Unter Allokation wird die Auf- bzw. Zuteilung von besessenen Ressourcen auf vorher definierte Bereiche verstanden.
Autor: Ernest Pichlbauer
Abo-Literaturservice: Krankenanstalten in Zahlen 2001 bis 2010
Originaltabelle von www.kaz.bmg.gv.at; es wurden Spalten eingefügt um prozentuelle Steigerungen darzustellen – rote Zahlen! Weiterlesen „Abo-Literaturservice: Krankenanstalten in Zahlen 2001 bis 2010“
Gesundheitsplattformen und ihre reale Arbeitsweise
Hier sind zwei Evaluierungsberichte eines Reformpoolprojektes aus dem Jahre 2008! Der eine, wie er von wissenschaftlich denkenden, an der Wahrheit interessierten Menschen erarbeitet wurde, der andere, wie er NACH politischen Diskussionen verändert wurde! Die beiden Berichte haben nach der politischen Bearbeitung nichts mehr miteinander zu tun, obwohl der Verfasser weiterhin der gleiche ist – ein Professor für Gesundheitsökonomie (der sich zwar gewehrt hat, aber nichts dagegen machen konnte – ausser Klagen, was er dann halt doch nicht tat; verständlich). Rätsel: welcher der unteren Artikel – beide haben den haben den Originaltitel – ist der politisch gefakete? Weiterlesen „Gesundheitsplattformen und ihre reale Arbeitsweise“
Abo-Lieraturservice: Tabelle „Stabilitätspakt in Zahlen“
Die Zahlen des STABILITÄTSPAKET 2012–2016, wie sie als Information innerhalb der Politik versandt wurden. Die Tabellen wurden um zwei Aspekte ergänzt: Oben wurden die BIP-Zahlen eingefügt, sie wurden automatisch aus den unteren Angaben berechnet. In der rechtesten Spalte wurden die Summen dargestellt. Alle anderen Angaben, inkl. der Formate sind Original
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Abo-Literaturservice „Social Health Insurance vs. Tax-Financed Health Systems—Evidence from the OECD“
Weltbankstudie, 2009, aus dem Bereich Gesundheitssystemforschung. Festgestellt wird, dass in einigen Bereichen (z.b. Deckungsgrad, Wirkung auf den Arbeitsmarkt, Veränderunge des Leistungsspektrums, Einbau von Präventionsprogrammen …) steuerfinanzierte Systeme den Beitragsfinanzierten überlegen sind. Bei vielen Bereichen liegen sie gleich auf. Bei den Outcome-Daten liegen beide ebenfalls gleich auf, wenn es auch Hinweise gibt, dass auch hier steuerfinanzierte Systeme besser sind.
Abo-Literaturservice: aktuelle Positionspapiere zur Spitals-/Gesundheitreform 2012
Zum jetzigen Zeitpunkt (26.04.2012) liegen folgende „wesentliche“ Papiere vor, die Analysen und Forderungen/Empfehlungen zu einer Gesundheitsreform beinhalten:
Arbeitsgruppe Verwaltung Neu; Arbeitpaket 10 „Gesundheit und Pflege“ (Mai 2010)
Hauptverband Masterplan (November 2010)
Länderpositionspapier (März 2011)
IV-Positionspapier (Jänner 2012)
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Ein politischer Deal auf Kosten der Jungärzte?
„SpitalsärztInnen: Plus 12 Millionen Euro jährlich“ steht dick und fett auf dem Titelbild der „OÖÄrzte“, dem Magazin der OÖ- Ärztekammer . In seinem Vorwort plaudert der amtierende Kammerpräsident Dr. Niedermoser aus dem Nähkästchen: „Glauben Sie mir die Verhandlungen zwischen LH Dr. Josef Pühringer und der Ärztekammer, vertreten durch Dr. Mayer und mich, waren fair, aber kein Honiglecken.“ Und: „Durch diesen Abschluss sind die oberösterreichischen SpitalsärztInnen nun im österreichischen Konzert der Gehälter wieder an vorderster Front.“ Im zugehörigen Artikel steht: „Nach langwierigen und extrem schwierigen Verhandlungen ist es den Vertretern der Ärztekammer nun gelungen, das beste SpitalsärztInnenpaket seit Jahrzehnten abzuschließen. Das ist – vor allem angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Ausgangssituation – sensationell, war aber auch dringend notwendig.“
In diesem Stil geht es immer weiter! Gut, es ist Wahlkampf und so ist es verständlich, dass die herrschende Fraktion im offiziellen Ärztekammerblatt ein „bisschen“ für sich selbst wirbt.
