Wie im falschen Film – OÖ Ärztekammer über „geheime Gesundheitsreform“ Oktober 2012

Die Oberösterreichische Ärztekammer „informierte“ ihre Ärzte letzte Woche via Rundschreiben über die Gesundheitsreform, und das klingt so

Auszüge (Literatur beim Rezeptblog) :

„… worum es der Politik mit der geplanten Gesundheitsreform wirklich geht: Um massive Einsparungen auf dem Rücken der Patienten, um exorbitante Kostensenkungen auf dem Rücken der Ärzte und um eine zentrale Steuerung des Gesamtsystems durch anonyme Gesundheitsbürokraten unter Ausschaltung der bisherigen Gesundheitssystempartner. Kurz: es geht um die totale Verstaatlichung des Gesundheitssystems ohne Rücksicht auf Verluste.“ […]

„Gerade auch die bisherige Geheimhaltung der Pläne sowie die Geschwindigkeit, die die ansonsten träge Politik und Staatsverwaltung bei der gesetzlichen Umsetzung dieser Maßnahmen an den Tag legt (Anm. Termin steht seit 2007 fest und sogar im Regierungsprogramm), zeigt klar auf, dass hier auch die Überrumpelung der Patienten aber auch der Leistungserbringer im Gesundheitswesen versucht wird. Bevor Widerstand organisierbar ist, soll bereits alles über die Bühne sein. Es gilt daher, jetzt aufzustehen und ein klares und deutliches Signal zu setzen, dass sich die Ärzte und die ärztliche Standesvertretung nicht überrumpeln lassen, [..]. Wir wollen und werden daher mit allen uns zur Verfügung stehenden Mittel, die Bevölkerung auf die bisher geheim gehaltenen Pläne und Maßnahmen aufmerksam machen, wir werden die damit verbundenen negativen Konsequenzen […] in aller Deutlichkeit in der Öffentlichkeit publik machen. […] Wir werden die Verstaatlichung und Verbürokratisierung des Gesundheitswesens auf allen Ebenen bekämpfen. Und wir lassen uns als Ärzteschaft nicht unserer Mitspracherechte bei der Gestaltung des Gesundheitssystems berauben.“ [..]

„Um diese Ziele zu erreichen, ist jedoch Widerstand, rasch, gezielt und unter vollem Einsatz aller Oö. Ärztinnen und Ärzte notwendig. Wir brauchen daher jeden einzelnen Arzt, um mit voller Kraft gegenüber der Gesundheitspolitik auftreten zu können. Denn jetzt geht es ums Ganze, […] … wenn notwendig, werden wir auch vor Kampfmaßnahmen nicht zurückschrecken […].“

Danach interpretiert die Ärztekammer detailliert die „wichtigsten und einschneidendsten“ Reformvorschläge – da ich diese auch kenne, will ich festhalten, diese Interpretationen sind nicht nachvollziehbar. Aber, es geht ja wohl eher um Agitation, denn um Information, was man auch aus solchen Aussagen schließen kann:

„Nach dem Willen der sog. „Gesundheitsreformer“ sollen alle wesentlichen Entscheidungen im Gesundheitswesen von der „Zentrale Wien“ aus gesteuert werden. […] „D.h. nicht der Patient, nicht der ärztliche Sachverstand und auch nicht medizinische Notwendigkeiten entscheiden über die Leistungserbringung, sondern nichtärztliche Bürokraten am grünen Tisch in Wien.“

Na bumm! man möchte meinen, ein paar totalitäre Wiener wollen eine Diktatur errichten und die Ärztekammer der Rettungsanker der Demokratie ist.

Was kann man daraus lernen:

(1) es ist in einer Demokratie blöd, Gesundheitsreformen hinter verschlossenen Türe vorzubereiten

(2) es ist noch blöder, die Interpretationshoheit „geheimer Gesundheitsreformen“ der Ärztekammer zu überlassen.

Artur – ein gesundheitspolitischer Ritter

Der 8. Juli 2012 hätte das Zeug in die gesundheitspolitische Geschichte einzugehen. Es war der Tag, als den neue Ärztekammerpräsident Artur Wechselberger so richtig Gas gab.

So meinte er in einem APA-Interview: „Wenn man im österreichischen Gesundheitssystem weiterkommen will, dann müsste man den Ländern die Krankenhäuser wegnehmen“ und: „Es kann nicht sein, dass die Länder gleichzeitig Gesetzgeber, Spitalsträger und Leistungsanbieter sind und dann auch noch am Finanzierungstopf sitzen.“

Mit solchen Aussagen macht man sich für Länder zum Paria, auch oder besonders, wenn man Ärztekammerpräsident ist. Aber der neue Präsident rüttelt auch an einem weiteren Dogma der österreichischen Gesundheitspolitik, der Pflichtversicherung. Die würde er gerne abgeschafft sehen, und den Bürgern Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Kassen geben – Und mit der Aussage mögen ihn die Sozialpartner auch nicht mehr.

Nun, die Kassen haben nicht reagiert, müssen auch nicht, weil sie wissen, dass sie dank der Verfassung niemand abschaffen / ändern / abwählen kann. Reagiert haben aber einige Länder – abschlägig, wie zu erwarten. Beispielsweise meint der Oberösterreichische Landeshauptmann: „Wir werden die Debatte [Anm.: gemeint ist die Gesundheitsreformdebatte – welche? Ich dachte, die Reform wurde von sechs Personen geheim verhandelt] sicher nicht wieder von vorne beginnen“.

Präsident Wechselberger, und da schließe ich mich an, hält übrigens die beschlossene Gesundheitsreform nur für „das übliche Gerangel um Geld und Geldflüsse“, wenn über eine neue 15a-Vereinbarung gestritten wird. Und ihn wie auch mich erinnern die vereinbarten virtuellen Budgets zur Steuerung des Systems an „Luftschlösser“.

Wie dem auch sei, ursprünglich dachte ich, der kämmerliche Vorschlag ist goldrichtig: echter Wettbewerb zwischen Kassen, und nicht nur als Pseudo- Argument für das Weiterbestehen von 21 Krankenkassen und 16 Krankenfürsorgeanstalten, die sich, dank Pflichtsystem nie um ihre Existenz fürchten müssen. Echter Wettbewerb wäre für viele ein kurativer Schlag!

