertrag (noch) unter Verschluss – und kein Journalist hat nachgefragt, wo er denn sei. Wir sollen ihn nicht lesen, wenigstens nicht vor der Wahl. Bis dahin muss es reichen, von ihm zu hören und zu akzeptieren, dass der Rücktritt von Ulrike Rabmer-Koller unverständlich ist.

   Weil ich ihn schon habe (vertraulich – wie üblich), weiß ich, dass der neue B-ZV ein paar lustige Dinge enthält – so kommt „aut idem“ wieder. Eine Reformidee, die vor zehn Jahren schon mal war, und bei der es darum geht, dass nicht Ärzte entscheiden, welches Medikament der Patient kriegt, sondern Apotheker, die ein anderes als das verordnete, aber wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben dürfen. Das hilft, deren Lagerkosten zu reduzieren.

   Aber grundsätzlich ist der neue B-ZV langweilig, steht doch alles schon in ähnlicher Form im alten. Auffällig ist nur, dass die Zahl der Ziele deutlich geschrumpft wurde. Im alten gab es noch viele „strategische Ziele“, „operative Ziele“ und Maßnahmen, eh oft schwammig definiert, aber immerhin. Jetzt gibt es praktisch nur Überschriften, und Zielwerte werden gerne mit kleinen Pfeilen dargestellt, die je nachdem nach unten oder nach oben zeigen – praktisch für die Zielerreichung. Der Grund dafür ist klar. Denn während der geheime, aber neue B-ZV groß abgefeiert wurde, ist, völlig ohne Tamtam, Ende Mai der II/2016- Monitoringbericht erschienen – die Berichte erscheinen halbjährlich und listen auf, wo die Gesundheitsreform steht. Sie zeigen also, wie diese funktioniert. Und weil sie (siehe oben) funktioniert, müssten die Erfolge des alten B-ZV, der von 2012 bis 2016 gegolten hat, in diesem Quasi-Abschluss-Bericht stehen. Wenn es etwas zum Feiern gäbe, dann eigentlich den II/2016-Bericht, nicht den neuen B-ZV.

   Eigentlich, wäre da nicht ein klitzekleines Problem; denn alle relevanten Ziele des alten B-ZV wurden schlicht nicht erreicht. Eigentlich hat sich in substanziellen Zielen niemand an den Vertrag gehalten. Das zeigt dieser Bericht sehr unangenehm auf. Also muss man den neuen B-ZV feiern. Damit feiert man eine ferne Zukunft. Und um die Chancen zu erhöhen, dass nicht wieder unangenehme Berichte das eigene Versagen monitorisieren (vielleicht liest ja doch mal ein Journalist diese Berichte), steckt man sich weniger, weniger konkrete und weniger hohe Ziele. Denn, am Ende ist der B-ZV ja nicht dazu da, ein Vertrag zu sein, der Vertragspartner an ein gemeinsames Vorhaben bindet (so wäre es in der realen, unseren Welt), sondern ein Papier, das gut klingt, wenn man es verkündet, das richtig nach was ausschaut und blenden kann – eben eine papierene Reform, die niemandem weh tut, schon gar nicht Politikern und Funktionären.

„Wiener Zeitung“ Nr. 116 vom 16.06.2017    

Der Patient steht im Mittelpunkt und dort allen im Weg  

 Vor zehn Jahren gab es die gleiche unwürdige Pflege-Diskussion wie heute. Sie war der Auslöser für mein Buch über eine Gesundheitsreform.

  Hier ein (leicht geänderter) Auszug aus der Einleitung:

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„Auslöser, dieses Buch zu schreiben, war die Diskussion um die Pflegeversorgung. Eine solche Diskussion wäre zu rechtfertigen, wenn das Gesundheitssystem privatisiert wäre. Wahrscheinlich würde die Diskussion auch stimmen, wenn wir mit den Ausgaben für das Gesundheitssystem irgendwo an letzter oder vorletzter Stelle in der OECD lägen. Eventuell wäre diese Diskussion gerechtfertigt, wenn man sie vor 20 (heute 30, Anm.) Jahren geführt hätte. Heute und in einem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem, das zu den teuersten der Welt gehört und sich selbst als das beste bezeichnet, ist diese Diskussion unwürdig.