Aber gibt es einen echten Grund für dieses Eigenlob? Nun, ich hab mir diesen Abschluss angesehen – und erkannt: die besseren Verhandler sind immer noch die Profis, und die sind beim Land! Alternativ könnte es auch sein, dass die verhandelnden, im Wahlkampf stehenden, Kammerfunktionäre bewusst so einen Deal eingegangen sind, um wiedergewählt zu werden! Es also darauf angelegt haben gute Schlagzeilen erzeugen zu können, unabhängig ob diese wirklich gute Nachrichten bringen. Wie dem auch sei, der bejubelte Deal ist für die Spitalsärzte, vor allem für jene, die noch in der Ausbildung stehen schlimm – auch wenn die wohl anderes glauben.
Mal abgesehen, dass die finanziellen Versprechen unglaublich aufgeblasen dargestellt sind, die eigentliche Krux des ganzen Abschlusse liegt in einem kleinen Nebensatz auf Seite 8: Im Gegenzug für diese Gehaltserhöhungen werden die laufenden AZG-Betriebsvereinbarungen um weitere fünf Jahre verlängert.
Nun, dieser Satz macht klar, dass offenbar ein Stillhalte-Abkommen paktiert wurde. Inhalt: das gesetzeswidrige Verhalten bezüglich der Übertretung der Arbeitszeitgesetze wird von der Ärztekammer nicht aufgegriffen. Wenn man so will, die Kammer wurde mit Geld dazu gebracht, die Übertretung jener Gesetze zu ignorieren, die dazu da sind, die eigenen Mitglieder vor Ausbeutung zu schützen – Interessant!
Nun, diese Gesetzesübertretung ist natürlich keine echte, weil eine Betriebsvereinbarung nach österreichischem Recht durchaus möglich ist, aber das angewandte Recht ist halt nicht mit EU-Recht vereinbar. Die Arbeitszeit-Direktive (Directive 2003/88/EC) widerspricht nämlich solchen Betriebsvereinbarungen. Das ist nichts neues, ist diese Direktive ja aus dem Jahre 2003. Und auch nicht neu ist, dass die EU von der gemeinschaftrechtswidrigen Umsetzung weiß und demnächst die rechtskonforme Umsetzung einfordern wird – was die Bundesländer aber überhaupt nicht goutieren. Denn, wird diese Richtlinie Realität, dann können sie sich die Spitäler nicht mehr leisten und auch der Stabilitätspakt mit dem Bund ist passé.
Da kann es nicht schaden, wenn ein großes Bundesland sich gleich einen mächtigen Partner für den sicher eintretenden Konfliktfall – entweder mit der EU oder dem Bund oder beiden – besorgt! Die anderen Bundesländer haben das sicher mit Wohlgefallen beobachtet, ja sogar mitgetragen! Denn mal ehrlich, glaubt die OÖ-Ärztekammer ernsthaft, dass die OÖ-Landesregierung einen solchen Alleingang macht, dass da nicht die Landeshauptleutekonferenz informiert wurde? Die Ansteckungsgefahr „echter“ Gehaltserhöhungen wäre viel zu hoch! Aber wenn ein Bundesland es schafft, die geltende „illegale“ Gesetzeslage mit Hilfe der Ärztekammer zu fixieren, da kann man sich ruhig ein bisschen großzügig geben (v.a. dann, wenn es eh nur auf dem Papier so aussieht)!
