kurzsichtig und verantwortungslos

Dr. J. Stein­hart, Ober­arzt, Ge­schäfts­füh­rer und ärzt­li­cher Di­rek­tor eines Wie­ner Spi­tals, Kas­sen(Fach)Arzt, Vi­ze­prä­si­dent der Ös­ter­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer Vi­ze­prä­si­dent der Wie­ner  Ärz­te­kam­mer und als Ku­ri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte in der Ös­ter­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer  deut­lich mäch­ti­ger als seine Prä­si­den­ten Artur Wech­sel­ber­ger (ÖÄK) und Tho­mas Sze­ke­res (ÄK für Wien) hat eine Mis­si­on:

Er will klar ma­chen, dass die „Kran­ken­kas­se kurz­sich­tig und ver­ant­wor­tungs­los“ agiert, weil es in Wien zu we­ni­ge Kas­sen­ärz­te gibt.

Und um das zu be­le­gen, wer­den ein „Groß­stadt­fak­tor“ und ein „deut­sches Ver­sor­gungs­kon­zept“ her­an­ge­zo­gen.

Be­haup­tet wird, in Wien kom­men auf einen Haus­arzt 2170 Pa­ti­en­ten, das deut­sche Kon­zept sieht hin­ge­gen le­dig­lich 1671 vor. Rea­li­ter geht es wohl um Ein­woh­ner­zah­len pro Arzt und nicht wie be­haup­tet, um Pa­ti­en­ten pro Arzt – naja, mit sol­chen De­tails be­schäf­ti­gen sich nur Klein­geis­ter. Aber es stimmt, die an­ge­streb­te Haus­ärz­te­dich­te, ge­mes­sen an Ärz­ten pro Ein­woh­ner ist in Deutsch­land höher –warum? Weil es dort Haus­arzt­mo­del­le gibt. In sol­chen Mo­del­len müs­sen sich Pa­ti­en­ten bei einem Haus­arzt ein­schrei­ben und sich ver­pflich­ten, die­sen, vor einem Fach­arzt­be­such auf­zu­su­chen. Da­durch wer­den viele Pa­ti­en­ten ganz ohne Fach­arzt­be­such ge­sund.

Sol­che „Gate­ke­eping“-Mo­del­le, die mehr Haus­ärz­te er­for­dern, wer­den sei­tens der Ärz­te­kam­mer ka­te­go­risch ab­ge­lehnt – denn die „freie (Fach)Arzt­wahl“ ist uns (ihnen) hei­lig.

(Stein­hart ver­gleicht das ganze Pro­ce­de­re rund um die Ge­sund­heits­re­form gar mit einem „bi­bli­schen De­sas­ter“ und lis­tet sie­ben Tot­sün­den der ös­ter­rei­chi­schen Ge­sund­heits­po­li­tik auf, zwei davon be­zie­hen sich auf die freie Arzt­wahl: 2) Zer­stö­rung […] der frei­en Arzt­wahl – eine Zen­tra­li­sie­rung à la Po­ly­kli­ni­ken in der DDR drohe; 3) das Nie­der­kämp­fen der frei­en Arzt­wahl – ge­meint ist al­ler­dings nur, dass der Ge­samt­ver­trag hin­künf­tig auch mit den Län­dern ab­ge­stimmt sein muss, daher die Macht der Kam­mer schwin­det)

Doch zu­rück zum Thema: Wei­ters wird sei­tens der Kurie der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte be­haup­tet, HNO-Ärz­te be­treu­en in Wien um 73 Pro­zent, Kin­der­ärz­te um 60 Pro­zent und Au­gen­ärz­te um 40 Pro­zent mehr Pa­ti­en­ten als es laut dem deut­schen Ver­sor­gungs­kon­zept ideal ist.

Ge­nau­er wird nicht dar­auf ein­ge­gan­gen – ver­ständ­lich. Denn ver­mut­lich sind es wie­der nicht Pa­ti­en­ten, son­dern Ein­woh­ner pro Arzt, um die es hier geht. Und was tun­lichst ver­schwie­gen wird ist, dass es in Deutsch­land so gut wie keine Spi­tals­am­bu­lan­zen gibt. Es ist daher klar, dass es dort au­ßer­halb der Spi­tä­ler mehr Fach­ärz­te geben muss, wäh­rend bei uns eben die freie Arzt­wahl den Pa­ti­en­ten auch er­laubt di­rekt und ohne Zu­wei­sung in eine Spi­tals­am­bu­lanz zu gehen. Und was es in Deutsch­land auch nicht gibt, sind Wahl­ärz­te, die ja neben den Kas­sen­ärz­ten auch nicht un­tä­tig her­um­sit­zen. Tja, aber mit den Wahl­ärz­ten  hat es die Kam­mer nicht so – aus ihrer Tä­tig­keit lässt sich keine po­li­ti­sche Macht ab­lei­ten – daher un­in­ter­es­sant; das gilt im Üb­ri­gen auch für an­ge­stell­te Ärzte.