Der Grund, warum es zu einer solchen kommt, hängt stark mit der Unwilligkeit zusammen, im Gesundheitsbereich substanzielle Reformen umzusetzen. Jeder, der hier irgendwie irgendetwas zu reden hat, verteidigt sein Revier – und das seit Jahrzehnten sehr erfolgreich. Es ist also nicht verwunderlich, dass wir Strukturen haben, die wie aus einer anderen Zeit anmuten.

Da sich jedoch die Welt weiterdreht und die demographischen Entwicklungen nicht Halt machen, egal wie sehr sich das manche wünschten, sind diese Strukturen anachronistisch geworden. ,Wie sehr‘ uns der alte Mensch am Herzen liegt, sieht man alleine schon daran, dass das Fachgebiet der geriatrischen Medizin gar nicht existiert, gerade einmal ein Fortbildungsdiplom der Ärztekammer gibt es dafür. Ein ,Geriatrieplan‘ in Analogie zu Kinderversorgungsplänen oder Strukturplänen gibt es nicht. Und wenn, dann ist das nicht mehr als eine Auflistung von Pflegeheimen und Absichtserklärungen. Eine den Prozessen entsprechende, bedarfsgerecht abgestufte Versorgung gibt es in der Pflege genauso wenig wie in der ambulanten ärztlichen Versorgung.

Was es sehr wohl gibt, ist die Verdrängung der Patienten in andere Versorgungsstrukturen, wie dem Krankenhaus. Aus gesamtwirtschaftlicher Betrachtung ist das jedoch Irrsinn, da ein Krankenhaus mindestens doppelt so teuer und fachlich falsch qualifiziert ist, als die eigentlich benötigte und bedarfsgerechte Struktur.

Anders ausgedrückt, könnte man, wenn man sich auf eine große Reform einigt, für das gleiche Geld doppelt so viele pflegebedürftige Personen betreuen. Und wenn man dann auch noch vernünftige Konzepte für die Pflegeversorgung (insbesondere abgestufte Modelle) entwickelt, dann sind es vermutlich drei oder vier Mal so viele – ohne, dass der Patient was zahlen müsste. Und wenn man die Kuration endlich gemeinsam mit dem Pflegebereich abstimmen würde, dann könnte man sich sämtliche Selbstbehalte in der Pflege sparen und diese solidarisch finanzieren.

In der Pflege besteht ein noch größerer Reformbedarf als in der Kuration. Es fehlen geeignete Definitionen, die die Leistungen der öffentlichen Hand von Privatleistungen trennen, die Angebote sind nicht am Bedarf ausgerichtet, die Abstimmung des Leistungsgeschehens mit angrenzenden Bereichen fehlt komplett.“

Zehn Jahre sind ins Land gezogen – und trotzdem klingt alles aktuell

„Wiener Zeitung“ Nr. 092 vom 11.05.2017  

Der Patient steht im Mittelpunkt und dort allen im Weg

2007 habe ich ein Buch geschrieben, weil die Probleme der Pflegeversorgung massiv waren – und da in den letzten 10 Jahren nichts passiert ist, werden die Probleme immer größer und das Kaschieren immer schwerer und teurer.