Also warum ging die Ärztekammer auf diesen Deal ein? Schließlich pocht sie ist seit Jahren darauf, dass die Arbeitszeiten zu lange und EU-Rechts-widrig sind. Auch unterstützt sie gegen den Willen der Bundesländer Minister Hundstorfer, der ebenfalls will, dass Dienste nach 25 Stunden enden müssen, wie es die EU-Direktive vorsieht. Ja mehr noch, in der gerne von OÖ herangezogenen Ärztebedarfsstudie, die einen Mangel heraufbeschwört, der die Errichtung der MedUni-Linz nötig macht, wird dieser Mangel u.a. dadurch begründet, dass bei der Umsetzung der EU-Direktive mehr Spitalsärzte nötig werden. Und jetzt ist das plötzlich unwichtig und vom Tisch, für wenigstens fünf Jahre! Jetzt stimmt die Ärztekammer zu, dass die Arbeitzeiten bleiben wie sie sind? Wäre ich ein Kammermitglied, für mich wäre dieser Schwenk eigenartig.
Die Verhandler seitens des Landes waren aber noch viel gewiefter! Sie haben sicher geahnt, dass die Ärztekammer, wenn es um die Beibehaltung der Betriebsvereinbarungen geht, alleine zu schwach ist. Dazu braucht man schon auch die Betriebsräte und die Spitalsärzte selbst. Auch deren Loyalität muss man sich sichern.
Jahrelang schon fordert die Ärztekammer vollkommen zu recht, dass die Grundgehälter erhöht werden müssen, damit die finanzielle Abhängigkeit von Nacht- und Wochenend-Diensten geringer wird! Wenn nun dieser Deal wirklich ein Erfolg der Ärztekammer wäre, dann müsste die Gehalterhöhung das Grundgehalt betreffen und nicht die Dienst. Nun, dem ist. Nicht so
Vorweg, etwa 1.600 angestellte Fachärzte erhalten tatsächlich eine Grundgehaltserhöhung von 7% – aber erst 2014 und dann bezogen auf heute! Also entspricht das einer durchschnittlichen Steigerung von 3,5% jährlich. Ich kenn die Details nicht und weiß nicht, wie die Kollektivvertragsverhandlungen aussehen und aussehen werden (immerhin stehen Null-Lohnrunden im Raum), aber wenn die – und das ist zu erwarten – gering ausfallen, vor allem unter dem Hinweis, dass ohnehin durch die neuen Zulagen eine Erhöhung stattgefunden hat, dann bleiben von den 7% real vermutlich nur Marginalitäten übrig. Warum also dieser Jubel? Ein versierter Verhandler müsste doch mehr Sicherheiten verlangen? Oder ging es nur darum eine „hohe“ Gehalterhöhung vor der Kammerwahl präsentieren zu können?
Wie dem auch sei, nur die Hälfte der kolportierten 12 Mio.€ fallen auf eine Grundgehaltserhöhungen. Die andere Hälfte – wie zu befürchten – gehen über die Dienste! Was ja nichts anderes heißt, als dass die Grundgehälter der 1.400 Ärzte in Ausbildung nicht (wesentlich) angehoben werden! Die finanzielle Abhängigkeit von Diensten wird durch diesen Deal also verstärkt, statt wie es der Kammerforderung entspräche, abgeschwächt! Einmal abgesehen, dass damit klar ist, wer im Fokus der Ärztekammer steht, und wen sie der Tagespolitik leicht opfert, wird die finanzielle Abhängigkeit der Jungärzte von der bestehenden Betriebsvereinbarung erhöht. Sollte nun die EU oder der Bund fordern, dass die Arbeitszeit EU-konform geregelt wird, kann sich das Land sicher sein, dass die Jungärzte dagegen sind. Und von allen Arztgruppen im Spital, ist Arbeitszeitüberschreitung bei Jungärzten am häufigsten! Man braucht sie einfach, die billigen Turnusärzte, die den Betrieb am Laufen halten (statt ausgebildet zu werden)
Also, alles in allem, wurde hier die Ärztekammer über den Tisch gezogen. Die Leidtragenden werden vor allem die jungen Spitalsärzte sein, denen man das alles auch noch als Erfolg verkauft. Traurig!
Ich hoffe nur, dass dieser Deal den Ärztekammerfunktionären einfach nur passiert ist, weil sie gegen die professionellen Taktiker der Landespolitik einfach zu schlecht sind. Sollte es jedoch so sein, dass der Deal nur dazu da ist, um vor der Wahl scheinbar gute Schlagzeilen zu generieren, dann allerdings tun mir die OÖ Spitalsärzte leid!