Und dann die Entflechtung der Mehrfachkompetenzen der Länder, die sich als Gesetzgeber, Spitalsträger, Leistungsanbieter (samt Qualitätskontrolle) und Finanzier ohnehin schon in einem ständigen, schweren, inneren Interessenskonflikt befinden; gepaart mit dem Wunsch der Herrschenden nach Wiederwahl, kann so was ja fast nur pathologisch enden!

In einer zweiten Reaktion allerdings reflektierte ich die ebenfalls geforderte Stärkung der Sozialversicherung, bei gleichzeitiger Schwächung der Länder.

Genau betrachtet, recht viel besser haben die Kassen ja auch nicht gearbeitet. Anderenfalls hätten wir ein echtes Hausarztsystem, Gruppen-, statt Einzelpraxen, und das Honorarsystem der Ärzte wäre ein Steuerungsinstrument und kein gemauscheltes Geldverteilungssystem.

Dazu kommt aber noch, dass Kassen im Gegensatz zu den Ländern ein Legitimtätsproblem haben – denn Pflichtkassen, deren politische Führungen indirekt in Pflichtkammer-Wahlen mit niedriger Wahlbeteiligung gewählt“ werden, sind NICHT demokratisch legitimiert! Auch wenn das manche nicht hören wollen. Andererseits wird auch die Lockerung des Pflichtsystems vorgeschlagen, damit könnte dieses demokratische Manko kompensiert werden, sofern der angestrebte Wettbewerb wirklich auf den Boden kommt und nicht über den Hauptverband und irgendwelche Rettungs- und Zusammenarbeitsfonds abgefangen wird.

Aber all diese Gedanken habe ich in dem Augenblick vergessen, als ich die Reaktion der Länder las.

Da meint etwa Gesundheitsreferent J. Pühringer: „Ich lade den Herrn Präsidenten aber herzlich nach Oberösterreich ein, damit er sich erstens die exzellente Spitalslandschaft und zweitens die gelungene Spitalsreform anschauen kann.“ Deutlicher sein Vorarlberger Kollege Landesrat Ch. Bernhard: „Unsere Spitäler bleiben da, wo sie sind: nämlich bei uns“, weil nämlich jede Schwächung der Länder massive Nachteile für die Patienten hätte. Und aus Tirol erklärt gleich Landeshauptmann Platter im Namen aller Länder (er ist nämlich Vorsitzender der rechtlich völlig unbekannten Landeshauptleitekonferenz, die aber real mehr Macht hat, als jede verfassungsrechtlich festgelegte politische Institution): Man werde es jedenfalls „niemals zulassen“, dass der Bund vorschreibe, wo es in einem Bundesland ein Spital geben soll und wo nicht.

Damit war mir klar um was es geht: Es sind die gnädigen Länder mit ihren segensreichen Spitälern, die zwischen uns und unserem sicheren Tod stehen – und dankbar sollten wir sein, dass wir sooft drinnen liegen dürfen, in den ländlichen Spitäler. Das zu kritisieren oder ändern zu wollen, das kann nur böse sein.

Ärztekammer auf echtem Reformkurs?

Der 8. Juli 2012 hätte das Zeug in die gesundheitspolitische Geschichte einzugehen. Es war der Tag, als den neue Ärztekammerpräsident Artur Wechselberger so richtig Gas gab.

 So meinte er in einem APA-Interview: „Wenn man im österreichischen Gesundheitssystem weiterkommen will, dann müsste man den Ländern die Krankenhäuser wegnehmen“ und: „Es kann nicht sein, dass die Länder gleichzeitig Gesetzgeber, Spitalsträger und Leistungsanbieter sind und dann auch noch am Finanzierungstopf sitzen.“

Mit solchen Aussagen macht man sich für Länder zum Paria, auch oder besonders, wenn man Ärztekammerpräsident ist. Aber der neue Präsident rüttelt auch an einem weiteren Dogma der österreichischen Gesundheitspolitik, der Pflichtversicherung. Die würde er gerne abgeschafft sehen, und den Bürgern Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Kassen geben – Und mit der Aussage mögen ihn die Sozialpartner auch nicht mehr.

Nun, die Kassen haben nicht reagiert, müssen auch nicht, weil sie wissen, dass dank der Verfassung niemand sie abschaffen/ändern kann. Reagiert haben aber einige Länder – abschlägig, wie zu erwarten. Beispielsweise meint der Oberösterreichische Landeshauptmann: „Wir werden die Debatte [Anm.: gemeint ist die Gesundheitsreformdebatte – welche? Ich dachte, die Reform wurde von sechs Personen geheim verhandelt] sicher nicht wieder von vorne beginnen“.

Präsident Wechselberger, und da schließe ich mich an, hält übrigens die beschlossene Gesundheitsreform nur für „das übliche Gerangel um Geld und Geldflüsse“, wenn über eine neue 15a-Vereinbarung gestritten wird. Und ihn wie auch mich erinnern die vereinbarten virtuellen Budgets zur Steuerung des Systems an „Luftschlösser“.

Wie dem auch sei, ursprünglich dachte ich, der kämmerliche Vorschlag ist goldrichtig: echter Wettbewerb zwischen Kassen, und nicht nur als Pseudo- Argument für das Weiterbestehen von 21 Krankenkassen und 16 Krankenfürsorgeanstalten, die sich, dank Pflichtsystem nie um ihre Existenz fürchten müssen. Echter Wettbewerb wäre für viele ein kurativer Schlag!

Und dann die Entflechtung der Mehrfachkompetenzen der Länder, die sich als Gesetzgeber, Spitalsträger, Leistungsanbieter (samt Qualitätskontrolle) und Finanzier ohnehin schon in einem ständigen, schweren, inneren Interessenskonflikt befinden; gepaart mit dem Wunsch der Herrschenden nach Wiederwahl, kann so was ja fast nur pathologisch enden!

In einer zweiten Reaktion allerdings reflektierte ich die ebenfalls geforderte Stärkung der Sozialversicherung, bei gleichzeitiger Schwächung der Länder.

