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Unbemerkt führt das Ministerium Zug um Zug moderne Steuerungsinstrumente in die verstaubte Gesundheitspolitik ein – erfolgreich?

Es sind Schlagworte, die außerhalb eingeweihter Fachkreise unbekannt sind: Health Technology Assessment, Health Impact Analyse oder Gesundheitsziele. Dahinter stecken Instrumente, um Gesundheitspolitik effizienter, zielgenauer und überprüfbarer zu gestalten.

Gesundheitsziele sind, dank einiger rein populistisch gedachter, Ansätze – ich denke da an diverse Beschlüsse der Landesregierungen in Nieder- und Oberösterreich, oder auch Aktionen wie „Gesundheitsweltmeister 2010“ seitens der Bundesregierung – zwar bekannt, haben aber als Steuerungsinstrument nie getaugt.

Die Idee von Gesundheitszielen stammt vermutlich aus den 1970ern, handfest wurden sie, als 1998 die WHO „Gesundheit21“ publizierte. Seit dem hat sich viel getan. Unsere Politiker haben übrigens stets und brav alle WHO-Resolutionen zu diesem Thema unterschrieben – aber halt nicht umgesetzt.

Wesentlich für diese Umsetzungsschwäche dürfte sein, dass es nie eine politisch akkordierte Analyse der Ausgangssituation gab – damit hätte man ja Defizite zugeben müssen. Ohne diese Analyse ist es, erwünschterweise, nie möglich gewesen zu erfahren, ob die gesteckten Ziele wirklich Ziele waren. Damit wird verhindert, dass irgendwer ein Versagen entdecken könnte. Echte Ziele hätten nämlich den (un)angenehmen Effekt, dass man sowohl Effektvität als auch Effizienz messen kann. Mit unechten Zielen geht das nicht.

Das Problem ist, wird ein Ziel nicht erreicht, sucht unsere kleingeistige Einstellung, unterstützt durch Opposition und sensationsheischende Medien, einen Schuldigen zum Ausbuhen. Also müssen Politiker, wollen sie das vermeiden, unscharf und intransparent bleiben. Lösungsorientiertes Handeln und eine Kultur, aus Fehlern lernen zu dürfen, fehlt gänzlich. Aber genau das ist nötig, will man zielorientierte Gesundheitspolitik machen.

Geht es nach Minister Stöger, sollen sich die entscheidenden Gesundheitspolitiker in Ländern, Sozialversicherungen und Kammern zukünftig aber an verbindlichen Zielen ausrichten; damit diese nicht nur bei irgendwelchen WHO-Konferenzen unterschrieben werden, weil es halt peinlich wäre, es nicht zu tun.

Da stellen sich jedoch einige Fragen: Wer wäre verantwortlich für die Erreichung von Zielen? Solange keine klare Kompetenzverteilung – die eine echte und strukturelle Gesundheitsreform verlangte – existiert, wird man Ziele zwar formulieren, aber nicht erreichen können. Denn nur, wenn es klare Verantwortlichkeiten (nicht nur Zuständigkeiten) gibt, kann ein zielorientierter Prozess zum Ziel führen. Prävention, Kuration, Rehabilitation und Pflege müssten einheitlich gedacht werden. Doch gibt es dazu einen politischen Willen?

Zudem bedeutet das Instrument der Gesundheitsziele das Aufstellen von echten Zielen („allen alles auf allerhöchstem Niveau“ zu bieten, ist kein Ziel, sondern eine populistische Lüge!), und damit zuzugeben, dass eben nicht alle alles kriegen. Wer wird sich das antun?

Und schließlich muss priorisiert werden, weil nicht alles gleichzeitig geht! Aber Priorisierungen kosten Wählerstimmern, weil halt nicht alle die oberste Priorität erhalten werden. Ist das in unserem Populismus denkbar?

Es ist erfrischend zu sehen, dass der ministerielle Reformvorschlag einen langen Horizont hat (2020). Es könnte daher sein, dass einige Fragen gelöst werden können. Und wenn nicht, bleibt uns ja das beruhigende Gefühl, im besten aller Gesundheitssysteme zu leben.

Dieser Artikel wurde im Juni 2011 in ähnlicher Form in der Wiener Zeitung veröffentlicht.