Behandlung, Versorgung und Gesundheitssystem – ein Text zum Verständnis
(Lesezeit 10 Min.) In der gesundheitspolitischen Diskussion, genauer in der realen Situation besteht ein erhebliches Sprachgewirr. So wird beispielsweise gerne behauptet, wir hätten das beste Gesundheitssystem (GS) der Welt und argumentiert das dann mit den Erfolgen der onkologischen Medizin oder den angeblich geringen Wartezeiten auf einzelne Therapien etc.. Abgesehen, dass die meisten dieser Aussage arbiträrer Natur, oder maximal als Einzelerfahrung zu werten sind, werden hier Behandlung, Versorgung und Gesundheitssystem in der Regel willkürlich vermischt.
Grundsätzlich gilt aber, dass die Behandlung eines Patienten nicht automatisch etwas mit seiner Versorgung zu tun haben muss, und noch viel weniger mit dem Gesundheitssystem. Daher können Behandlungserfolge auch nicht unmittelbar der Versorgung und schon gar nicht dem Gesundheitssystem zugesprochen werden. Gesundheitssystem, Versorgung und Behandlung sind verschiedene Ebenen, die, wiewohl systemisch miteinander verknüpft, eigenen Regelmäßigkeiten unterliegen.
Interessant, politisch betrachtet aber logisch, sind die Grenzen dieser Ebenen dann klarer, wenn es um negative Nachrichten geht. Wenn im Rahmen eine Behandlung etwas schief läuft, also ein Misserfolg vorliegt, halten sich meist bereits die Verantwortlichen auf der Versorgungsebene, ganz klar aber jene der Systemebene als unbeteiligte schuldlos. Üblicherweise ist ein Spitalsarzt selbst schuld (auch wenn es juristisch anders aussieht) und nicht das Spital und schon gar nicht das Bundesland. Analog im niedergelassenen Bereich. Dort wird es nie zur Schuldhaftigkeit der Kassen oder in weiterer Folge des Gesundheitsministeriums als Aufsichtsbehörde kommen, wenn eine Behandlung erfolglos blieb.
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Warnung vor „föderalistischer Staatsmedizin“ oder die ländlichen Gesundheitsplattformen
Die ländlichen Gesundheitsplattformen kommen wieder ins Gespräch Auch wenn sie vermutlich für die meisten unbekannt sind, sie werden angeblich mit der nächsten Reform wirklich (er)mächtig! Und dagegen wettert die Ärztekammer mit drastischen Worten!
Gesetzlich gibt es seit 2005 (!) Gesundheitsplattformen (vereinbart in einer 15a-Vereinbarung). Naja, eigentlich erst seit 2006, denn es hat ein Jahr gedauert, bis sich die ländlichen Machtblöcke einigen konnten, wer denn nun drinnen sitzen soll, und wie man über die Geschäftordnung seine Macht erhalten kann.
So was dauert, schließlich sollten sich Gesundheitsplattformen nicht mit vernünftig zu lösende Sachfrage beschäftigen, wie: wo soll ein Spital mit welchem Angebot stehen, wo werden wie viele und welche ambulant versorgenden Ärzte gebraucht, wie geht man mit „Gastpatienten“, die in einem anderen Bundesland arbeiten (und versichert sind) als sie leben, um. Nein Ihre Aufgabe was es ideologisch und politisch schwierig zu lösende Fragen zu beantworten, Fragen wie: wo soll ein Spital stehen, wo werden Ärzte gebraucht oder wie soll mit „Gastpatienten“ umgegangen werden – eben typische Probleme, die sich der Vernunft entziehen!
Der Kernidee dieser der Öffentlichkeit weitgehende unbekannten Institutionen, war und ist die DEZENTRALE Planung (Landeebene) des Gesundheitssystems. Länder und Sozialversicherungen als Finanziers sollten, so der gesetzliche Auftrag, GEMEINSAM für die Gesundheitsversorgung der REGIONALEN Bevölkerung (definierte Versorgungsregionen, mehrere pro Bundesland) sorgen. Die Rahmenplanung für diese dezentralen Landesgesundheitsplattformen (LGP) werden durch die Bundesgesundheitsagentur (BGA) erstell, samt den heute wieder entdeckten Qualitätsvorgaben! Steht alles drinnen in diesem uralten Dokument aus 2005, ziemlich detailliert und, möchte man glauben umsetzbar! (BGA: Artikel 10-13, Seite 8-10; LGP; Artikel 14-17, Seite 10-14).