Genau betrachtet, recht viel besser haben die Kassen ja auch nicht gearbeitet. Anderenfalls hätten wir ein echtes Hausarztsystem, Gruppen-, statt Einzelpraxen, und das Honorarsystem der Ärzte wäre ein Steuerungsinstrument und kein gemauscheltes Geldverteilungssystem.

Dazu kommt aber noch, dass Kassen im Gegensatz zu den Ländern ein Legitimtätsproblem haben – denn Pflichtkassen, deren politische Führungen indirekt in Pflichtkammer-Wahlen mit niedriger Wahlbeteiligung gewählt“ werden, sind NICHT demokratisch legitimiert! Auch wenn das manche nicht hören wollen. Andererseits wird auch die Lockerung des Pflichtsystems vorgeschlagen, damit könnte dieses demokratische Manko kompensiert werden, sofern der angestrebte Wettbewerb wirklich auf den Boden kommt und nicht über den Hauptverband und irgendwelche Rettungs- und Zusammenarbeitsfonds abgefangen wird.

Aber all diese Gedanken habe ich in dem Augenblick vergessen, als ich die Reaktion der Länder las.

Da meint etwa Gesundheitsreferent J. Pühringer: „Ich lade den Herrn Präsidenten aber herzlich nach Oberösterreich ein, damit er sich erstens die exzellente Spitalslandschaft und zweitens die gelungene Spitalsreform anschauen kann.“ Deutlicher sein Vorarlberger Kollege Landesrat Ch. Bernhard: „Unsere Spitäler bleiben da, wo sie sind: nämlich bei uns“, weil nämlich jede Schwächung der Länder massive Nachteile für die Patienten hätte. Und aus Tirol erklärt gleich Landeshauptmann Platter im Namen aller Länder (er ist nämlich Vorsitzender der rechtlich völlig unbekannten Landeshauptleitekonferenz, die aber real mehr Macht hat, als jede verfassungsrechtlich festgelegte politische Institution): Man werde es jedenfalls „niemals zulassen“, dass der Bund vorschreibe, wo es in einem Bundesland ein Spital geben soll und wo nicht.

Damit war mir klar um was es geht: Es sind die gnädigen Länder mit ihren segensreichen Spitälern, die zwischen uns und unserem sicheren Tod stehen – und dankbar sollten wir sein, dass wir sooft drinnen liegen dürfen, in den ländlichen Spitäler. Das zu kritisieren oder ändern zu wollen, das kann nur böse sein.

Die E-Medikation als machtpolitischer Prüfstein

Die E-Medikation hat wieder einmal zu einer recht heftigen medialen Reaktion geführt.

Alle Medien haben berichtet, teils sachlich, teils auch meinungsbildend. Für die Öffentlichkeit weitgehend unsichtbar, gab es eine regelrechte OTS-Schlacht (OTS = Originaltextservice; bezahlte Kurznachrichten in der Austria-Presseagentur).

Aufhänger war die „Evaluierung“ des neun Monate dauernden E-Medikation-Pilotprojekts durch wissenschaftliche Experten.

Die Fronten der Medienschlacht, wie bei jedem anderen gesundheitspolitischen Thema, waren die gleichen! Für die Einführung der E-Medikation waren alle, außer der Ärztekammer! Soweit, so normal!

In den Medien, vor allem jenen, die gerne auch Meinung machen wollen, wurde vor allem die Dringlichkeit der Einführung betont (mit dem Leichentuch gefuchtelt); vermutlich, weil der E-Medikationschef V. Schörghofer schätzt, dass man hochgerechnet auf bis zu 100.000 gesundheitsgefährdende Medikamentenwechselwirkungen komme, die durch die Einführung der E-Medikation verhindert werden können, und der Apothekerkammerchef H. Burggasser nachsetzt, in dem er meint, es sei  „einfach lebensgefährlich, wenn man damit wartet“.

Kaum jemand hat sich bei solchen Aussagen angeschaut, was denn bei dieser Studie  wirklich untersucht wurde.

Im Evaluierungszeitraum, teilt man uns mit, haben 5.431 Patienten, sowie 41 Hausärzte, 31 Fachärzte, 50 Apotheken, und 4 Krankenanstalten aktiv teilgenommen. Was aber nicht gesagt wird, dass im gleichen Zeitraum Österreichweit  mindestens 4,5 Millionen Patienten, von 3.500 Hausärzten, 4.000 Fachärzten, 1.000 Apotheken und ca. 170 Akutkrankenanstalten versorgt wurden!

Also eigentlich ist so eine kleine Studie kaum geeignet um generelle Aussage, oder gar Hochrechnungen zu machen (Anm.: den Studienautoren sind die Limitierungen der Studie sehr wohl bekannt, was aber die „Politiker“ nicht stört, darin klare Evidenzen zu sehen und laut hinauszuposaunen).

Aber, wahrscheinlich geht es, wie üblich, nicht um Sach-, sondern Machtpolitik.

Neben den klingenden Zahlen, sind es vor allem die Meinungsumfragen mehrerer Unternehmen, die zeigen, dass die Bevölkerung die E-Medikation will. Und dass wiederum bedeutet, dass die Ärztekammer zunehmend an glaubhaftem Einfluss verliert.

Bisher galt, dass keiner sich mit ihr anlegen darf, weil über die Kassenärzte sechs Millionen Österreicher bis zu 110 Millionen Mal (so viele E-Card-Kontakte gibt es jährlich!) beeinflusst werden können. Keine auch noch so gut konzipierte Medienkampagne hat eine solche Reichweite– meinte man.

Und was passiert hier?

Immerhin hat sich die Ärztekammer auf die Fahnen geschrieben, E-Medikation und ELGA zu verhindern. Sie tut auch alles, um die Stimmung aufzuheizen – doch, es wirkt offenbar nicht mehr. Die Patienten wollen trotzdem die E-Medikation. Sie hören einfach nicht mehr auf ihre Ärzte (oder, glaubt man der GfK-Umfrage, die Ärzte auf ihre Kammer?).

Und genau hier haken jene Politiker ein, die ein Interesse daran haben, die Ärztekammer zu entmachten und prüfen mit solchen Themen, deren reale Macht.