Und der Groß­stadt­fak­tor? Nun, da ja mit Pa­ti­en­ten ar­gu­men­tiert wird (War­te­zei­ten!), schau­en wir uns an, wie viele Ärzte in Wien im Ver­gleich zu Ös­ter­reich be­reit­ste­hen.

Zählt man alle am­bu­lant tä­ti­gen Ärzte (lt. ÖSG Pla­nungs­ma­tix), also auch die in den Spi­tals­am­bu­lan­zen, kommt in Wien auf 10.00 Ein­woh­ner ein Kin­der­arzt, Ös­ter­reich­weit gibt es einen auf 18.000; in der HNO ist das Ver­hält­nis Fach­arzt / Pa­ti­en­ten in Wien 1:16.000 – Ös­ter­reich­weit  1:27.000; Augen: Wien: 1:12.000 – Ös­ter­reich 1:18.000. Also, der Groß­stadt­fak­tor muss ge­wal­tig sein, wenn das nicht reicht!  Mal ab­ge­se­hen, dass es die­sen Fak­tor nur in Ös­ter­reich als Pla­nungs­grö­ße gibt.

Dass Wien mehr Kas­sen­stel­len hat als an­de­re Bun­des­län­der hat üb­ri­gens gar nichts mit Ver­sor­gungs­be­darf oder Pa­ti­en­ten zu tun, son­der ist aus­schließ­lich his­to­risch be­grün­det. Als die Ärz­te­kam­mer 1948 mit­tels Be­set­zung des Ha­nu­sch­kran­ken­hau­ses die Re­gie­rung ge­zwun­gen hat, Plan­stel­len fix in das ASVG  und den Ge­samt­ver­trag auf­zu­neh­men, hatte Wien die höchs­te Ärz­te­dich­te (wie heute haben große Bal­lungs­räu­me eine hohe At­trak­ti­vi­tät für Ärzte). Da­mals wur­den ein­fach alle prak­ti­zie­ren­den Ärzte über­nom­men – that is it!.  Und als sehr viel spä­ter die an­de­ren Bun­des­län­der müde wur­den, über einen Aus­gleich­stopf die De­fi­zi­te der Wie­ner Ge­biets­kran­ken­kas­se mit zu tra­gen, wurde der My­thos des Groß­stadt­fak­tors ge­bo­ren – und lebt bis heute!

 

Je­den­falls, an Ärz­ten man­gelt es nicht, aber, es man­gelt an ver­bind­li­chen Re­geln, was ein Kas­sen­arzt ar­bei­ten muss.

Hat ein Arzt einen Kas­sen­ver­trag, kann er aus dem Kas­sen-Ho­no­rar­ka­ta­log an­bie­ten was er will. Es be­steht keine Mög­lich­keit ver­bind­lich vor­zu­schrei­ben, was er zu tun hat. Die Folge ist, dass ver­mut­lich viele (aber Gott sei dank bei wei­tem nicht alle!) ein­fach nur das tun, was Spaß macht und Geld bringt – und alles an­de­re über­lässt man dann gerne der Spi­tals­am­bu­lanz. Soll­te ein Haut­arzt keine Warze ent­fer­nen wol­len, wird er den Pa­ti­en­ten ins Spi­tal über­wei­sen, daran kann ihn nie­mand hin­dern – und so braucht man für eine Warze plötz­lich zwei Ärzte!

Wenn die Kurie der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte nicht rasch er­kennt, dass sie statt mehr Stel­len zu for­dern, den Kas­sen ver­bind­li­che (und auch gut do­tier­te) Ver­sor­gungs­kon­zep­te an­bie­ten oder we­nigs­tens ab­for­dern muss, dann sehe ich schwarz für Kas­sen­fach­ärz­te – dann wer­den sie ähn­lich wie in Hol­land bald an­ge­stell­te der Spi­tä­ler sein! Und das war es dann auch mit der mäch­ti­gen Kurie!

Ärztebedarf Detailanalyse

 

Pro­blem­auf­riss:

In Ös­ter­reich wur­den 2009 (inkl. Zahn­ärz­ten) etwa 44.000 Ärzte in Ärz­te­lis­ten ge­führt. Dort wird man nur ge­führt, wenn man ärzt­lich tätig ist oder tätig sein will. Die Zahl der ärzt­lich tä­ti­gen Ärzte wächst, nach einem dy­na­mi­schen Wachs­tum seit 1970, ab den spä­ten 1980er Jah­ren bei­nah li­ne­ar.

Anzahl der Aerzte absolut
An­zahl der Aerz­te ab­so­lut

Quel­le: Sta­tis­tik Aus­tria, 2010

Mit 44.000 Ärz­ten ist Ös­ter­reich im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich „sehr gut“ aus­ge­stat­tet. Nichts desto trotz wird immer wie­der davon ge­spro­chen, dass es ent­we­der be­reits Ärz­te­man­gel gibt, oder aber man, weil die Aus­bil­dungs­ka­pa­zi­tä­ten un­zu­rei­chend seien, auf einen sol­chen zu­steue­re. Die Aus­bil­dungs­ka­pa­zi­tä­ten in Ös­ter­reich be­zie­hen sich auf zwei, von­ein­an­der un­ab­hän­gi­ge, je­doch ob­li­gat hin­ter­ein­an­der ge­reih­te Aus­bil­dungs­we­ge: das Me­di­zin­stu­di­um, dass Ab­sol­ven­ten be­rech­tigt, eine Aus­bil­dung zum Arzt an­zu­tre­ten und der Tur­nus, sei es zum All­ge­mein­me­di­zi­ner oder zum Fach­arzt, der als prak­ti­scher Teil die Fä­hig­kei­ten und Fer­tig­kei­ten des Arzt­be­rufs ver­mit­teln soll.