Keine Plattform hat es je geschafft diesem Auftrag gerecht (im wahrsten Sinne des Wortes) zu werden. Eine gemeinsame Vorgangsweise gibt es, wenn überhaupt, nur in vereinzelten, kaum wahrnehmbaren Ansätzen und ausschließlich in der Akutmedizin. Rehabilitation hat man nicht bearbeitet, Prävention und Pflege wurden gleich gar nicht in die Agenda aufgenommen. Die vorgeschriebenen regionalen Strukturpläne, immerhin gesetzliche Basis aller Bedarfsprüfungen, die nach einem EuGH-Urteil neu geregelt werden musste, fehlen, sieht man von Betten- und Spitalsstandortplänen ab, die es so eigentlich gar nicht mehr geben dürfte, da ja als Planungsgröße Leistungen (also beispielsweise erwartbare Blinddarmentfernungen, erwartbare Herzinfarkte etc.) vorgeschrieben wären, nicht Strukturen!. Und die wenigen Plattformen, die es sich geleistet haben, ein sachlich kompetentes – und nicht politisch tickendes – gemeinsames Büro einzurichten, haben dieses bald wieder abgeschafft.
Nun, das tödliche Gift lag bereits im Gesundheitsreformgesetz 2005 selbst. Die Kompetenzen der Plattformen wurden sehr skurril festgelegt: Was die Kassenärzte betrifft, haben immer die Sozialversicherungen das Sagen, was die Spitäler betrifft die Länder – Zeugt das von einem gemeinsamen Willen?
Und dort, wo es gemeinsame Themen geben könnte, gibt es sie nicht, weil alle Geschäftsordnungen, und damit auch die Mitglieder, so ausgelegt sind, dass sich die Länder über Vorfeldorganisationen die Mehrheit gesichert haben. Angeblich soll es jetzt anders werden! Die Kompetenzen sollen besser Verteilt werden und so! Sachpolitische Vernunft soll mehr gelten als machtpolitische Überlegungen! Aber, dass kann bezweifelt werden. Also werden die neuen alten Plattformen wohl kaum anderes sein, als verbal behübschte ländliche Abstimmungsmaschinen.
Aber was hat man erwartet? Da sitzen die dem Populismus zugeneigten Länder (siehe letzte Ausritte des LH Pröll ) und die in klassenkämpferischen Verhandlungen geübten Gewerkschaften zusammen und sollen eine gemeinsame Vision, eben die gemeinsame Sorge um die Patienten, entwickeln. Einmal ehrlich – ist das nicht zu naiv gedacht? Kann man wirklich erwarten, dass sich Organisationen mit reinem Machtwillen zusammensetzen und plötzlich einen gemeinsamen Gestaltungswillen entdecken?
ABER, ist deswegen eine ärztekämmerliche Warnung vor „föderalistischer Staatsmedizin“ gerechtfertigt? NEIN!
Denn der Ärztekammer sollte langsam klar werden, dass sie an der jetzigen Situation selbst große Mitschuld trägt. Wenn, wie die Kammer „droht“, die Plattformen ein Eingriff in heiliges Sozialpartnerrecht sind (gemeint sind die für die Kammer existenzberechtigenden Kassenverhandlungen, denn mit anderen Erfolgen kann sie sich kaum rechtfertigen, wenn man nur an die Arbeits– und Ausbildungssituationder Turnusärzte denkt), dann ist das nur gut so! Denn was hat denn dieses Sozialpartnerrecht gebracht?
Das seit Jahrzehnten andauernde Aushungern des niedergelassenen Bereichs wurde nicht nur nicht verhindert, sondern sogar beschleunigt. Das Prinzip „ambulant vor stationäre“ konnte nie durchgesetzt werden, im Gegenteil, die stationären Aufenthalte sind, gegen jeden internationalen Trend, gestiegen und liegen mittlerweile 70% über dem EU-Schnitt, was nichts anderes heißt, dass wir das spitalslastigste Land der Welt sind. Hausarztmodelle im Sinne eine Primary Health Care , das von der Prävention über Kuration und Rehabilitation bis zu Pflege reicht, fehlen gänzlich, mehr noch, wurden durch die Honorarordnung nahhaltig verhindert.