Selber Schuld, würde ich meinen. Denn so ist das halt, wenn jedes sachliche Thema zur Ideologiefrage stilisiert wird. Da darf man sich dann nicht wundern, wenn eben der politische Machtkampf zu einer Win-Lose-Situation führt und man selbst zum Loser wird.

Ein politischer Deal auf Kosten der Jungärzte?

„SpitalsärztInnen: Plus 12 Millionen Euro jährlich“ steht dick und fett auf dem Titelbild der „OÖÄrzte“, dem Magazin der OÖ- Ärztekammer  . In seinem Vorwort plaudert der amtierende Kammerpräsident Dr. Niedermoser aus dem Nähkästchen: „Glauben Sie mir die Verhandlungen zwischen LH Dr. Josef Pühringer und der Ärztekammer, vertreten durch Dr. Mayer und mich, waren fair, aber kein Honiglecken.“ Und: „Durch diesen Abschluss sind die oberösterreichischen SpitalsärztInnen nun im österreichischen Konzert der Gehälter wieder an vorderster Front.“ Im zugehörigen Artikel steht: „Nach langwierigen und extrem schwierigen Verhandlungen ist es den Vertretern der Ärztekammer nun gelungen, das beste SpitalsärztInnenpaket seit Jahrzehnten abzuschließen. Das ist – vor allem angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Ausgangssituation – sensationell, war aber auch dringend notwendig.“

In diesem Stil geht es immer weiter! Gut, es ist Wahlkampf und so ist es verständlich, dass die herrschende Fraktion im offiziellen Ärztekammerblatt ein „bisschen“ für sich selbst wirbt.

Aber gibt es einen echten Grund für dieses Eigenlob? Nun, ich hab mir diesen Abschluss angesehen – und erkannt: die besseren Verhandler sind immer noch die Profis, und die sind beim Land! Alternativ könnte es auch sein, dass die verhandelnden, im Wahlkampf stehenden, Kammerfunktionäre bewusst so einen Deal eingegangen sind, um wiedergewählt zu werden! Es also darauf angelegt haben gute Schlagzeilen erzeugen zu können, unabhängig ob diese wirklich gute Nachrichten bringen. Wie dem auch sei, der bejubelte Deal ist für die Spitalsärzte, vor allem für jene, die noch in der Ausbildung stehen schlimm – auch wenn die wohl anderes glauben.

Mal abgesehen, dass die finanziellen Versprechen unglaublich aufgeblasen dargestellt sind, die eigentliche Krux des ganzen Abschlusse liegt in einem kleinen Nebensatz auf Seite 8: Im Gegenzug für diese Gehaltserhöhungen werden die laufenden AZG-Betriebsvereinbarungen um weitere fünf Jahre verlängert.

Nun, dieser Satz macht klar, dass offenbar ein Stillhalte-Abkommen paktiert wurde. Inhalt: das gesetzeswidrige Verhalten bezüglich der Übertretung der Arbeitszeitgesetze wird von der Ärztekammer nicht aufgegriffen. Wenn man so will, die Kammer wurde mit Geld dazu gebracht, die Übertretung jener Gesetze zu ignorieren, die dazu da sind, die eigenen Mitglieder vor Ausbeutung zu schützen –  Interessant!

Nun, diese Gesetzesübertretung ist natürlich keine echte, weil eine Betriebsvereinbarung nach österreichischem Recht durchaus möglich ist, aber das angewandte Recht ist halt nicht mit EU-Recht vereinbar. Die Arbeitszeit-Direktive (Directive 2003/88/EC) widerspricht nämlich solchen Betriebsvereinbarungen. Das ist nichts neues, ist diese Direktive ja aus dem Jahre 2003. Und auch nicht neu ist, dass die EU von der gemeinschaftrechtswidrigen Umsetzung  weiß und demnächst die rechtskonforme Umsetzung einfordern wird – was die Bundesländer aber überhaupt nicht goutieren. Denn, wird diese Richtlinie Realität, dann können sie sich die Spitäler nicht mehr leisten und auch der Stabilitätspakt mit dem Bund ist passé.

Da kann es nicht schaden, wenn ein großes Bundesland sich gleich einen mächtigen Partner für den sicher eintretenden Konfliktfall – entweder mit der EU oder dem Bund oder beiden – besorgt! Die anderen Bundesländer haben das sicher mit Wohlgefallen beobachtet, ja sogar mitgetragen! Denn mal ehrlich, glaubt die OÖ-Ärztekammer ernsthaft, dass die OÖ-Landesregierung einen solchen Alleingang macht, dass da nicht die Landeshauptleutekonferenz informiert wurde? Die Ansteckungsgefahr „echter“ Gehaltserhöhungen wäre viel zu hoch! Aber wenn ein Bundesland es schafft, die geltende „illegale“ Gesetzeslage mit Hilfe der Ärztekammer zu fixieren, da kann man sich  ruhig ein bisschen großzügig geben (v.a. dann, wenn es eh nur auf dem Papier so aussieht)!

Also warum ging die Ärztekammer auf diesen Deal ein? Schließlich pocht sie ist seit Jahren darauf, dass die Arbeitszeiten zu lange und EU-Rechts-widrig sind. Auch unterstützt sie gegen den Willen der Bundesländer Minister Hundstorfer, der ebenfalls will, dass Dienste nach 25 Stunden enden müssen, wie es die EU-Direktive vorsieht. Ja mehr noch, in der gerne von OÖ herangezogenen Ärztebedarfsstudie, die einen Mangel heraufbeschwört, der die Errichtung der MedUni-Linz nötig macht, wird dieser Mangel u.a. dadurch begründet, dass bei der Umsetzung der EU-Direktive mehr Spitalsärzte nötig werden. Und jetzt ist das plötzlich unwichtig und vom Tisch, für wenigstens fünf Jahre! Jetzt stimmt die Ärztekammer zu, dass die Arbeitzeiten bleiben wie sie sind? Wäre ich ein Kammermitglied, für mich wäre dieser Schwenk eigenartig.

 

Die Verhandler seitens des Landes waren aber noch viel gewiefter! Sie haben sicher geahnt, dass die Ärztekammer, wenn es um die Beibehaltung der Betriebsvereinbarungen geht, alleine zu schwach ist. Dazu braucht man schon auch die Betriebsräte und die Spitalsärzte selbst. Auch deren Loyalität muss man sich sichern.