Wei­ter­le­sen „Ärz­te­be­darf De­tail­ana­ly­se“

Wahlärzte und Ärztemangel

Seit we­nigs­tens 15 Jah­ren ver­su­chen Ex­per­ten ver­geb­lich zu er­klä­ren, dass es auch hier­zu­lan­de nötig ist, sich ernst­haf­te Ge­dan­ken über den Ärz­te­be­darf zu ma­chen.

Jetzt ar­bei­ten auch wie­der Grup­pen, um her­aus­zu­fin­den, wie viele Uni-Plät­ze das Land braucht, um Ärz­te­man­gel zu ver­mei­den. Al­ler­dings, und das zeigt be­reits die Dik­ti­on der ar­bei­ten­den („am End­be­richt wird ge­feilt“, „man sei sich noch nie so nahe ge­kom­men“ etc), geht es we­ni­ger um rea­li­täts­na­he Schät­zun­gen, son­dern um Ver­hand­lun­gen der Ei­gen­in­ter­es­sen. Und diese sind krass wi­der­sprüch­lich.

Ge­feilscht wird über die Wahl­ärz­te. Diese, in Eu­ro­pa ein­zig­ar­ti­ge, Spe­zi­es, die im öf­fent­li­chen Ge­sund­heits­sys­tem ar­bei­tet, ohne rich­tig dazu zu ge­hö­ren, sind eine tolle Ver­hand­lungs­mas­se: Wie soll man deren Ver­sor­gungs­wirk­sam­keit be­wer­ten? Im­mer­hin ist ein Vier­tel (über 10.000!) aller Ärzte die­ser Spe­zi­es zu­or­den­bar. Und je nach­dem, wie wich­tig sie für die Ver­sor­gung an­ge­nom­men wer­den, umso mehr Uni-Plät­ze braucht man.

Die Ärz­te­kam­mer ist der Mei­nung, alle Wahl­ärz­te sind not­wen­dig. In einer ei­ge­nen Stu­die geht sie noch wei­ter: zu­künf­tig wäre pro 180 Ein­woh­ner ein Arzt nötig. Zum Ver­gleich, ak­tu­ell sind es etwa 210, in Deutsch­land gar nur 260. Ärz­te­man­gel und Un­ter­ver­sor­gung wären nur ab­wend­bar, wenn wir so­fort hun­dert Ärzte mehr pro Jahr aus­bil­den.

Der ei­gent­li­che Hin­ter­grund – un­se­re Ärz­te­dich­te ist mit Ab­stand die Höchs­te in der EU – dürf­te sein, dass das Ärz­te­pen­si­ons­sys­tem (Wohl­fahrts­fonds) plei­te geht, wenn nicht rasch fri­sche Zah­ler ins Pflicht­sys­tem ge­spült wer­den. Bes­ter Weg wäre, die Aus­bil­dungs­ka­pa­zi­tä­ten (vor allem neue Unis in di­ver­sen Bun­des­län­dern, die neben Pres­ti­ge auch fri­sches Geld aus „Wien“ ver­spre­chen; es ist lus­tig wenn man die Grät­schen des Wis­sen­schafts­mi­nis­te­ri­ums zwi­schen EU-Quo­ten­re­ge­lung für Stu­den­ten und die­sen länd­li­chen Be­gehr­lich­kei­ten be­ob­ach­tet) aus­zu­bau­en.

Aber, da gibt es halt das Pro­blem mit den Kas­sen. Diese sind ver­pflich­tet, jedem Ver­si­cher­ten aus­rei­chend Kas­sen­ärz­te zur Ver­fü­gung zu stel­len. Wenn wirk­lich die Wahl­ärz­te für die Ver­sor­gung nö­tigt sind, dann müss­te die Zahl der Kas­sen­ver­trä­ge seit lan­gem und in Zu­kunft noch deut­li­cher stei­gen. Tut sie aber nicht. Seit 1995 bleibt die Zahl gleich. Die Kas­sen gehen davon aus, dass Wahl­ärz­te nicht oder nur sehr ge­ring nötig sind und set­zen deren Ver­sor­gungs­wirk­sam­keit mit we­ni­gen Pro­zent eines Kas­sen­arz­tes an. Daher müsse für diese keine Aus­bil­dungs­ka­pa­zi­tät ge­schaf­fen wer­den.