Alles in allem ist das Modell der Sozialpartnerschaft Kassen-Ärztekammern gescheitert. Ich zweifle daran, dass die Plattformen was besser machen, aber schlechter können sie es auch nicht hin kriegen!
Parallele Welten – Ärztekammer und Lehrpraxis
(Folgender Brief hat mich erreicht – habe mit Veröffentlichung aber warten wollen, bis Ärztekammerwahl vorbei ist!)
Vor Kurzem fand nach längerer Pause auf Initiative des zuständigen Wiener Referenten Kollegen Lindner ein Fortbildungsseminar für Lehrpraxisleiter statt. Wir Referenten boten, wie ich denke, doch tiefgehende Vorträge von den Grundlagen der Didaktik bis zu den Aspekten der Qualitätssicherung.
17 motivierte TeilnehmerInnen führten mit uns rege Diskussionen. Aber im Endeffekt war das Ganze eine freiwillige Kür von ein paar Unentwegten, die sich offensichtlich trotz aller noch so widrigen Umständen nicht abbringen lassen, missionarisch eine Ausbildungsform einzufordern und zu fördern, die im Ausland Standard und Conditio-sine-qua-non für eine gute Basisversorgung der Bevölkerung ist. Wir sind vom Kollektivvertrag geknebelt, bei der Weiterbildung und Qualitätsverbesserung 100% auf uns alleine gestellt und ohne jegliche Motivation, Unterstützung und Information im Regen stehen gelassen. So zeigte dieser Seminar-Tag einen weiteren Anachronismus österreichischer Gesundheitspolitik. An der Basis wird nach wie vor, wie ich denke, qualitativ zufriedenstellend gelehrt, aber abgenabelt von jeglicher materiellen und moralischen Unterstützung derer, die ständig groß die seit Jahrzehnten fällige Aufwertung der Hausarztmedizin hinausposaunen.
Denn die leben in einer Parallelwelt. Hinter verschlossenen Türen verhandeln sie seit Jahren über eine fixe Etablierung der Lehrpraxis in der allgemeinmedizinischen Ausbildung, mit Mühe haben die Entscheidungsträger zu einem Minimalkonsens anscheinend durchgerungen. 6 Monate ist wieder die kürzeste Zeit in Europa. Und dass man das Ergebnis nur ja nicht als Facharzt tituliere. Denn dann könnte man in Zukunft ja nicht mehr auf die angeblich so wichtigen „Barfußmediziner“ hinunterschauen. Aber weiterhin sind die Harmonisierung der Universitätslehrpläne (hat da keiner vorher dran gedacht?) und die Finanzierung ein schier unüberwindbares Hindernis.
Jedoch von dem, wie es in einer Lehrpraxis zugeht und von dem, was am Samstag im Seminar zu hören war, haben die Verhandler aller Seiten anscheinend keine Ahnung, sonst gäbe es eine Lösung schon seit Jahren.
Sogar der Lehrpraxisreferent der Wiener Kammer weiß so viel über die Entwicklungen wie ich, nämlich nichts. Denn wir werden nicht informiert. Und die in den Verhandlungszimmern des Ministeriums wissen über die Qualitäten gut gelebter Lehrpraxis auch nichts, denn die hören uns nicht zu.
Unsere Zuhörer fragten sich angesichts dieser Parallelwelt der bürokratischen Ignoranz am Schluß, wie es sich eine Gesellschaft überhaupt heute noch leisten kann, alle die durch langjährige Tätigkeit erfahrenen HausärztInnen in Pension zu schicken, ohne dass diese je ihr Wissen an die Nachfolgegeneration weitergeben haben konnten.
Es wird auch langsam Zeit, dass das Ausland Wind bekommt, was hier verspielt wird und wie Beobachter durch bisherige Notlösungen (Lehrambulanzen) schamlos hinters Licht geführt werden.
Herzliche Grüße aus Graz (Name bekannt)