Jahrelang schon fordert die Ärztekammer vollkommen zu recht, dass die Grundgehälter erhöht werden müssen, damit die finanzielle Abhängigkeit von Nacht- und Wochenend-Diensten geringer wird! Wenn nun dieser Deal wirklich ein Erfolg der Ärztekammer wäre, dann müsste die Gehalterhöhung das Grundgehalt betreffen und nicht die Dienst. Nun, dem ist. Nicht so

Vorweg, etwa 1.600 angestellte Fachärzte erhalten tatsächlich eine Grundgehaltserhöhung von 7% – aber erst 2014 und dann bezogen auf heute! Also entspricht das einer durchschnittlichen Steigerung von 3,5% jährlich. Ich kenn die Details nicht und weiß nicht, wie die Kollektivvertragsverhandlungen aussehen und aussehen werden (immerhin stehen Null-Lohnrunden im Raum), aber wenn die – und das ist zu erwarten – gering ausfallen, vor allem unter dem Hinweis, dass ohnehin durch die neuen Zulagen eine Erhöhung stattgefunden hat, dann bleiben von den 7% real vermutlich nur Marginalitäten übrig. Warum also dieser Jubel? Ein versierter Verhandler müsste doch mehr Sicherheiten verlangen? Oder ging es nur darum eine „hohe“ Gehalterhöhung vor der Kammerwahl präsentieren zu können?

Wie dem auch sei, nur die Hälfte der kolportierten 12 Mio.€ fallen auf eine Grundgehaltserhöhungen. Die andere Hälfte – wie zu befürchten – gehen über die Dienste! Was ja nichts anderes heißt, als dass die Grundgehälter der 1.400 Ärzte in Ausbildung nicht (wesentlich) angehoben werden! Die finanzielle Abhängigkeit von Diensten wird durch diesen Deal also verstärkt, statt wie es der Kammerforderung entspräche, abgeschwächt! Einmal abgesehen, dass damit klar ist, wer im Fokus der Ärztekammer steht, und wen sie der Tagespolitik leicht opfert, wird die finanzielle Abhängigkeit der Jungärzte von der bestehenden Betriebsvereinbarung erhöht. Sollte nun die EU oder der Bund fordern, dass die Arbeitszeit EU-konform geregelt wird, kann sich das Land sicher sein, dass die Jungärzte dagegen sind. Und von allen Arztgruppen im Spital, ist Arbeitszeitüberschreitung bei Jungärzten am häufigsten! Man braucht sie einfach, die billigen Turnusärzte, die den Betrieb am Laufen halten (statt ausgebildet zu werden)

Also, alles in allem, wurde hier die Ärztekammer über den Tisch gezogen. Die Leidtragenden werden vor allem die jungen Spitalsärzte sein, denen man das alles auch noch als Erfolg verkauft. Traurig!

Ich hoffe nur, dass dieser Deal den Ärztekammerfunktionären einfach nur passiert ist, weil sie gegen die professionellen Taktiker der Landespolitik einfach zu schlecht sind. Sollte es jedoch so sein, dass der Deal nur dazu da ist, um vor der Wahl scheinbar gute Schlagzeilen zu generieren, dann allerdings tun mir die OÖ Spitalsärzte leid!

Warnung vor „föderalistischer Staatsmedizin“ oder die ländlichen Gesundheitsplattformen

Die ländlichen Gesundheitsplattformen kommen wieder ins Gespräch Auch wenn sie vermutlich für die meisten unbekannt  sind, sie werden angeblich mit der nächsten Reform wirklich (er)mächtig! Und dagegen wettert die Ärztekammer mit drastischen Worten!

 

Gesetzlich gibt es seit 2005 (!) Gesundheitsplattformen (vereinbart in einer 15a-Vereinbarung). Naja, eigentlich erst seit 2006, denn es hat ein Jahr gedauert, bis sich die ländlichen Machtblöcke einigen konnten, wer denn nun drinnen sitzen soll, und wie man über die Geschäftordnung seine Macht erhalten kann.

So was dauert, schließlich sollten sich Gesundheitsplattformen nicht mit vernünftig zu lösende Sachfrage beschäftigen, wie: wo soll ein Spital mit welchem Angebot stehen, wo werden wie viele und welche ambulant versorgenden Ärzte gebraucht, wie geht man mit „Gastpatienten“, die in einem anderen Bundesland arbeiten (und versichert sind) als sie leben, um. Nein Ihre Aufgabe was es ideologisch und politisch schwierig zu lösende Fragen zu beantworten, Fragen wie: wo soll ein Spital stehen, wo werden Ärzte gebraucht oder wie soll mit „Gastpatienten“ umgegangen werden – eben typische Probleme, die sich der Vernunft entziehen!

Der Kernidee dieser der Öffentlichkeit weitgehende unbekannten Institutionen, war und ist die DEZENTRALE Planung (Landeebene) des Gesundheitssystems. Länder und Sozialversicherungen als Finanziers sollten, so der gesetzliche Auftrag, GEMEINSAM für die Gesundheitsversorgung der REGIONALEN Bevölkerung (definierte Versorgungsregionen, mehrere pro Bundesland) sorgen. Die Rahmenplanung für diese dezentralen Landesgesundheitsplattformen (LGP) werden durch die Bundesgesundheitsagentur  (BGA) erstell, samt den heute wieder entdeckten Qualitätsvorgaben! Steht alles drinnen in diesem uralten Dokument aus 2005, ziemlich detailliert und, möchte man glauben umsetzbar! (BGA: Artikel 10-13, Seite 8-10; LGP; Artikel 14-17, Seite 10-14).