Hier das Vorwort aus dem Jahr 2007

Auslöser dieses Buch zu schreiben, war die Diskussion um die Pflegeversorgung in Österreich. Eine solche Diskussion wäre zu rechtfertigen, wenn in Österreich das Gesundheitssystem privatisiert wäre. Wahrscheinlich würde die Diskussion auch stimmen, wenn wir mit den Ausgaben für das Gesundheitssystem irgendwo an letzter oder vorletzter Stelle in der OECD lägen. Eventuell wäre diese Diskussion auch gerechtfertig, wenn man sie vor 20 Jahren geführt hätte. Heute und in einem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem, das zu den teuersten der Welt gehört und sich selbst gerne als das beste bezeichnet, ist diese Diskussion jedoch unwürdig.
Der Grund, warum es überhaupt zu einer solchen Diskussion kommen musste, hängt stark mit der Unwilligkeit zusammen, im Gesundheitsbereich substantielle Reformen umzusetzen. Jeder, der irgendwie irgendetwas im Gesundheitssystem zu reden hat, verteidigt sein Revier – und das seit immerhin 50 Jahren sehr erfolgreich. Es ist also nicht verwunderlich, dass wir in Österreich Strukturen haben, die wie aus einer anderen Zeit anmuten. Da sich jedoch die Welt weiterdreht und die demographischen und medizinischen Entwicklungen auch vor Österreich nicht halt machen, egal wie sehr sich das manche wünschten, sind diese Strukturen mittlerweile anachronistisch geworden.
„Wie sehr“ uns der alte Mensch am Herzen liegt, sieht man alleine schon daran, dass das Fachgebiet der geriatrischen Medizin gar nicht existiert, gerade einmal ein Fortbildungsdiplom der Ärztekammer gibt es dafür. Googelt man nach den Begriffen „geriatrische Rehabilitation“, erhält man 214 000 deutschsprachige Einträge – aus Österreich stammen 308. Ein „Geriatrieplan“ in Analogie zu Kinderversorgungsplänen oder Strukturplänen gibt es eigentlich nicht. Und wenn, dann ist das meist nicht mehr als eine Auflistung von Pflegeheimen und Absichtserklärungen. Eine den Prozessen entsprechende und bedarfsgerecht abgestufte Versorgung gibt es demnach in der Pflege genauso wenig wie in der ambulanten ärztlichen Versorgung.
Was es allerdings sehr wohl gibt, ist die Verdrängung der Patienten in andere Versorgungsstrukturen, wie dem Krankenhaus. Aus gesamtwirtschaftlicher Betrachtung ist das jedoch Irrsinn, da ein Krankenhaus vermutlich mindestens doppelt so teuer und fachlich falsch qualifiziert ist, als die eigentlich benötigte und bedarfsgerechte Struktur. Anders ausgedrückt, könnte man, wenn man sich auf eine große Reform einigt, für das gleiche Geld doppelt so viele pflegebedürftige Personen betreuen! Und wenn man dann auch noch vernünftige Konzepte für die Pflegeversorgung (insbesondere abgestufte Modelle) entwickelt, dann sind es vermutlich drei oder vier Mal so viele – ohne dass der Patient was zahlen müsste. Und wenn man die Kuration endlich gemeinsam mit dem Pflegebereich abstimmen würde, dann könnte man sich sämtliche Selbstbehalte in der Pflege überhaupt sparen und die Pflege solidarisch finanzieren – ohne Beiträge erhöhen zu müssen.
In der Pflege besteht ein noch größerer Reformbedarf als in der Kuration. Es fehlen geeignete Definitionen, die die Leistungen der öffentlichen Hand von Privatleistungen klar trennen, die Abstufung der Angebote ist nicht am Bedarf der pflegebedürftigen Personen ausgerichtet, die Abstimmung des Leistungsgeschehens mit angrenzenden Bereichen fehlt komplett.

 

Und hier das ganze Buch als PDF

GESUNDE ZUKUNFT  

ÖSTERREICHS GESUNDHEITSVERSORGUNG NEU
Diskussionsgrundlage zur Entwicklung neuer Strategien im Gesundheitswesen

 

Lesezeit 3,5 Stunden – es ist sehr leicht zu lesen! darauf bin ich heute noch stolz

Das PHC-Gesetz und seine Feinde

(Lesezeit 4 Min) Obwohl niemand den Entwurf zum Primärversorgungsgesetz 2017 (PVG) gekannt hat, war klar, er ist böse. Deswegen mobilisiert die Niedergelassenen-Kurie gleich und ruft einen Krisengipfel ein!