Hier ist die Ärz­te­kam­mer üb­ri­gens im Di­lem­ma: Ei­ner­seits sol­len die Kas­sen­ku­chen­stü­cke nicht durch mehr Kas­sen­ärz­te klei­ner wer­den, an­de­rer­seits braucht es eben mehr Ärzte für das Pen­si­ons­sys­tem – lo­gi­scher und alt­be­kann­ter Schluss, den alle lie­ben: „MEHR GELD!“

Und dann gibt es, wie üb­lich, noch die Län­der im Spiel. Die sind, neben den oben er­wähn­ten Wün­schen rund um den Aus­bau der Uni­ver­si­tä­ten, in­ter­es­siert, dass genug Jung­ärz­te als bil­lig Ar­bei­ter zur Ver­fü­gung ste­hen. Die Unis müs­sen jähr­lich mehr als 1.100 Ab­sol­ven­ten für den „ös­ter­rei­chi­schen Markt“ lie­fern, damit Tur­nus­ärz­te nicht auf die Idee kom­men, sie könn­ten ihre Si­tua­ti­on (mehr Aus­bil­dung und we­ni­ger Schreib- und nicht­ärzt­li­che Rou­ti­ne­ar­beit) durch eine stär­ke­re Ver­hand­lungs­po­si­ti­on ver­bes­sern.

Und so ver­han­deln die staat­li­chen Lob­by­is­ten um die Wahl­ärz­te, denn dort ist der Hebel, wie man jede ge­wünsch­te Zahl er­rei­chen kann. Und, das kann ich heute schon sagen, wer­den diese, un­ab­hän­gig der Rea­li­tät, genau so be­wer­tet wer­den, dass mög­lichst alle In­ter­es­sen be­frie­det wer­den. Nur halt nicht die der­je­ni­gen, die nicht mit­ver­han­deln durf­ten.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im Au­gust 2011 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Wir brauchen mehr Medizin-Universitäten

Wenn Jung­me­di­zi­ner wegen schlech­ter Ar­beits- und Aus­bil­dungs­be­din­gun­gen ins Aus­land gehen, dann pro­du­zie­ren wir halt mehr! Pro­blem ge­löst!

Petra S. ist al­lein­er­zie­hen­de Mut­ter eines Drei­jäh­ri­gen und seit einem Jahr in einem Wie­ner Spi­tal in der Aus­bil­dung zur Ärz­tin für All­ge­mein­me­di­zin, auch Tur­nus ge­nannt. Aus­bil­dung ist al­ler­dings zu viel ge­sagt, denn ihre Haupt­auf­ga­ben sind nach wie vor Blut ab­neh­men, In­fu­sio­nen an­hän­gen und Pa­pier­kram er­le­di­gen. Die Hälf­te ihrer Ar­beits­zeit, die bis zu 80 Wo­chen-Stun­den aus­macht, wird sie alles an­de­re als aus­ge­bil­det. Aus­ge­nützt trifft es eher.

Auf die Tat­sa­che, dass sie al­lein­er­zie­hend ist, wird keine Rück­sicht ge­nom­men. Eine Teil­zeit­aus­bil­dung, in man­chem Bun­des­land mög­lich, gibt es beim Wie­ner Kran­ken­an­stal­ten­ver­bund, im­mer­hin der größ­te Aus­bild­ner Ös­ter­reichs, nicht. Apro­pos Teil­zeit­tur­nus: bis zu 40 Wo­chen-Stun­den (Teil­zeit?) bei nur einem Drit­tel des Ge­halts einer Voll­zeit­kraft – ver­die­nen kann man nur mit Nacht­diens­ten, die aber bei Teil­zeit sel­te­ner sind.

Petra S. hatte letz­ten Sams­tag Dienst, 24 Stun­den am Stück. Da ihre Kol­le­gin (auch Mut­ter), die sie am Sonn­tag ab­lö­sen hätte sol­len, akut er­krankt war, und Petra S. kurz­fris­tig kei­nen Er­satz für die er­krank­te Kol­le­gin fin­den konn­te (ja, auch das ist Auf­ga­be der Tur­nus­ärz­te!), muss­te sie bis Mon­tag blei­ben.

Als sie dann nach 48 Stun­den Dienst, von denen sie ins­ge­samt sechs Stun­den ge­ruht hatte, nach Hause kam, den Ba­by­sit­ter mit dem ge­ra­de ver­dien­ten Geld be­zahlt hatte und vor dem Ab­ho­len ihres Soh­nes vom Kin­der­gar­ten noch ein biss­chen Nach­rich­ten lesen woll­te, er­fuhr sie auf orf.​at, dass Ge­sund­heits­mi­nis­ter Alois Stö­ger die Le­bens- und Ar­beits­be­din­gun­gen von Ärz­ten in Ös­ter­reich für gut be­fin­det. Und lach­te schal­lend.

Lang­sam aber si­cher, fin­den Spi­tä­ler immer schwie­ri­ger Tur­nus­ärz­te und auch fer­tig aus­ge­bil­de­te Ärzte wol­len immer sel­te­ner im öf­fent­li­chen Sys­tem blei­ben. Ein Ärz­te­man­gel wird dia­gnos­ti­ziert. Und der soll sich ver­schlim­mern, zum Bei­spiel wegen einer Pen­sio­nie­rungs­wel­le. Ein wei­te­rer Grund ist die zu­neh­men­de Ver­weib­li­chung der Me­di­zin. Viele Ärz­tin­nen (zwei Drit­tel aller Tur­nus­ärz­te) keh­ren noch wäh­rend ihrer Aus­bil­dung auf­grund der schlech­ten Ver­ein­bar­keit von Fa­mi­lie und Beruf der Me­di­zin für immer den Rü­cken.