Keine Plattform hat es je geschafft diesem Auftrag gerecht (im wahrsten Sinne des Wortes) zu werden. Eine gemeinsame Vorgangsweise gibt es, wenn überhaupt, nur in vereinzelten, kaum wahrnehmbaren Ansätzen und ausschließlich in der Akutmedizin. Rehabilitation hat man nicht bearbeitet, Prävention und Pflege wurden gleich gar nicht in die Agenda aufgenommen. Die vorgeschriebenen regionalen Strukturpläne, immerhin gesetzliche Basis aller Bedarfsprüfungen, die nach einem EuGH-Urteil neu geregelt werden musste, fehlen, sieht man von Betten- und Spitalsstandortplänen ab, die es so eigentlich gar nicht mehr geben dürfte, da ja als Planungsgröße Leistungen (also beispielsweise erwartbare Blinddarmentfernungen, erwartbare Herzinfarkte etc.) vorgeschrieben wären, nicht Strukturen!. Und die wenigen Plattformen, die es sich geleistet haben, ein sachlich kompetentes – und nicht politisch tickendes – gemeinsames Büro einzurichten, haben dieses bald wieder abgeschafft.

Nun, das tödliche Gift lag bereits im Gesundheitsreformgesetz 2005 selbst. Die Kompetenzen der Plattformen wurden sehr skurril festgelegt: Was die Kassenärzte betrifft, haben immer die Sozialversicherungen das Sagen, was die Spitäler betrifft die Länder – Zeugt das von einem gemeinsamen Willen?

Und dort, wo es gemeinsame Themen geben könnte, gibt es sie nicht, weil alle Geschäftsordnungen, und damit auch die Mitglieder, so ausgelegt sind, dass sich die Länder über Vorfeldorganisationen die Mehrheit gesichert haben. Angeblich soll es jetzt anders werden! Die Kompetenzen sollen besser Verteilt werden und so! Sachpolitische Vernunft soll mehr gelten als machtpolitische Überlegungen!  Aber, dass kann bezweifelt werden. Also werden die neuen alten Plattformen wohl kaum anderes sein, als verbal behübschte ländliche Abstimmungsmaschinen.

Aber was hat man erwartet? Da sitzen die dem Populismus zugeneigten Länder (siehe letzte Ausritte des LH Pröll ) und die in klassenkämpferischen Verhandlungen geübten Gewerkschaften zusammen und sollen eine gemeinsame Vision, eben die gemeinsame Sorge um die Patienten, entwickeln. Einmal ehrlich – ist das nicht zu naiv gedacht? Kann man wirklich erwarten, dass sich Organisationen mit reinem Machtwillen zusammensetzen und plötzlich einen gemeinsamen Gestaltungswillen entdecken?

ABER, ist deswegen eine ärztekämmerliche Warnung vor „föderalistischer Staatsmedizin“ gerechtfertigt? NEIN!

Denn der Ärztekammer sollte langsam klar werden, dass sie an der jetzigen Situation selbst große Mitschuld trägt. Wenn, wie die Kammer „droht“, die Plattformen ein Eingriff in heiliges Sozialpartnerrecht sind (gemeint sind die für die Kammer existenzberechtigenden Kassenverhandlungen, denn mit anderen Erfolgen kann sie sich kaum rechtfertigen, wenn man nur an die Arbeits– und Ausbildungssituationder Turnusärzte denkt), dann ist das nur gut so! Denn was hat denn dieses Sozialpartnerrecht gebracht?

Das seit Jahrzehnten andauernde Aushungern des niedergelassenen Bereichs wurde nicht nur nicht verhindert, sondern sogar beschleunigt. Das Prinzip „ambulant vor stationäre“ konnte nie durchgesetzt werden, im Gegenteil, die stationären Aufenthalte sind, gegen jeden internationalen Trend, gestiegen und liegen mittlerweile 70% über dem EU-Schnitt, was nichts anderes heißt, dass wir das spitalslastigste Land der Welt sind. Hausarztmodelle im Sinne eine Primary Health Care , das von der Prävention über Kuration und Rehabilitation bis zu Pflege reicht, fehlen gänzlich, mehr noch, wurden durch die Honorarordnung nahhaltig verhindert.

Alles in allem ist das Modell der Sozialpartnerschaft Kassen-Ärztekammern gescheitert. Ich zweifle daran, dass die Plattformen was besser machen, aber schlechter können sie es auch nicht hin kriegen!

Parallele Welten – Ärztekammer und Lehrpraxis

(Folgender Brief hat mich erreicht – habe mit Veröffentlichung aber warten wollen, bis Ärztekammerwahl vorbei ist!)

 

Vor Kurzem fand nach längerer Pause auf Initiative des zuständigen Wiener Referenten Kollegen Lindner ein Fortbildungsseminar für Lehrpraxisleiter statt. Wir Referenten boten, wie ich denke, doch tiefgehende Vorträge von den Grundlagen der Didaktik bis zu den Aspekten der Qualitätssicherung.

17 motivierte TeilnehmerInnen führten mit uns rege Diskussionen. Aber im Endeffekt war das Ganze eine freiwillige Kür von ein paar Unentwegten, die sich offensichtlich trotz aller noch so widrigen Umständen nicht abbringen lassen, missionarisch eine Ausbildungsform einzufordern und zu fördern, die im Ausland Standard und Conditio-sine-qua-non für eine gute Basisversorgung der Bevölkerung ist. Wir sind vom Kollektivvertrag geknebelt, bei der Weiterbildung und Qualitätsverbesserung 100% auf uns alleine gestellt und ohne jegliche Motivation, Unterstützung und Information im Regen stehen gelassen. So zeigte dieser Seminar-Tag einen weiteren  Anachronismus österreichischer Gesundheitspolitik. An der Basis wird nach wie vor, wie ich denke, qualitativ zufriedenstellend gelehrt, aber abgenabelt von jeglicher materiellen und moralischen Unterstützung derer, die ständig groß die seit Jahrzehnten fällige Aufwertung der Hausarztmedizin hinausposaunen.

 Denn die leben in einer Parallelwelt. Hinter verschlossenen Türen verhandeln sie seit Jahren über eine fixe Etablierung der Lehrpraxis in der allgemeinmedizinischen Ausbildung, mit Mühe haben die Entscheidungsträger zu einem Minimalkonsens anscheinend durchgerungen. 6 Monate ist wieder die kürzeste Zeit in Europa. Und dass man das Ergebnis nur ja nicht als Facharzt tituliere. Denn dann könnte man in Zukunft ja nicht mehr auf die angeblich so wichtigen „Barfußmediziner“ hinunterschauen. Aber weiterhin sind die Harmonisierung der Universitätslehrpläne (hat da keiner vorher dran gedacht?) und die Finanzierung ein schier unüberwindbares Hindernis.

