Weder das Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen, noch Ministerium noch Ärztekammer scheint die Vorsorge-Scharlatanerie zu interessieren.
Frau M. ist 63 und Raucherin. Sie weiß ja, dass das nicht gesund ist, aber sie raucht nicht viel. Allerdings sind sie und ihr Mann seit einem Jahr in Pension und das Leben mit einer stattlichen Pension hat dermaßen viel an Lebensqualität geschaffen, dass sie begonnen hat, sich Gedanken zu machen. Schließlich will sie noch ein paar Jahre reisen und die Welt sehen – gesund.
Und wie es so ist, hat sie aus der Zeitung erfahren, dass es jetzt Hunde geben soll, die Lungenkrebs erschnüffeln können. Und weil angeblich die Heilungschancen am höchsten sein sollen, wenn man Lungenkrebs möglichst früh erkennt, ist sie froh zu lesen, dass mit dem Lungen-Krebs-Finder dieser bereits ab dem Stadium 0 (?) zu erkennen ist.
Der Test ist einfach. Man bestellt einen Ballon, bläst hinein und schickt ihn an die Firma zurück. Dort schnüffeln speziell ausgebildete Hunde daran; und wenn diese anschlagen, hat man Krebs.
Als das Ergebnis kommt, steht fest, Frau M. hat wahrscheinlich (!) Krebs. Ihr Leben stürzt zusammen.
Sie begibt sich sofort zum Arzt und lässt haufenweise Untersuchungen über sich ergehen – die aber alle keinen Krebs finden. Eigentlich könnte sie ja froh sein, aber, wie man von der Lungen-Krebs-Finder-Firma erfährt, sind alle Untersuchungen nur begrenzt sicher. Sie könnte Krebs haben, auch wenn man keinen findet.
Angst beherrscht jetzt ihr Leben. Gott sei dank erzählt ihr eine Freundin von einem Professor, der dank überragendem Können anderen Ärzten überlegen ist.
Eigentlich ist der Professor ja gar keiner, er ist nur Dozent, was aber für die meisten das gleiche ist. Der Title jedoch ist Garant für Qualität. Und mit Überzeugung gibt der Professor an, dass es in der Jetztzeit nicht mehr notwendig ist, an Krebs zu erkranken. Er hat auch einen Test, der nicht nur alle Krebsvorstufen weit vor allen anderen Untersuchungsmethoden erkennt, sondern auch gleich heilt. Nur wenn es besonders starke Vorstufen sein sollten, sind zusätzliche – orthomolekulare oder energetische – Therapien nötig; die er auch anbietet.
Um sicher zu gehen, nimmt Frau M. die Angebote in Anspruch. Sie erhält mehrmals jährlich Tachyionentherapien (Sitzen zwischen energetisch geladenen Kristallen), Colonhydrotherapien (Einläufe) und sogar ein Mal eine Ozontherapie (Einblasen von Ozon in den Bauchraum). Natürlich besucht sie auf Anraten des Professors auch häufig Schulmediziner um Unmengen an kostspieligen (aber von der Öffentlichkeit bezahlten) Tests durchführen zu lassen. Mit diesen Befunden kommt sie dann zurück zur Dunkelfeldmikroskopie, um sie sich erklären zu lassen. Und den Hunde-Test wiederholt sie auch.
In Summe kostet sie das mehrere Tausend Euro pro Jahr – die sie vom Reisebudget abzwackt. Frau M. wird zwar nicht mehr reisen, aber dafür sicher (?) gesund bleiben.
Tja – Krebsprävention ist eine echt gute Geschäftsidee: Man nimmt ein bisschen Krebs, gibt wissenschaftlich klingende Maßnahme dazu und erhält eine Gelddruckmaschine – die dank der Krebsangst unaufhörlich läuft.
Wenn man eine einfache Pilzsalbe kaufen will, braucht man ein Rezept. Wenn man aber an Scharlatanerie erinnernde Therapien kaufen will, dann macht man das einfach – denn Therapien die Krebsangst schüren und so psychische und soziale Probleme auslösen, sind rezeptfrei; auch wenn sie schädlich und für alle (auch gesunde Steuerzahler!) sehr teuer sind. Die Offiziellen dürfte das nicht interessieren – es gibt Wichtigeres.
Dieser Artikel wurde im März 2010 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.