Die AUVA bejubelt die Einigung auf eine Definition von Prävention als „Meilenstein“ – tatsächlich gibt es darüber seit 1986 eine Verständigung.
Weiterlesen: Massenhaft bejubelte MeilensteineEuphorisch klingt die Presseaussendung der AUVA, in der mitgeteilt wird, dass seit 18. 8. 2013 „Österreichs politische Gesundheitslandschaft ein gemeinsames Verständnis der Begriffe Prävention und Gesundheitsförderung hat“: Sozialversicherung, Bund, Länder und die Wirtschaft saßen in Alpbach zusammen und: „Wir haben uns auf dieses Begriffsverständnis gemeinsam geeinigt, es ist ein großer Erfolg für die Österreicherinnen und Österreicher.“
Festgehalten wurde: „Prävention ist ein pathogenetische Ansatz. Was macht krank? Gesundheitsförderung bedeutet den Ansatz ‚Was erhält gesund, was stärkt die Ressourcen des Einzelnen, wie lässt sich der Zustand verbessern‘?“
Eine meilensteinige Abgrenzung der beiden Begriffe – und so innovativ. Warum sollte auch die Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung, in der solche Definitionen natürlich zu finden sind und auf denen weltweit eine Fülle von Konzepten aufbauen, in der hiesigen Gesundheitspolitik heute schon angekommen sein? Dieses Dokument wurde am 21. 11. 1986 zum Abschluss der Ersten Internationalen Konferenz zur Gesundheitsförderung von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Ottawa veröffentlicht und von Franz Kreuzer, Gesundheitsminister in der Regierung Vranitzky I (SPÖ-FPÖ-Koalition), mitunterschrieben.
Es stört mich zwar, dass wir Jahrzehnte hinterherhängen, was mich aber ärgert, ist, mit welcher Selbstverständlichkeit Jubelmeldungen abgesetzt werden, für Dinge, die eigentlich peinlich sein sollten – und zwar allen, egal ob Krankenkassenfunktionär, Landeshauptmann oder Gesundheitsminister.
Ein anderes Beispiel: 1969 hat die WHO festgehalten, dass es keine Vorkehrung für eine systematische Bewertung der Qualität der Arbeit der einzelnen Spitäler gibt. Im Jahr 2000 wurde jubelnd zwischen Bund und Ländern vereinbart: „Zur flächendeckenden Sicherung und Verbesserung der Qualität (. . .) ist die systematische Qualitätsarbeit (. . .) zu intensivieren. Dazu ist ein gesamtösterreichisches Qualitätssystem einvernehmlich zwischen den Vertragsparteien zu entwickeln, umzusetzen und regelmäßig zu evaluieren und weiterzuentwickeln.“ Mit jubelnden Worten wurde 2005 sogar ein Gesetz beschlossen, das Gesundheitsqualitätsgesetz.
Und in der jetzigen Reform, deren erste Einigung bereits im November 2010 bejubelt wurde, danach x-fach wieder – bei der „Beschlussfassung“ von der Verhandlungsgruppe, bestehend aus zwei Länder-, zwei Bundes- und zwei Kassenvertretern, dann von der Landeshauptleutekonferenz, vom Ministerrat, im Parlament. Vor kurzem gab es noch einmal Lob, als die Trägerkonferenz im Hauptverband (wer?) unter Anwesenheit hoher und höchster Würdenträger zustimmte . Und da steht zum Thema Qualität Folgendes: „Bundeseinheitliche Mindest anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme für alle Einrichtungen des Gesundheitswesens definieren und in der Folge schrittweise einführen und evaluieren.“
So ganz unter uns – warum ist es Politikern nicht peinlich, so viel zu jubeln, obwohl eigentlich nichts weitergeht?
„Wiener Zeitung“ Nr. 173 vom 05.09.2013