Jedoch von dem, wie es in einer Lehrpraxis zugeht und von dem, was am Samstag im Seminar zu hören war, haben die Verhandler aller Seiten anscheinend keine Ahnung, sonst gäbe es eine Lösung schon seit Jahren.

 Sogar der Lehrpraxisreferent der Wiener Kammer weiß so viel über die Entwicklungen wie ich, nämlich nichts. Denn wir werden nicht informiert. Und die in den Verhandlungszimmern des Ministeriums wissen über die Qualitäten gut gelebter Lehrpraxis auch nichts, denn die hören uns nicht zu.

 Unsere Zuhörer fragten sich angesichts dieser Parallelwelt der bürokratischen Ignoranz am Schluß, wie es sich eine Gesellschaft überhaupt heute noch leisten kann, alle die durch langjährige Tätigkeit erfahrenen HausärztInnen in Pension zu schicken, ohne dass diese je ihr Wissen an die Nachfolgegeneration weitergeben haben konnten.

 Es wird auch langsam Zeit, dass das Ausland Wind bekommt, was hier verspielt wird und wie Beobachter durch bisherige Notlösungen (Lehrambulanzen) schamlos hinters Licht geführt werden.

Herzliche Grüße aus Graz (Name bekannt)

Die Anti-ELGA Kampagne der Wiener Ärztekammer

Sehr laut und mit heftigen Begleitumständen verbunden ist sie, die Kampagne, die die Wiener Ärztekammer gegen ELGA fährt!

Neben polemischen Slogans wie „ELGA kostet Sie Ihr letztes Hemd“ und „ELGA stellt Sie vor den anderen bloß“ werden nackte Menschen auf Postern und Inseraten dargestellt. Folder mit „nackte Fakten“ und Sonderausgaben  von Kammerzeitungen flattern jedem Arzt ins Haus, dazu kommen noch Pamphlete wahlwerbender Splittergruppen – denn es herrscht Ärztekammer-Wahlkampf. Selbst  ein Youtube-Video, in dem Vizepräsident Dr.Johannes Steinhart erklärt, was ELGA in „Wahrheit“ bringen wird, gehört zur „Informationsoffensive“. Fast eine halbe  Million Euro, bezahlt aus Ärztekammerbeiträgen, werden ausgegeben, um klar zu machen, dass ELGA böse ist, furchtbar böse.

Die Strategie dazu ist simpel und biblisch: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich“. Das bedeutet, der Feind (i.e. das Ministerium), und alles was er berührt. ist böse. Dabei werden auch alle Unterlagen des Feindes oder jener, die sich nicht eindeutig gegen ELGA aussprechen, pauschal als falsch und böse dargestellt. ELGA wird zur Ideologiefrage hochstilisiert, weit weg von jeglicher Sachebene!

Und so verwundert es nicht, wenn, wie die Kammer meint, dass in allen, außer den eigenen Berechnungen, gravierende Rechenfehler enthalten sind. Der Beleg dafür fehlt freilich, oder ist wenigstens nicht öffentlich zugänglich. Und wie es sich gehört, ist der, der nach Details fragt ebenfalls böse. Das erspart eine detaillierte Darstellung der eigenen Meinung. Wobei, was Transparenz betrifft, das Ministerium der Ärztekammer um nichts nachsteht. Die Studie, auf die sich das Ministerium beruft wurde längst wieder von der Homepage genommen, konnte aber glücklicherweise in einer der vielen Varianten, die es gab, hier gesichert werden.

Aber wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, sollte man meinen, und die Informationen der Ärztekammer deuten darauf hin, dass dieser Spruch ernst genommen werden sollte – wenn es wirklich um objektive Information ginge!

Bei einer [protected](Detailanalyse)[/protected]der kämmerlichen Publikationen, erweisen sich eigentlich alle Angaben als unplausibel.

(1) von den selbst errechneten 1,22Mrd.€, die die Ärzte in den nächsten 10 Jahren aufbringen müßten (zwei Drittel der kämmerlich angenommenen ELGA-Gesamtkosten von 1,87Mrd.€) bleiben möglicherweise nur 250 Mio.€ übrig. Nebenbei bemerkt, die Rechnungen wurden von einer Steuerberatungskanzlei durchgeführt, deren Inhaber zufällig Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist – ob hier die eine Kammer der anderen hilft, sich gegen lästige Einmischungen demokratisch legitimierter Politiker zu wehren?

(2) die kommunizierten „negativ“- Beispiele der ELGA- Initiativen anderer Länder sind schlecht recherchiert, und „positiv“- Beispiele werden gleich gar nicht erwähnt.

(3) der Nutzen einer ELGA wird generell negiert, mehr noch, es werden „neueste“ Studienergebnisse präsentiert, die sogar nachweisen, dass die Menschen durch ELGA öfter sterben, als ohne! Nachrecherchiert, sind das Studien aus 2005 (!), die alles andere als geeignet sind, Generalisierungen abzuleiten.

(4) die technischen Grundlagen werden so dargestellt, als ob es zu einer zentralen Datenspeicherung mit unkontrolliertem und quasi freiem Zugang für 120.000 Menschen kommt, die jeden Patienten ausschnüffeln können – obwohl das technisch nicht möglich ist, mehr noch, verglichen mit heute der Datenschutz sogar verbessert würde!

(5) und zu allem Überfluss wird es, so wird suggeriert, wegen den horrenden Kosten zu spürbaren Rationierungen kommen müssen! Die ELGA-Gesamtkosten liegen selbst wenn man sie hoch annimt bei nicht mehr als 0,5% bis 1% der öffentlichen Ausgaben für Gesundheitsversorgung – und damit in der statistischen Unschärfe. Daraus Rationierung abzuleiten ist Chuzpe.