Und da wird auch nicht mit Drohgebärden gespart:

„So könnte z.B. Ihr bestehender Kassenvertrag sehr einfach gekündigt werden, wenn etwa in Ihrer Region eine PVE gegründet wird.“

Oder es „würde außerdem die Tür für private Investoren, staatliche Institutionen oder auch Krankenkassen, sich an Primärversorgungseinrichtungen zu beteiligen, weit aufgestoßen.“

„Die dort bezahlten Honorare sollen zukünftig auch nicht mehr Bestandteil des Gesamtvertrages sein. Die Folge wäre wohl massives Tarif-Dumping“

Überhaupt würden Ärzte „zu abhängigen Gesundheitsdienstleistern“ und reinen „Normunterworfenen“ degradiert

Dass alles „ist ein Mix aus ehemaliger DDR und US-amerikanischer Profitprivatisierung. Dieses US-DDR-Modell ist eine von privaten Konzernen und/oder der öffentlichen Hand geführte Miniambulanz, anonym und nicht unbedingt mit den engagiertesten oder mit gut bezahlten MitarbeiterInnen besetzt.“

Jedes irgendwie populistische und angstmachende Klischee wird bemüht, egal wie absurd oder gelogen!

Denn was steht wirklich im Entwurf?

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„Krisengipfel der Ärztinnen und Ärzte zur Gesundheitsreform“

Da die Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte zu einem Krisengipfel aufruft, weil das PHC-Gesetz für Patientinnen und Patienten, aber auch für Ärztinnen und Ärzte spürbare Verschlechterungen mit sich bringen soll, obwohl kaum jemand diesesn Entwurf gesehen hat, hier ist der Entwurf – es soll sich jeder ein Bild machen.

Ich finde, dass der Entwurf zwar noch einige Fallstricke hat (v.a. dort, wo er auf RSGs reflektiert, deren Qualität in der Vergangenheit mäßig waren) aber in Summe eine echte Aufwertung aller Hausärzte, die ihren Job ernst nehmen, mit sich bringen kann.

M.M.n wurden sowohl die Gefahren eines „Ausverkaufs“ an Investoren, als auch die der Übernahme der Primärversorgung durch unpersönliche Kassenambulatorien adressiert. Zudem ist ein vernünftiger Übergang vom derzeitigen System zu einem echten PHC angedacht. Ein neues Honorarsystem wird die Arbeit deutlich erleichtern und alle, die wollen werden die Möglichkeit haben, richtige Hausarztmedizin zu leben.

Die einzige Frage für mich ist, werden Ärztekammerfunktionäre in Brachialopposition verharren, oder im Sinne der Kassen-Hausärzte den Prozess gestalten

Hier der PHC-Entwurf_9_2_2017 als PDF

 

Sollten Fragen dazu auftauchen, die ich beantworten kann, werde ich gerne auf Facebook darüber diskutieren.

 

PS: Und nein, ich habe weder an der Entwicklung dieses Entwurfs mitgearbeitet noch bin ich sonst irgendwie damit verbunden – ich beurteile den Entwurf nach dem, was die Literatur über PHC sagt und in wiefern das im Entwurf berücksichtigt ist

 

Des Kanzlers PlanA, die SVA, die LSE und der Wahlkampf

(Lesezeit 7 min) Der PlanA von Christian Kern ist wohl nichts als Wahlkampf – zumindest im gesundheitspolitischen Teil ist das klar

Bevor wir den PlanA anschauen, erinnern wir uns an den 17. 2. 2009.

Damals wurde, unter Bundeskanzler W. Faymann und Vizekanzler J.Pröll, eine Arbeitsgruppe aus fünf regierungsnahen Institutionen gebildet. Rechnungshof, WIFO, IHS, Staatsschuldenausschuss (dem heutigen Fiskalrat) und KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung sollten über den Bereich „Gesundheit und Pflege“ (die beiden gehören zusammen) eine strukturierte Analyse der bestehenden Probleme und die verbundenen Folgewirkungen  anfertigen und  Lösungsansätze  erarbeiten. Diese sollten dann auf politischer Ebene umgesetzt werden.

Im Mai 2010 wurde der Bericht gelegt.