Und, da nicht nur die Ar­beits- son­dern auch die Aus­bil­dungs­be­din­gun­gen schlecht sind, sind immer mehr Uni-Ab­sol­ven­ten be­reit, ins Aus­land zu gehen. Auch wenn dort si­cher nicht Milch und Honig flie­ßen, wer­den Jung­ärz­te deut­lich we­ni­ger für aus­bil­dungs­ir­re­le­van­te Tä­tig­kei­ten her­an­ge­zo­gen und die Aus­bil­dung ist ver­gli­chen mit hier in der hal­ben Zeit ab­sol­viert.

Sind nun mehr Stu­di­en­plät­ze die Lö­sung? Na­tür­lich! Je mehr Ab­sol­ven­ten, desto mehr drän­gen auf den Ar­beits­markt. Und wenn dann ei­ni­ge Jung­me­di­zi­ner nicht be­reit sind, sich ver­skla­ven zu las­sen und ins Aus­land de­ser­tie­ren, blei­ben doch genug übrig, die ihre Hei­mat nicht ver­las­sen und sich ein ös­ter­rei­chi­sches Ärz­te­l­eben antun. Und die sind dann, wie auch schon in der Ver­gan­gen­heit, glück­lich, wenn sie einen Job haben und las­sen sich wei­ter aus­pres­sen wie Zi­tro­nen. Sie wer­den wei­ter­hin Blut­ab­neh­men und In­fu­sio­nen an­hän­gen, ob­wohl das, wie in an­de­ren Län­dern auch, Auf­ga­ben an­de­rer Be­rufs­grup­pen, sein soll­ten. Sie wer­den es sich auch ge­fal­len las­sen, wenn trotz stei­gen­der Ar­beits­be­las­tung beim ärzt­li­chen Per­so­nal ge­spart wird, ohne de­le­gier­ba­re Ar­beit an nicht-ärzt­li­ches Per­so­nal um­zu­schich­ten.

Und es wird wei­ter al­lein­er­zie­hen­de Müt­ter geben, die 48 Stun­den am Stück ar­bei­ten – und das ganz frei­wil­lig. Wenn Jung­me­di­zi­ner wegen schlech­ter Ar­beits- und Aus­bil­dungs­be­din­gun­gen ins Aus­land gehen, dann pro­du­zie­ren wir halt mehr! Pro­blem ge­löst!

Die­ser Ar­ti­kel wurde im Fe­bru­ar 2011 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Turnusärzte – das Leiden geht weiter!

Ein dro­hen­der Ärz­te­man­gel ist ein her­vor­ra­gen­des Thema um In­ter­es­sen durch­zu­set­zen – hof­fent­lich fal­len nicht alle dar­auf rein.

Die Lin­zer wün­schen sich drin­gend eine ei­ge­ne Med-Uni, denn ein Ärz­te­man­gel droht, der nur mit einer sol­chen zu be­he­ben ist. Und an­hand ei­ni­ger In­di­ka­to­ren meint man den Man­gel zu sehen. Kas­sen­stel­len sind immer schwe­rer nach­zu­be­set­zen und selbst in Spi­tä­lern wird es schwe­rer, Ärzte zu fin­den – vor allem in klei­nen Land­spi­tä­lern. Alles deu­tet auf eine Man­gel hin, der grö­ßer wer­den soll, weil eine Pen­sio­nie­rungs­wel­le durch den Kas­sen­be­reich gehen wird. Doch ist der Man­gel real?

Be­gin­nen wir mit den OECD-Zah­len. Dort lie­gen wir, was die Zahl der Ärzte be­trifft, an sechs­ter Stel­le (von 31) und haben sie­ben Pro­zent mehr (!) Ärzte als Deutsch­land, das Man­gel­er­schei­nun­gen hat. Ge­nau­er ge­schaut, rech­nen die Deut­schen (OECD-kon­form) auch ihre Ärzte in Aus­bil­dung mit, die wir weg­las­sen. Zählt man die dazu, haben wir 30 (!) Pro­zent mehr Ärzte als die Deut­schen – und trotz­dem einen Man­gel?

Na­tür­lich nicht, im Ge­gen­teil, eine Schwem­me. Nur: Un­se­re Ärzte wol­len immer we­ni­ger im Sys­tem ar­bei­ten und su­chen (frei­wil­lig?), sich au­ßer­halb zu ver­wirk­li­chen – als Wahl­ärz­te!