Jedenfalls werden in den öffentlich zugänglichen Unterlagen und dem Video der Informationsoffensive fremde Zahlen, Daten und Fakten nicht, dafür eigene „nackte Fakten“ präsentiert. Die Informationen, die man so findet, sind, na sagen wir mal, allesamt semi-falsch. Das ist wichtig, denn mit Halbwahrheiten kommt man rechtlich durch, aber für den der sich nicht auskennt, bei dem kommen sie sicher falsch an! Das sind moderne Kampfstrategien, ohne Schwert dafür mit machiavellischen Hintergedanken!

Detailanalyse der Anti-ELGA Kampagne der Wiener Ärztekammer

Ein sehr verwirrendes Zahlenspiel

Eine der am häufigsten wahrgenommenen Aussagen der Ärztekammer rund um ELGA  ist, dass diese in 10 Jahren 2 Mrd.€ kosten wird. Beim Studium der Unterlagen  stellt man fest, dass das wohl eine Übertreibung der eigenen Zahlen ist. Schließlich sprechen selbst die kämmerlich vorgelegten Berechnungen auf Seite 9 der Sonderzeitung  „nur“ von 1,873 Mrd.€ –  127 Mio,€ fallen da also unter den Tisch oder eben oben drauf.

Solche Übertreibungen würden mich nicht weiter stören, gehören sie doch zum politischen Geschäft (wiewohl mir nicht klar ist, warum eine Kammer Politik machen muss), wenn da nicht andere Zahlen, sehr viel niedrigere Zahlen, dramatisiert würden. Im Youtube-Video des Vizepräsidenten Steinhart kann man erfahren, dass das Wiener AKH wegen 9 Mio.€ vor dem ABGRUND stand. Nun, wenn ich rechnen kann, dann könnte man mit den Unterschlagenen 127 Mio.€ das AKH 14 Jahre lang vor dem Abgrund bewahren – 127 Mio.€ sind kein Lüferl!

Nun, irgendwie lässt sich der Eindruck nicht verwehren, dass es bei den kolportierten 2 Mrd.€ weniger darum geht zu Informieren, als Panik zu machen. In dem Fall sind natürlich logische Einwände vergebens.

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Kuckuck, KAKuG!

Dass die Ärztekammer immer gegen alles ist, ist nichts Besonderes, wenn aber die Länder ein Bundesgesetz begrüßen, ist Vorsicht geboten.

Das erneuerte Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) schraubt unter dem Titel der Flexibilisierung an den Mindeststandards für Spitäler und erlaubt hinkünftig „Basis-Spitäler“, die nur mehr eine Bettenabteilung für innere Medizin (ohne weitere Spezialisierung) anbieten müssen; alles andere darf und soll ambulant (darunter ist auch die Tagesklinik zu verstehen) abgearbeitet werden.

Die Novelle bietet auf den ersten Blick tatsächlich jene Flexibilität, die nötig ist, eine vernünftig abgestufte Versorgung zu errichten. Wer genau schaut, wird aber sehen, dass dieses Basis-Spital so etwas ist, wie ein ambulantes Versorgungszentrum, mit der Möglichkeit, Patienten mit allgemeinen Problemen stationär aufzunehmen. Diese Patienten würden international nicht in einem Spital liegen, sondern entweder in den eigenen vier Wänden von einem gut ausgebildetem Hausarzt versorgt, oder vielleicht in einem Pflegeheim für Kurzzeitpflege betreut. Nur bei uns ist das Spital zuständig.

Aber was soll’s, im Sinne des Patienten – auch wenn es ein Etikettenschwindel ist, weil diese Basis-Spitäler definitiv nicht mehr Spitäler sind – könnte was Gutes rauskommen; könnte, wohlgemerkt.

Denken wir an die Geburtsstationen. Diese sind zwar längst nicht mehr vorgeschrieben, trotzdem hat noch fast jedes Spital seine eigene. Denn das echte Schließen von Abteilungen hat hierzulande noch nie wirklich geklappt, schon gar nicht bei der Chirurgie – Stichwort Bad Aussee.

Zudem haben die Länder das KAKuG nie ernst genommen. Denken wir an Waidhofen/ Ybbs. Das dortige 180 Betten-Spital mit einem Einzugsgebiet von 40.000 Einwohnern (selbst das neue Basisspital müsste mindestens 50.000 haben!) verfügt über eine Ausstattung wie ein kleines Uni-Spital. Da gibt es neben der Internen, der Gynäkologie und der Chirurgie, eine Unfallchirurgie, eine Urologie, eine Augenabteilung und – darauf ist man besonders stolz – sogar einen Herzkatheter. All das war und ist im KAKuG nicht vorgesehen.

Es besteht die Befürchtung, dass die Länder diese Flexibilisierung nicht dazu verwenden, eine vernünftige Spitalsplanung vorzunehmen und Spitäler „rückzubauen“, aber die Option erhalten, tief in die ambulante Versorgung einzugreifen. Schließlich kann in diesen Basisspitälern jedes Fach ambulant angeboten werden.

Um Auswüchse (sprich Neubauten) hintan zu halten, ist zwar vorgesehen, dass nur bestehende Spitäler umgewandelt werden dürfen, was aber nicht vorgesehen ist, ist ein Eingriff in die Bedarfsprüfungen. Wann und wo ein bettenführendes Spital errichtet wird, ist Sache der Länder, die zwar auch eine Bedarfsprüfung über sich ergehen lassen müssen, aber von Amtswegen der Bedarf ungeprüft zu bestätigen ist, wenn ein Antrag direkt vom Land kommt. Anders ausgedrückt: Länder können Basis-Spitäler errichten, wo und wann sie wollen.

Und da der Kampf ums Geld (wer wird die eine Hand, die finanzieren soll?) noch nicht abgeschlossen ist, lässt sich der Eindruck nicht verwehren, dass die Länder nach der gesamten kurativen Gesundheitsversorgung – ambulant und stationär – greifen. Was im Grunde ja nicht schlecht sein muss, wenn die Vergangenheit uns nicht lehrte, dass Länder einfach nicht fähig sind, ein vernünftiges und patientenorientiertes Gesundheitssystem aufzuziehen, stehen doch Einfluss- und Machtüberlegungen im Vordergrund.

Tja, und deswegen ist die Skepsis der Ärztekammer, wenn auch vermutlich aus anderen Gründen, zu teilen.

Dieser Artikel wurde im November 2011 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.