Vieles stand da: etwa über die zersplitterten verfassungsrechtlichen Kompetenzen und die fragmentierte Rechtsgrundlagen im Gesundheitswesen, die fehlenden verfassungsrechtliche Grundlagen für ein koordiniertes Vorgehen im Pflegebereich, die fehlende Absicherung gegen das finanzielle Risiko der Pflegebedürftigkeit, die zersplitterte Finanzierungs– und Organisationsstruktur oder die mangelnde Koordination zwischen Sach- und Geldleistungen. Über die Schnittstellenprobleme Krankenanstalten – niedergelassener Bereich – Pflege, mangelhafte Leistungsabstimmung zwischen intra- und extramuralem Bereich sowie Pflege, fehlende sektorübergreifende Planung. Über Zersplitterung der Sozialversicherungsträger, fehlende Vergleichbarkeit der erbrachten Leistungen und der Kosten dieser Leistungen, intransparente Preis- und Tarifgestaltung von ärztlichen Leistungen, heterogene Vertragspartnerdichte – u.s.w.

Nicht, dass das damals neu war! Diese Zersplitterung ist schon viele Jahre von allen möglichen nationalen und internationalen Organisationen kritisiert worden –  aber jetzt hatte es die Regierung von den eigenen, handverlesenen und überwiegend öffentlich finanzierten Beratern schwarz auf weiß; und jetzt kann man die dargestellten Lösungsansätze, wie 2009 versprochen umsetzen – oder?

Zurück in die Gegenwart

Am 11. 1. 2017; hält SPÖ-Parteivorsitzender und Bundeskanzler Christian Kern eine Grundsatzrede, und auch zu Gesundheit und Pflege finden wir einiges im „PlanA“  .

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Die immerwährende Reform

Ärztekammern, Krankenkassen und Ambulatorien – ein Streit, der so alt ist wie die Zweite Republik und nun wieder aufflammt.

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   Herbst 1955 – seit kurzem gibt es den Staatsvertrag, die Besatzungsmächte sind noch nicht vollständig abgezogen, da wird das ASVG zur Abstimmung gebracht. Und fast typisch, trotz zehn Jahren Verhandlung kommt eine schnell zusammengezimmerte „Zwischenlösung“ zur Verlesung, weil wenige Tage davor ein Aufstand der Wiener Ärztekammer zu Änderungen zwang. Worum es ging? Um Ambulatorien und Kassenplanstellen. Die Kammer forderte fixe Kassenplanstellen und ein Veto-Recht bei Errichtung von Ambulatorien. Sie fürchtete, nicht zu Unrecht, dass Kassen mit ihren Ambulatorien über kurz oder lang niedergelassene Ärzte verdrängen würden.

   Ja, so lange existiert der Konflikt, der uns im Rahmen der PHC-Gesetzes-Werdung wieder beschäftigt. Und auch weiterhin ist die Begründung der Ärztekammer nicht unrichtig. Denn obwohl vorgeschrieben ist, dass sich kasseneigene Ambulatorien durch die gleichen Honorare wie Kassenärzte finanzieren müssen, schaffen das gerade mal 10 Prozent. 90 Prozent werden subventioniert, in dem ihre Defizite aus Kassenmittel gedeckt werden. Wenn das auch mit den PHC-Zentren, die als Ambulatorien geführt werden sollen, passiert, sind diese eine unbezwingbare Konkurrenz, niedergelassene Kassen-Hausärzte würden verschwinden.

   Dass Politiker gewillt sind, solche Subventionen zu bezahlen, sieht man am Vorzeigeprojekt „Maria Hilf“. In dieses PHC-Zentrum, das nicht mehr als eine Gruppenpraxis von drei Kassen-Hausärzten ist, fließen jährlich 230.000 Euro. Da es aber nicht als Ambulatorium firmiert, können diese Subventionen nicht dauerhaft rechtskonform ausbezahlt werden. Jede Änderung hier wird daher durch die Ärztekammer blockiert – und das ist auch ihr gesetzlicher Auftrag. Denn sie ist nicht für die Versorgung zuständig, sondern hat die Interessen der Ärzte zu vertreten. Und wenn die Kammer zustimmte, dass Ärzte in Konkurs gehen, weil sie von subventionierten Einrichtungen niederkonkurrenziert werden, hätte sie ihren Auftrag nicht erfüllt. Die Art und Weise allerdings, wie die Kammer vorgeht, ist destruktiv und polemisch. Man bedenke die Argumente. Es drohe Staatsmedizin à la DDR, gleichzeitig wird vor profitgierigen Großkonzernen gewarnt, die die niedergelassenen Ärzte als freien Berufsstand bedrohen. Verstaatlichung, Privatisierung oder beides gleichzeitig?