Bei den Haus­ärz­ten drohe der größ­te Man­gel, sagt man. Und das stimmt, aber nicht weil wir zu we­ni­ge Ärzte haben. Dass sich Tur­nus­ärz­te am Ende der heu­ti­gen Aus­bil­dung nicht trau­en, Kas­sen­haus­ärz­te zu wer­den, ist ver­ständ­lich. Über­all hat man er­kannt, dass der Haus­arzt als Fach­arzt aus­ge­bil­det wer­den muss; es reicht kei­nes­falls, ihn im Spi­tal Blut ab­neh­men und Sprit­zen geben zu las­sen. Doch gibt es hier­zu­lan­de so einen Fach­arzt? Nein. Glaubt man Ge­rüch­ten, dann ist sogar die Ar­beits­grup­pe, die seit Jah­ren tagt um die­sen ein­zu­füh­ren, ver­tagt. Und warum? Weil die Län­der bil­li­ge Tur­nus­ärz­te brau­chen, um die vie­len un­nö­ti­gen Spi­tä­ler be­trei­ben zu kön­nen. Wür­den Tur­nus­ärz­te zum Fach­arzt aus­ge­bil­det, dann gäbe es viel we­ni­ger als heute. Die Län­der wären ge­zwun­gen, Ärzte zu hö­he­ren Ge­häl­tern fix auf­zu­neh­men – was sie sich nicht leis­ten wol­len.

Kom­men wir zu Pen­sio­nie­rungs­wel­le. Seit 1995 ist die Zahl der Kas­sen­ärz­te (ob­wohl die Ar­beit mehr wurde) gleich ge­blie­ben. Und weil davor die Zahl ge­stie­gen ist, kommt es jetzt zu einer schein­bar man­gel­trei­ben­den Pen­sio­nie­rungs­wel­le. Da aber in der glei­chen Zeit kon­ti­nu­ier­lich etwa 900 Ärzte jähr­lich zu ar­bei­ten be­gon­nen haben, gibt es ge­nü­gend Ärzte –

nur eben nicht Kas­sen­ärz­te, weil es keine Stel­len gab. Und so ste­hen den etwa 8.000 Kas­sen­stel­len ak­tu­ell 10.000 Wahl­ärz­te ge­gen­über, die, wenn es at­trak­tiv genug wäre, auch wie­der ins Kas­sen­sys­tem zu­rück­keh­ren.

Also warum wird der Ärz­te­man­gel be­schwo­ren?

Da sind ei­ner­seits die Ärz­te­kam­mer und deren ei­ge­nes Pen­si­ons­sys­tem. Ana­log dem öf­fent­li­chen wurde es auf einem Ge­ne­ra­tio­nen­ver­trag er­rich­tet, das nur funk­tio­niert, wenn die „Al­ters­py­ra­mi­de“ eine Py­ra­mi­de bleibt, also immer mehr Ärzte hin­ten nach­kom­men – bis quasi alle Ös­ter­rei­cher Ärzte sind. Pas­siert das nicht, dann wird es schmerz­haf­te Ein­schnit­te bei den Ärz­te-Pen­sio­nen geben müs­sen – das gilt es zu ver­hin­dern.

Die zwei­te In­ter­es­sens­la­ge be­trifft die nun auf­tre­ten­den Fi­nan­zie­rungs­schwie­rig­kei­ten in Ober­ös­ter­reich. Die (rote) Stadt Linz braucht Geld, um ihr Pres­ti­ge-Spi­tal zu fi­nan­zie­ren. Das (schwar­ze) Land will die­ses Geld nicht her­ge­ben. Ergo braucht es neue Quel­len – den Bund. Hätte näm­lich Linz eine Med-Uni, dann müss­te der Bund die Spi­tä­ler mit­fi­nan­zie­ren – und das Pro­blem wäre ge­löst!

An die Tur­nus­ärz­te und deren Zu­kunft denkt dabei kei­ner.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im März 2010 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Sechs Stunden Wartezimmer

Ärz­te­man­gel, zu wenig Geld, Neo­li­be­ra­le – alles ist Schuld am fort­schrei­ten­den Ver­sa­gen des Ge­sund­heits­sys­tems, aber nicht Struk­tur und Po­li­tik! Oder?

Es ist 10:30 Uhr, und er sitzt seit zwei­ein­halb Stun­den im War­te­zim­mer. In der Früh ist er auf­ge­wacht und hat, zu dem seit einer Woche be­ste­hen­den Hus­ten, 39 Grad Fie­ber be­kom­men.

Als er end­lich dran­kommt, hat der Arzt vier Mi­nu­ten Zeit. Die­ser hört ihn ab, ver­schreibt ihm An­ti­bio­ti­ka und über­weist ihn zur Si­cher­heit an den Ra­dio­lo­gen.

Adres­se samt La­ge­plan des nächs­ten Rönt­gen­in­sti­tuts – ei­gent­lich ein net­ter Ser­vice – hat ihm die Sprech­stun­den­hil­fe mit Re­zept und Über­wei­sung in die Hand ge­drückt.

