Die Politik verspricht seit Jahren, die Palliativversorgung patientenorientiert zu gewährleisten – mit mäßigem Erfolg.
Weiterlesen: Die Palliativversorgung bleibt ein ewiges ProblemIn Salzburg wurde 2002, als es so aussah, dass die Palliativversorgung (PAL) bedarfsgerecht ausgebaut werden soll, ein Hospiz errichtet. Allerdings blieb vieles Lippenbekenntnis. Selbst als es 2005 zu einem Plan zwischen Bund, Ländern und Kassen kam, den Ausbau voranzutreiben, blieben Fortschritte mager.
Ende 2012 schloss das Hospiz.
Ein Tag kostete dort etwa 430 Euro. Die Kassen übernahmen 51 Euro, das Land 80. Der Patient steuerte 170 Euro pro Tag bei, die restlichen 130 der Träger – und als die wegfielen, war Schluss. So wichen Patienten wieder auf Spitäler aus.
PAL-Stationen sind für Spitalsbetreiber finanziell und politisch unattraktiv. Daher sind die intramuralen Kapazitäten so ausgelegt, dass sie nur reichen, wenn die extramuralen entsprechend ausgebaut sind.
Da das nicht so ist, gibt es einen Mangel. Hintergrund ist das Problem, dass keiner weiß (und auch nicht wissen will), ob PAL ins Gesundheits- oder Sozialsystem gehört.
Im ersten Fall bezieht man PAL als Sachleistung unentgeltlich. Für Finanzierung wären Kassen und Länder (ohnehin schon schwer genug, die beiden zusammenzubringen) verantwortlich. Im zweiten Fall ist sie von jedem selbst zu bezahlen, oder eben über Spenden zu finanzieren. Die Abgrenzungsprobleme sind verrückt. Und so schieben sich alle seit Jahren den Schwarzen Peter gegenseitig zu.
Das ist teuer und unmenschlich. Da viele Patienten auf normalen Abteilungen versorgt werden, fallen dort Kosten zwischen 800 und 1000 Euro pro Tag an – bei nachweislich sinkender Lebensqualität der Patienten.
Warum wollen Kassen und Länder also keinen gemeinsamen Weg finden, eine PAL-Versorgung ohne Selbstbehalte zu ermöglichen?
Die Antwort ist zynisch. Wenn das erwähnte Hospiz geschlossen wird, sparen sich Kassen 180.000 Euro. Die Länder sind nicht abgeneigt, Patienten in Spitälern zu versorgen, weil sie diese ja erhalten wollen. Und da politisch und finanziell eine normale Abteilung attraktiver als eine „Sterbe-Abteilung“ ist, werden diese auch nicht ausgebaut.
Da es kaum Fortschritt gab, wurde im Juni 2014 die Enquete-Kommission zur „Würde am Ende des Lebens“ im Parlament beschlossen. Ein halbes Jahr wurde parliert, ein halbes Jahr verhandelt und – zehn Jahre nach dem ersten Beschluss über den Ausbau einer abgestuften Palliativ- und Hospizversorgung – ein Plan über den stufenweisen Ausbau und die mögliche Regelfinanzierung beschlossen. Nach weiteren drei Monaten wurde ein neues Gremium geschaffen, das Hospiz- und Palliativforum, dessen Präsidentinnen Waltraud Klasnic (ÖVP) und Elisabeth Pittermann (SPÖ) wurden. Und jetzt steht wieder alles.
Im April 2017, nach 15 Jahren fortwährender Versprechen, dass es zu einer Lösung des Kompetenzproblems und einer Regelfinanzierung kommt, erklärt die Caritas, dass weiterhin der Bedarf nur zu 50 Prozent gedeckt und maßgeblich auf Spenden angewiesen ist – was bedeutet, dass wegen der Unfähigkeit zur Lösung abertausenden Menschen ein Sterben in Würde vorenthalten wurde und wird.
„Wiener Zeitung“ Nr. 072 vom 13.04.2017