   Nun, aus der Historie ist dieses Paradox erklärbar – Ambulatorien, entweder in den Händen der Kassen (DDR-Staatsmedizin) oder von Privaten (profitgierige Großkonzerne), stellen eine Konkurrenz für die Ärztekammer dar – und daher sind beide prinzipiell böse. Aber wie schaut es denn mit uns, den Finanziers und Nutznießern unseres Gesundheitswesens, aus? Es gibt tonnenweise wissenschaftliche Literatur, dass das, was wir „Gesundheitssystem“ nennen, teuer und ineffektiv ist. Wir bezahlen diese Streitereien mit viel Geld und weniger gesunden Lebensjahren; und die, die chronisch krank sind, mit vielen verlorenen Lebensjahren – die sterben einfach früher als nötig. Wir, so denke ich, hätten ein Recht darauf, dass diese Machtklüngel endlich zu einer Lösung kommen – nach mehr als 60 Jahren!

„Wiener Zeitung“ Nr. 191 vom 29.09.2016

Ist die Kassenfusion ein gangbarer Weg, die ambulante Versorgung besser zu organisieren?

 

Inhaltsverzeichnis

  • Zusammenfassung

 

  • Einleitung

 

  • Behandlung, Versorgung und Gesundheitssystem sind unterschiedliche Dinge
  • a).. Die Ebene der Behandlung
  • b).. Die Ebene der Versorgung
  • c).. Die Ebene des Gesundheitssystems

 

  • Grundsätzliches zum österreichischen Gesundheitssystem…

 

  • Die Kassenfusion
  • (1) Ist das österreichische ambulante Versorgungssystem wirklich so schlecht?
    • a… Was soll ambulante Versorgung?
    • b.. Was ist PHC?
    • c… Ist unsere ambulante Versorgung so schlecht?
    • d.. Wie misst man „ambulante Versorgung“?
    • e.. Warum gibt es bei uns kein PHC?
  • (2) Welche Organisationsformen gibt es in der ambulanten Versorgung?
    • a.. Kassenärzte
    • b.. Wahlärzte
    • c… Spitalsambulanzen
    • d.. Kasseneigene Ambulatorien
    • e.. Selbständige Ambulatorien
    • f… Privatärzte
  • (3) Welche Folgen hat diese Zersplitterung?
    • a.. Welche Folgen hat das auf die Versorgung?
    • b.. Welche Folgen hat das für die Regionen?
    • c… Warum gibt es keinen einheitlichen Katalog?
    • d… Warum ist es sinnvoll, einheitliche Leistungen einheitlich zu honorieren und dafür über andere Modelle (P4P) Leistungsanreize zu schaffen, die sowohl regional als auch finanziell flexibel sind?
  • (4) • Warum gibt es in Österreich so viele Kassen?
    • a.. Wie viele Kassen gibt es?
    • b.. Woher haben die Krankenkassen ihr Geld?
    • c… Kostet die Verwaltung wirklich nur 3%?
    • d… Sind Pflichtsysteme wie in Österreich (Pflichtversicherung statt Versicherungspflicht und Kassenplanstellen statt Niederlassungs-freiheit) wirklich schlecht?
  • (5) Was passiert, wenn die Kassen fusionieren?
    • e.. Ist eine Kassenfusion eigentlich sinnvoll (Zentralisierung im Zeitalter der Dezentralisierung)?
    • f… Was bringt eine Fusion – Einsparungen?
    • g.. Welche Voraussetzungen sind nötig, um die Kassen zu fusionieren (rechtlich und kulturell)?
    • h.. Wie geht man bei einer Kassenfusion mit den Spitalsambulanzen um?
    • i… Wie geht man bei einer Kassenfusion mit den Wahlärzten um?

 

  • Literatur
  • Abkürzungen

Eine Analyse im Auftrag der Team Stronach Akademie im ersten Halbjahr 2015

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