Beim Ra­dio­lo­gen kommt er über­ra­schend schnell dran. Nur zwan­zig Mi­nu­ten nach sei­nem Ein­tref­fen ist das Rönt­gen fer­tig. Al­ler­dings war­tet er dann ein­ein­halb Stun­den auf den Be­fund. Es ist jetzt 14:30 und er ruft beim Haus­arzt an, ob er noch vor­bei kom­men könne. „Nein, heute nicht mehr. Kom­men Sie gleich mor­gen Früh.“

Um 8:00 ist er dort. Als er dran­kommt, ist es 9:45 Uhr. Der Arzt schaut auf das Rönt­gen und sagt, dass die An­ti­bio­ti­ka schon gut sind, al­ler­dings ge­fal­le ihm das Bild nicht rich­tig und über­weist ihn ohne wei­te­ren Kom­men­tar an einen Lun­gen­fach­arzt. Um 9:50 ver­lässt er die Pra­xis mit einer neuen Über­wei­sung.

Zu­hau­se an­ge­kom­men, ver­sucht er einen Ter­min zu krie­gen. Die bei­den ers­ten Lun­gen­fach­ärz­te, die er an­ruft, tei­len mit, dass sie keine Kas­sen­pa­ti­en­ten mehr neh­men kön­nen. Erst beim drit­ten er­hält er einen Ter­min – in drei Wo­chen! Das nächs­te Mal, so be­schließt er, fährt er gleich in Kran­ken­haus; da muss man we­ni­ger war­ten, nicht her­um­fah­ren und hat seine Dia­gno­se si­cher in­ner­halb von einem Tag!

Was ist denn da los? Wenn man als Pa­ti­ent nach zweit Tagen und 6 Stun­den War­te­zim­mer noch immer seine Dia­gno­se nicht hat, je­den­falls ein Or­ga­ni­sa­ti­ons­pro­blem. Aber es könn­te auch ein Ärz­te­man­gel vor­lie­gen, wenn man die War­te­zei­ten an­sieht. Doch ist das so?

Be­trach­tet man die of­fi­zi­el­len Zah­len der OECD, dann haben wir mit 3,7 Ärzte (ohne Zahn­ärz­te) pro 1.000 Ein­woh­ner ei­gent­lich gar nicht so we­ni­ge Ärzte. Genau ge­nom­men sogar viele, da die meis­ten west­eu­ro­päi­schen Län­der we­ni­ger haben.

Von den etwa 29.000 fer­tig aus­ge­bil­de­ten Ärz­ten ar­bei­ten 12.000 im Kran­ken­haus. 17.000 sind nie­der­ge­las­se­ne Ärzte. Von letz­te­ren je­doch haben nur knapp 8.000 einen Kas­sen­ver­trag, der Rest sind meist Wahl­ärz­te. Neh­men wir an, 20 Pro­zent der Be­völ­ke­rung kann und will sich den Luxus eines Wahl­arz­tes leis­ten und rech­nen dann auf die Rest­be­völ­ke­rung nur Kas­sen- und Spi­tals­ärz­te. Plötz­lich haben wir nur mehr 3 Ärzte pro 1.000 Ein­woh­ner. Mit die­ser Zahl, lan­den wir auf den hin­ters­ten Rän­gen, knapp vor Groß­bri­tan­ni­en und Finn­land.

Und schon wird die Sache klar. Uns fehlt es nicht an Ärz­ten, son­dern an Kas­sen­ärz­ten. Noch kla­rer wird es, wenn wir be­mer­ken, dass die Zahl der Kas­sen­stel­len we­nigs­tens seit 1995 (so­weit rei­chen meine Zah­len zu­rück) un­ver­än­dert ist, gleich­zei­tig aber die de­mo­gra­phi­sche Ver­än­de­rung – Stich­wort Al­te­rung – immer mehr Ärzte er­for­dern würde.

Es ist also kein Wun­der, dass die Am­bu­lan­zen immer vol­ler wer­den und die Pa­ti­en­ten immer schwie­ri­ger einen Kas­sen­arzt­ter­min, ins­be­son­de­re beim Fach­arzt er­gat­tern kön­nen, ja sogar von Kas­sen­ärz­ten ab­ge­wie­sen wer­den, auch wenn letz­te­res mei­ner Mei­nung nach nicht kor­rekt ist.

Und statt sich mit sol­chen Fra­gen zu be­schäf­ti­gen, was er­le­ben wir tag­täg­lich? Die Fi­nan­zie­rung der Kas­sen muss ge­si­chert wer­den! Nein, Geld ist nicht das Pro­blem, es sind un­se­re über­kom­me­nen Struk­tu­ren – die al­ler­dings, will kei­ner an­grei­fen.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im Sep­tem­ber 2009 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.

Wer Köpfe zählt, der hat keine Ahnung

Nein, es müss­te kei­nen Ärz­te­man­gel geben, wenn ir­gend­wo ein sol­cher vor­kommt, dann hat das nicht mit der Zahl der Ärzte zu tun, son­dern mit Zy­nis­mus.

Was für ein Bild soll ein jun­ger Mensch haben, wenn er hört, dass wir in einen Ärz­te­man­gel hin­ein­schlit­tern? Soll er Me­di­zin stu­die­ren, weil da kri­sen­si­che­re Jobs win­ken?

Blei­ben wird bei den Fak­ten.

An­fang 2005 gab es 38.500 Ärzte, 2009 sind es schon 43.000. Also sind pro Jahr netto 900 Ärzte da­zu­ge­kom­men. In der glei­chen Zeit wur­den etwa 7.000 Ärzte mit dem Stu­di­um fer­tig. Zieht man die obi­gen 900 ab, haben 500 Ärzte pro Jahr ent­we­der das Land ver­las­sen oder aber frei wer­den­de Stel­len er­hal­ten. Keine Rede von Man­gel.

Von den 43.000 ar­bei­ten 13.000 in Spi­tä­lern, dazu kom­men noch 7.000 Tur­nus­ärz­te, die dar­auf hof­fen, spä­ter einen fixen Platz zu er­hal­ten. 10.000 Ärzte haben einen Kas­sen­ver­trag. Also ar­bei­ten 30.000 Ärzte im öf­fent­li­chen Sys­tem, dass we­nigs­tens 95 Pro­zent der Ös­ter­rei­cher ver­sorgt. Wo, fragt man sich, ar­bei­tet der Rest; denn 13.000 haben im öf­fent­li­chen Sys­tem kei­nen fixen Platz. Diese Ärzte ver­din­gen sich als Wahl­ärz­te, Ver­tre­tungs­ärz­te, sit­zen auf Ka­renz­stel­len oder fah­ren Not­arzt­diens­te. Kei­ner die­ser Jobs ist si­cher.

Warum soll plötz­lich ein Man­gel auf­tre­ten?

Ach ja, es wird ar­gu­men­tiert, dass dem­nächst so viele Ärzte in Pen­si­on gehen. Na­tür­lich, wenn man sich nur jene an­schaut, die im Sys­tem sind, kann man den Ein­druck haben. Aber wer schaut sich die 13.000 Ärzte an, die eben nicht im Sys­tem sind? Wie alt sind die? Aber selbst bei den „Sys­tem-Ärz­ten“ ist keine Ge­fahr in Ver­zug. Das Durch­schnitts­al­ter die­ser Ärzte hat sich in den ver­gan­gen fünf Jah­ren ge­ra­de ein­mal um neun Mo­na­te er­höht. Und eine se­riö­se Be­rech­nung hat er­ge­ben, dass bis 2025 etwa 750 Ärzte pro Jahr in Pen­si­on gehen wer­den. Bis 2011 wer­den aber pro Jahr 1.600 Stu­den­ten fer­tig. Dann erst wer­den die Ab­sol­ven­ten sin­ken – auf min­des­tens 1.1150, von denen we­nigs­tens 850 aus Ös­ter­reich kom­men. Also selbst dann ist kein Man­gel zu sehen. Bis zu dem Zeit­punkt ist die Zahl derer, die im Sys­tem nicht un­ter­kom­men auf ge­schätz­te 16.000 an­ge­schwol­len. Wol­len wir auf diese ein­fach ver­zich­ten?

Noch ein As­pekt soll­te ein­be­zo­gen wer­den. Es gibt – was nicht be­deu­tet, dass es gut ist, nur dass es geht! – Ge­sund­heits­sys­te­me, die für die Ver­sor­gung von acht Mio. Ein­woh­nern mit we­ni­ger als 20.000 Ärz­ten aus­kom­men. Was pas­siert, wenn das Geld knap­per wird und wir uns aus Kos­ten­grün­den dort­hin ent­wi­ckeln? Wer­den dann noch mehr Ärzte im „Nichts“ ver­schwin­den?

Nichts desto trotz gibt es zu­neh­mend Man­gel­er­schei­nun­gen. Es wird immer schwie­ri­ger ge­ra­de in der Pe­ri­phe­rie Ärzte zu fin­den, die be­reit sind, für wenig Geld viel zu ar­bei­ten. Zudem ist der An­teil der Frau­en unter den Ärz­ten unter 35 Jah­ren be­reits fast 70 Pro­zent. Die­sen Frau­en ma­chen wir im Sys­tem kein An­ge­bot, Fa­mi­lie und Beruf zu ver­ein­ba­ren.

Kann man sol­che Man­gel­er­schei­nun­gen mit noch mehr Uni-Ab­sol­ven­ten lösen?

Na­tür­lich nicht. Ob Ab­sol­ven­ten, aus­län­di­sche wie in­län­di­sche, hier ar­bei­ten wol­len, hängt davon ab, wel­che Vi­si­on sie in Ös­ter­reich haben. Und da schei­tert das Sys­tem furcht­bar. Um diese Män­gel zu be­he­ben müs­sen wir über An­reiz­sys­te­me und Per­spek­ti­ven reden – nicht über noch mehr Stu­den­ten.

PS: Bei der in Linz ge­for­der­ten Uni­ver­si­tät dürf­te es wohl eher darum gehen, für die Spi­tä­ler neue Geld­quel­len zu er­schlie­ßen (bei Uni-Spi­tä­lern muss der Bund mit­zah­len) und/oder den vie­len un­ech­ten Pro­fes­so­ren, die dort ar­bei­ten, end­lich die Chan­ce zu geben, „Rich­ti­ge“ zu wer­den. Um Pa­ti­en­ten geht es mei­ner Mei­nung nicht.

Die­ser Ar­ti­kel wurde im April 2009 in ähn­li­cher Form in der Wie­ner Zei­tung ver­öf­fent­licht.